Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) hat im Hessischen Landtag die größte Investitionsoffensive in der Geschichte des Landes angekündigt. In einer Regierungserklärung stellte er am Dienstag den neuen „Hessenplan“ vor, der Investitionen von rund zehn Milliarden Euro in den kommenden zwölf Jahren vorsieht. Ziel sei es, Hessen „schneller, moderner und souveräner“ zu machen. Das Programm solle vor allem die wirtschaftliche Stabilität fördern, die Kommunen stärken und die Lebensqualität verbessern.
„Wir wollen unsere Wirtschaft ankurbeln, unsere Kommunen stärken und das Leben der Menschen spürbar verbessern“, sagte Rhein. Angesichts globaler Krisen, eines Krieges in Europa und eines Umbruchs in der Weltwirtschaft brauche es entschlossenes Handeln. „Jetzt ist nicht die Zeit für Jammern und Verzagtheit. Wir müssen vom Wollen ins Machen kommen“, betonte der Regierungschef.
Von den insgesamt zehn Milliarden Euro stammen laut Rhein 7,4 Milliarden aus dem Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“. Mehr als die Hälfte – rund 4,7 Milliarden Euro – sollen im Rahmen eines Kommunalpakets direkt an Städte, Gemeinden und Landkreise fließen. „Das Paket ist ein enormer Konjunkturbooster“, so Rhein. Investitionen in die kommunale Daseinsvorsorge seien zugleich Investitionen in Wachstum und Beschäftigung.
Schwerpunkte auf Sicherheit, Infrastruktur und Digitalisierung
Die Landesregierung will ihren Anteil aus dem Sondervermögen für Investitionen in Sicherheit, Infrastruktur, Digitalisierung und Gesundheit nutzen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der inneren Sicherheit. Geplant sind Investitionen in moderne Polizei- und Justizgebäude, neue Polizeihubschrauber, Drohnenabwehrsysteme sowie in den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz.
Zudem sollen Mittel in den Ausbau und die Sanierung von Straßen, Brücken und Innenstädten, in neuen Wohnraum sowie in Sportstätten fließen. Auch die digitale Infrastruktur werde weiter gestärkt. „Hessen ist das digitale Kraftwerk Deutschlands“, sagte Rhein. Investitionen in Quantencomputing, Künstliche Intelligenz und leistungsfähigere Netze sollen die Wettbewerbsfähigkeit des Landes sichern.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Gesundheitsversorgung. „Eine gute Gesundheitsversorgung darf keine Frage der Postleitzahl sein“, betonte Rhein. Geplant seien Investitionen in moderne Krankenhäuser, Telemedizin und eine effizientere medizinische Versorgung in allen Regionen.
SPD spricht von klugem Zukunftsplan und Stärkung der Kommunen
Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Tobias Eckert, lobte in der Aussprache die Regierungserklärung als wegweisend. „Die Hessen-Koalition hat das größte Investitionsprogramm für unser Land seit dem Zweiten Weltkrieg aufgelegt. Denn es geht um nicht weniger als die Zukunft Hessens“, sagte Eckert. Das Programm sei in drei Säulen gegliedert: die Unterstützung des Gesundheitswesens, die Stabilisierung der Kommunen und Investitionen des Landes selbst.
Die größte Säule bilde der finanzielle Stützpfeiler für die hessischen Kommunen. „Hier hat die Hessen-Koalition ganz klar ihren Schwerpunkt gesetzt. Der Löwenanteil des Geldes geht an die Kommunen – und zwar unkonditioniert, ohne Bürokratie, ohne Bevormundung, ohne Bedingungen“, so Eckert. Die Landesregierung vertraue auf die Kompetenz der Bürgermeister, Landräte und kommunalen Parlamente. „Wir glauben: Hessen wird vor Ort gemacht.“
Neben dem Sonderinvestitionsprogramm verwies Eckert auf weitere Maßnahmen zur Stärkung der Städte und Gemeinden, darunter 300 Millionen Euro an Soforthilfen aus dem Nachtragshaushalt 2025 sowie Entlastungen durch gesetzliche Reformen wie die Novellierung der Bauordnung und das KomFlex-Gesetz. „Mit dem gesamten Investitionsprogramm machen wir unser Land besser, moderner und resilienter“, sagte Eckert. Das sei gelungen, weil CDU und SPD in der Hessen-Koalition ein gemeinsames Ziel hätten: „eine gute Zukunft für unser Land und die Menschen, die hier leben.“
Grüne bemängeln Kürzung der Kommunalanteile und fehlenden Klimafokus
Die Opposition zeigte sich dagegen kritisch. Mathias Wagner, Fraktionsvorsitzender der Grünen, warf der Landesregierung vor, die Kommunen finanziell zu benachteiligen. Ursprünglich seien 77 Prozent der Mittel aus dem Sondervermögen für die Kommunen vorgesehen gewesen, tatsächlich erhielten sie nun nur 63 Prozent. „Das sind eine Milliarde Euro weniger, als versprochen wurde“, sagte Wagner. Die CDU habe sich gegenüber der SPD durchgesetzt – „zu Lasten unserer Kommunen, die das Geld dringend brauchen.“
Darüber hinaus kritisierten die Grünen, dass der Klimaschutz im neuen Investitionsprogramm kaum eine Rolle spiele. „Der Schutz der Menschen vor den Folgen des Klimawandels hat für Schwarz-Rot keine Priorität mehr“, so Wagner. Eine der zentralen Zukunftsaufgaben Hessens komme in den geplanten Investitionen „gar nicht vor“.
FDP spricht von „Schuldenoffensive“ statt Investitionsprogramm
FDP-Fraktionschef Stefan Naas warf der Landesregierung vor, ihre Investitionspläne auf Kosten künftiger Generationen zu finanzieren. „Rhein will sich für neue Investitionen feiern lassen. Aber die Investitionsoffensive ist in Wahrheit eine Schuldenoffensive“, sagte Naas. Die Vorhaben seien vollständig kreditfinanziert. „Das ist Geld, das unsere Kinder und deren Kinder, inklusive Zinsen, zurückzahlen müssen. Das hat mit solider Finanzpolitik nichts mehr zu tun.“
Naas erinnerte daran, dass Rhein noch im Jahr 2024 Sondervermögen und neue Schulden strikt abgelehnt habe. Nun vollziehe er eine „180-Grad-Wende“ und werde zum „Schulden-Ministerpräsidenten“. Die FDP kritisierte zudem, dass Personal- und Sozialausgaben bereits 75 Prozent der Steuereinnahmen binden. „Bevor ein einziger Cent in Infrastruktur, Schulen oder Digitalisierung fließt, ist das Geld schon weg“, sagte Naas. Schwarz-Rot betreibe Rückschritt statt Zukunftspolitik.
Während die Koalition ihr Programm als historischen Schritt zur Modernisierung Hessens bezeichnet, sieht die Opposition in der milliardenschweren Investitionsoffensive vor allem eine riskante Schuldenpolitik und eine verpasste Chance für echten Klimaschutz. +++

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