Reul: AfD-Einstufung als „Prüffall“ richtige Lehre aus NS-Zeit

AfD-Gemäßigte von Alternativer Mitte kritisieren Junge Alternative

AfD

Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) hält die Einstufung der AfD als „Prüffall“ für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz für eine richtige Lehre aus der NS-Vergangenheit. „Natürlich will ich die AfD nicht mit der NSDAP vergleichen. Das wäre unredlich“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Aber ich sage auch: Es gab Fälle in der deutschen Geschichte, in denen man genauer hätte hingucken müssen. Das sollte uns eine bleibende Lehre sein.“

Es habe nämlich „in der deutschen Geschichte schon mal eine Partei“ gegeben, „die eine große Zustimmung bei den Wählerinnen und Wählern hatte. Damals ist nichts gemacht worden. Das Ende kennen wir“. Unter Abwägung dessen sei es „richtig, diesmal schon sehr frühzeitig“ einen Warnschuss zu setzen. Reul sagte, die Entscheidung des Verfassungsschutzes führe dazu, dass die AfD Farbe bekennen müsse, „ob ihre Parteifarbe blau oder nicht schon braun ist“. Es liege jetzt also an der AfD. „Diejenigen, die in der AfD zu den Moderaten gehören, die haben jetzt den Auftrag, sich zu kümmern. Dann hätten wir eine Partei, die aus der rechtsextremistischen Ecke weg wäre. Und wenn sich die Radikalinskis durchsetzen, dann war es ebenfalls gut, dass der Verfassungsschutz die Entscheidung jetzt so gefällt hat“, so der CDU-Politiker. „Die Radikalität, mit der die AfD gerade im Osten unterwegs ist, ist jedenfalls erschreckend.“ Man könne in Parteien „ja mit Abstimmungen vieles regeln“, so der NRW-Innenminister. „Wenn es sich nur um eine kleine Gruppe handelt, die bekloppt ist: Raus damit!“ Der CDU-Politiker kritisierte jedoch, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die Länder nicht ausreichend eingebunden habe. „Ich finde es schade, dass die Abstimmung mit den Ländern nicht stattgefunden hat“, sagte er dem RND. „Schließlich haben wir vorher darum gebeten, beteiligt zu werden. Allerdings fällt die Entscheidung letztlich in die Zuständigkeit des Bundesamtes  . Es muss sie auch verantworten.“

CSU-Generalsekretär fürchtet weitere Radikalisierung der AfD

CSU-Generalsekretär Markus Blume warnt vor einer weiteren Radikalisierung der AfD und vor einem von ihr geforderten EU-Austritt Deutschlands. „Die Frage des Verfassungsschutzes ist keine politische, sondern eine rechtliche Frage“, sagte Blume der „Passauer Neuen Presse“. Er beobachte aber: „Die Radikalisierung der AfD schreitet in allen Politikfeldern unaufhaltsam voran. Das hat zuletzt der Europaparteitag der AfD mit dem Beschluss, das Europäische Parlament aufzulösen, den Euro und die EU zu verlassen, gezeigt. Die AfD hat sich damit unwählbar gemacht“, so Blume weiter. Die CSU wolle „wieder zu alter Stärke“ zurückfinden. „Wir wollen Volkspartei bleiben. In diesen schwierigen Zeiten werden Volksparteien dringend gebraucht, um die Gesellschaft zusammenzuführen. Klar ist: Die CSU muss sich erneuern. Der Parteitag am Samstag soll dafür das Signal geben“, so der CSU-Generalsekretär. Natürlich stehe da der Abschied von Horst Seehofer (CSU) und die personelle Erneuerung mit Markus Söder (CSU) im Mittelpunkt. Aber es gehe nicht nur um einen Personalwechsel. „Parteien wie die SPD, die in kurzen Abständen nur ihre Vorsitzenden austauschen und sonst alles beim Alten lassen, machen die Erfahrung, dass damit allein noch nichts gewonnen ist. Bei uns geht es deshalb auch um strukturelle und inhaltliche Erneuerung. Am Ende werden wir sagen können: Die CSU ist wieder voll da“, sagte Blume der „PnP“.

AfD-Gemäßigte von Alternativer Mitte kritisieren Junge Alternative

Angesichts der neuen Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz haben Repräsentanten der gemäßigten parteiinternen Gruppierung Alternative Mitte (AM) ihre Kritik an der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) sowie dem rechten Parteiflügel erheblich verschärft. „Ich bin der Meinung, dass der Flügel und die JA zu einer existenzbedrohenden Gefahr für die Gesamtpartei geworden sind“, sagte der niedersächsische Sprecher der Alternativen Mitte, Jens Wilharm, der „Welt“. Er habe „wenig Hoffnung, dass die Spitzengremien unserer Partei willens oder in der Lage sind, sich vom Flügel und der JA zu trennen“. Der Bundestagsabgeordnete Uwe Witt, ebenfalls ein Sprecher der AM, forderte ein Umdenken bei den AfD-Rechtsaußen. „Ich hoffe nun sehr, dass im Flügel und der JA ein Selbstreinigungsprozess in Gang kommt und es gelingt, alles nicht verfassungskonforme Gedankengut aus den Verlautbarungen zu entfernen“, so Witt. Nach seiner  Einschätzung müsse aus diesem Prozess im rechten Lager folgen, „dass man sich beim Flügel und in der JA von bestimmten Leuten trennen muss“. In der Jungen Alternative soll es offenbar zu Austritten kommen: „Mit einer hohen Zahl weiterer Mitglieder werde ich in den nächsten Tagen meinen Austritt aus der JA erklären“, sagte deren Vizechef Nicolai Boudaghi der „Welt“. „Die Jugendorganisation ist brandgefährlich für die AfD.“ Die Entscheidung des Verfassungsschutzes, die Junge Alternative zu beobachten, könne er zum Teil nachvollziehen. Es gebe „zu viele Personen in der JA, die die Grenze dessen überschreiten, was demokratisch ist“. Angekündigte Reformen seien nicht umgesetzt worden. „Verantwortlich dafür sind Mitglieder des JA-Bundesvorstands, die selbst Sympathien für das rechtsextreme Milieu hegen oder die Gefahr nicht erkennen“, kritisierte Boudaghi. Diese seien inzwischen in der Mehrheit, „weil das liberale Lager fast geschlossen aus der JA ausgetreten ist“. +++