Rainer Eppelmann eröffnete Ausstellung in Alsfeld

Eppelmann trug sich ins Goldene Buch der Stadt Alsfeld ein.

Er stieg dort aus, wo vor ziemlich genau 30 Jahren Hunderte von DDR-Flüchtlingen aus Prag und Ungarn mit Sonderzügen nach ihrer Flucht aus dem „Arbeiter und- Bauernstaat“ ankamen: Am Alsfelder Bahnhof kam Rainer Eppelmann mit dem Zug aus Berlin zur Ausstellungseröffnung der überparteilichen Europa Union Vogelsberg in der Geschwister-Scholl-Schule Alsfeld (GSS). Dort faszinierte der erste und letzte „Abrüstungs- und Verteidigungsminister der Deutschen Demokratischen Republik“ mit seiner engagierten aber nachdenklichen Rede zur Ausstellungseröffnung in der Haupt- und Realschule Schüler, Lehrer sowie Gäste aus der aktiven und vormaligen Politik.

Die amtierende Schulleiterin der GSS, Anne Christ, stellte bei der Begrüßung die Bedeutung der Demokratie und die Freiheit des einzelnen Menschen, wozu schon der Name der Schule verpflichte, heraus. Die Aula der Schule sei öffentlicher Ort für diese Ausstellung „Macht der Gefühle“ über gute und schlimmste Ereignisse von 1919 bis 2019 in Deutschland.

Der Kreisvorsitzende des Vogelsberger Kreisverbandes der Europa Union Deutschland, Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule, dankte dem besonderen Zeitzeugen der Friedlichen Revolution in der DDR des Herbstes 1989 und der Gestaltung des auslaufenden „zweiten deutschen Staates“ nach der freien Volkskammerwahl vom März 1990 als Abrüstungs- und Verteidigungsminister unter Ministerpräsident Lothar De Maiziere bis zum Tag der Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990. Eppelmann habe in jungen Jahren viel für seinen Freiheits- und Demokratiewillen gebüßt. Für „Waffendienst- und Eidesverweigerung“ saß er acht Monate mit DDR-Knast, betonte das Stadtoberhaupt, das den Fall der Mauer am 9. November 1989 als damals Zwölfjähriger miterlebte. Daher sei es Aufgabe aller gesellschaftlichen Kräfte, die Erinnerung an schlimmste Zeiten und die, an die schönen Zeiten der deutschen Geschichte den jungen Menschen gegenwärtig zu machen. Dazu diene diese Ausstellung der „Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur“, deren Vorsitzender Rainer Eppelmann ist.

Eppelmann begrüßte dann mit lockerem Berliner Mundwerk „Bürgermeister Paule, Schulleiterin Christ, Exzellenzen, Spezialisten und Euch Schüler“, um dann ernst – ohne sein Leben und Leiden in der DDR zu vertiefen – für die freie Meinungsäußerung, „die Freiheit, wo Du deinen Körper hinbewegen kannst“ und Demokratie zu werben. „Wir kiekten bei ARD und ZDF immer in eure Wohnzimmer und Kühlschränke“, beschrieb der 76-jährige Hilfsdachdecker, Pfarrer, DDR-Minister und spätere Abgeordnete im Deutschen Bundestag das Leben des DDR-Bürgers. Und wenn dann noch der Westbesuch mit Päckchen kam, wo bester Kaffee, gute Schokolade und West-Jeans drin waren, „merkten wir, dass wir von der SED nach Strich und Faden belogen wurden“. Eppelmann gehörte in den 1980 Jahren der DDR-Opposition an und trat im Zuge der Friedlichen Revolution im Herbst 1989 dem „Demokratischen Aufbruch“ bei, der dann mit der „Allianz für Deutschland“ die erste demokratisch gewählte DDR-Regierung anführte.

Neben Schülern, Lehrkräften und Schulleitern verfolgten die Ausstellungseröffnung auch Zeitzeugen des Weges der zur Deutschen Einheit, wie der vormalige Landrat Rudolf Marx, der damals Offizier beim Bundesgrenzschutz in Alsfeld war. Die Ausstellung der Europa Union Vogelsberg ist noch bis 11. September in der Geschwister-Scholl-Schule in Alsfeld, Schillerstraße 3, zu sehen. +++ pm