Auf dem Campus der Hochschule Fulda ging es am vergangenen Donnerstag um Israel und Gaza: Prof. Dr. Meron Mendel von der Bildungsstätte Anne Frank und der Frankfurt University of Applied Sciences war zu Gast in Osthessen. „Auf welcher Seite stehst Du? Kennen Sie diese Frage? Seit dem 7. Oktober 2023 erleben wir eine tiefe Polarisierung in der deutschen Gesellschaft. Die lautesten Stimmen gehören den Radikalen auf beiden Seiten. Doch viele Menschen sind dieser Schwarz-Weiß-Debatten müde. Sie sehnen sich nach Information, Einordnung und Differenzierung.“
So fasste Professor Dr. Meron Mendel zu Beginn seines Vortrags auf dem Campus der Hochschule Fulda die Kontroverse rund um den Nahostkonflikt zusammen. Der israelisch-deutsche Publizist, Historiker und Pädagoge referierte gestern Abend vor mehr als 120 Menschen über die gesellschaftlichen Debatten in Deutschland rund um Israel und Gaza. Professor Mendel wurde 1976 in Tel Aviv geboren und wuchs in einem Kibbuz auf. Er studierte an der Universität Haifa Geschichte, Erziehungswissenschaften und Jüdische Geschichte und engagierte sich in zahlreichen Friedensprojekten. Seit fast 25 Jahren lebt er in Deutschland. Seit 2010 ist Mendel Direktor der Bildungsstätte Anne Frank und seit 2021 auch Professor für Soziale Arbeit an der Frankfurt University of Applied Sciences.
Mendel betonte in seinem Vortrag im Student Service Center: „Kritik an Israel, an seiner Regierung und am Militär ist auch in Deutschland kein Tabu. Angesichts der humanitären Lage in Gaza und im Westjordanland ist sie meines Erachtens sogar notwendig.“ Er warnt jedoch auch vor drohender Bagatellisierung: „Zugleich sehen wir, dass unter dem Deckmantel sogenannter ,Israelkritik‘ die Terrororganisation Hamas verharmlost oder gar verherrlicht wird, die Auslöschung Israels herbeifantasiert oder Jüdinnen und Juden weltweit für die Politik Israels verantwortlich gemacht werden. Dann ist die Grenze zum Antisemitismus eindeutig überschritten.“
Hochschule als Ort des Diskurses
Professorin Dr. Martina Ritter, Vizepräsidentin für Forschung und Transfer an der Hochschule Fulda, war bei der Veranstaltung dabei und hob hervor: „Die Hochschule Fulda versteht sich als Ort des Diskurses, der kritischen Reflexion und des konstruktiven Austauschs. Mit dem Vortrag von Professor Dr. Meron Mendel wollen wir uns mit dem überaus schwierigen und komplexen Feld der israelisch-palästinensischen Auseinandersetzung, die mit dem schrecklichen Pogrom am 7. Oktober durch die Hamas und dem darauffolgenden Kriegshandeln im Gazastreifen einen neuen katastrophalen Weg genommen hat, auseinandersetzen und darüber diskutieren. Wir sind sehr froh, dass wir Professor Dr. Mendel gewinnen konnten, uns einige seiner Überlegungen, insbesondere zur deutschen Debatte, an der Hochschule Fulda vorzustellen.“
Auch Hochschulpräsident Professor Dr. Karim Khakzar dankte Mendel für seine fundierte und differenzierte Darstellung der Konfliktsituation und lobte nach der Veranstaltung „seine ausgewogene und auf unseren freiheitlich-demokratischen Werten basierende Haltung, die als Kompass für den Umgang mit der komplizierten Thematik sehr gut geeignet ist“.
Angeregte Diskussions- und Fragerunde
In Anschluss an den Vortrag konnten die Besucherinnen und Besucher mit dem Experten in den Meinungsaustausch gehen und Fragen an ihn richten. Diese reichten von der Einschätzung und Bedeutung von in Deutschland verbotenen Parolen, die bei pro-palästinensischen Demonstrationen fallen, bis hin zu verpassten Chancen – denn Mendel stellte auch heraus: „Deutschland hat etwas versäumt. Nämlich bei der Anerkennung Palästinas.“
Die Veranstaltung war Teil der Antisemitismusprävention der Hochschule Fulda und wurde auch live übertragen. Tina Enders, Ansprechperson zur Sensibilisierung und Prävention von Antisemitismus an der Hochschule Fulda, betonte zuletzt: „An der Hochschule müssen strittige gesellschaftspolitische Themen im Rahmen von Wissenschafts- und Meinungsfreiheit differenziert besprochen werden können. Wissenschaft lebt vom Diskurs – gerade dort, wo Argumente auseinandergehen. Verantwortung heißt dabei, Haltung zu zeigen, wo Diskurs endet und diskriminierende Äußerungen beginnen.“ Über die große Nachfrage – vor Ort und online – freute sie sich: „Schön, dass so viele Menschen die Gelegenheit genutzt haben, um zuzuhören, Fragen zu stellen und Perspektiven zu teilen.“ +++ pm

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