Porsche-Chef gegen allgemeines Tempolimit

AvD bleibt bei „Nein“ zu generellem Tempolimit

Porsche-Chef Oliver Blume hält an einer klaren Ablehnung eines allgemeinen Tempolimits auf deutschen Autobahnen fest. „So wie viele Porschefahrer und auch viele meiner Kollegen im Unternehmen sehe ich die Tempofreiheit in Deutschland als eine persönliche Freiheit an“, sagte Blume der „Welt“. Man solle „den Menschen diese Freiheit lassen“. Die Unfallhäufigkeit auf Autobahnen sei fünf Mal geringer als auf Landstraßen. „Ich bin gegen ein Tempolimit an Stellen, an denen man sicher fahren kann, ohne andere Menschen zu gefährden“, so der Porsche-Chef weiter.

Am Freitag hatte der ADAC seine klare Ablehnung eines allgemeinen Tempolimits aufgegeben. Blume sprach sich zudem gegen eine höhere KfZ-Steuer für Fahrzeuge mit besonders hohem CO2-Ausstoß aus. „Niedrigere Steuern für klimafreundliche Fahrzeuge und eine attraktive Infrastruktur sind hilfreich, höhere Steuern nicht“, sagte der Porsche-Chef. Man müsse abwarten, was die politische Dis kussion ergebe. „Grundsätzlich halte ich es durchaus für sinnvoll, Anreize für umweltfreundlichere Fahrzeuge zu schaffen – zum Beispiel für Hybride und E-Mobile“, so Blume. Die in Deutschland geführte Diskussion um SUVs könne man im Ausland ohnehin nicht nachvollziehen. „Das ist eine sehr deutsche Diskussion, die man in China oder den USA gar nicht versteht. Dort fragt man: Warum sind die SUVs aus Deutschland so klein?“, so der Manager weiter. Er kündigte an, dass Porsche die CO2-Vorgaben der EU auch aus eigener Kraft erfüllen könne und dabei nicht darauf angewiesen sei, dass andere Marken des VW-Konzerns den Flottendurchschnitt nach unten drücken: „Vor fünf Jahren hätte Porsche wohl niemand zugetraut, den CO2-Flottenwert einhalten zu können“, sagte Blume der „Welt“.

Heute stelle man fest: „Unsere strategischen Weichenstellungen führen dazu, dass wir die Vorgaben in Zukunft sogar deutlich unterschreiten werden“, so der Manager. Porsche werde es „als Sportwagenhersteller aus eigener Kraft schon ab 2021 schaffen“. Porsche will in der Elektromobilität in Zukunft vor allem auf den Batterieantrieb setzen. „Die Batterie als Energiespeicher ist jedenfalls die Technologie, die heute schon marktreif ist. Zudem passt sie mit ihren hohen Beschleunigungswerten extrem gut zu Sportwagen“, so der Porsche-Chef. Zudem sei es die Technologie, „die in der Energieeffizienz den anderen Technologien überlegen ist – im Betrieb der Fahrzeuge ist die Batterie heute ungefähr um den Faktor drei besser als die Brennstoffzelle und sechsmal so gut wie synthetische Kraftstoffe, da die eingesetzte Energie direkt übertragen wird.“ Für die Wasserstoff-Brennstoffzelle sieht der Manager bei Porsche keine Einsatzmöglichkeit. „Die Brennstoffzelle wiederum sehen wir weniger als Option für Sportwagen, sie ist eher für schwere Fahrzeuge geeignet“, sagte Blume der „Welt“. Entscheidend sei es, „die richtige Antriebsart für den richtigen Anwendungsfall zu entwickeln“.

AvD bleibt bei „Nein“ zu generellem Tempolimit

Der Automobilclub von Deutschland (AvD) bekräftigt seine Ablehnung eines generellen Tempolimits auf Autobahnen und fordert alle Akteure auf, die Mehrheitsentscheidung des Bundestags aus dem Herbst nicht weiter in Frage zu stellen. Schon seit Jahren weisen die Statistiken mehrspurige Fernstraßen (Autobahnen) als die sichersten Straßen aus. So kam es 2014 pro 1 Milliarde Kilometer kumulierter Fahrleistung lediglich zu 1,6 unfallbedingten Sterbefällen. Das entspricht einem Anteil von 11,1 Prozent an der Gesamtzahl der im Straßenverkehr zu Tode gekommenen Personen. Mit lediglich 6,2 Prozent fällt der Anteil der Unfälle mit Personenschäden auf Bundesautobahnen gegenüber vergleichbaren Unfällen innerorts (69,3 Prozent) und auf Landstraßen (24,4 Prozent) noch deutlicher aus. Auch im internationalen Vergleich weisen die Bundesautobahnen beim Verhältnis der kumulierten Fahrleistungen zu Unfallereignissen mit Personenschäden und Sterbefällen regelmäßig Bestwerte auf. Und das trotz des in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsenen Anteils an ausländischen Verkehrsteilnehmern, insbesondere aus Ost- und Südosteuropa. Hätte ein generelles Tempolimit also den apostrophierten Sicherheitseffekt, müssten Länder mit Tempolimit bei den Unfallstatistiken mehrheitlich besser abschneiden, was aber nicht generell der Fall ist. Nach Einschätzung der Unfallforschung der Versicherer (UDV) ist zudem eine Unterforderung des Autofahrers als ebenso kritisch zu bewerten, wie eine Überforderung. Die Autofahrer würden unkonzentriert, nachlässig, lenkten sich mitunter gar mit andern Tätigkeiten ab und würden schläfrig.

FDP begrüßt ADAC-Forderung nach Tempolimit-Gutachten

Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Oliver Luksic, unterstützt die Forderung des ADAC nach einem Gutachten zur Wirkung von Tempolimits auf Autobahnen. Eine Versachlichung der Debatte sei angebracht, sagte Luksic dem „Handelsblatt“. „Einen Beitrag dazu könnte die Bundesanstalt für Straßenwesen mit einer neuen Studie leisten, denn die letzte ist aus dem Jahr 2014“, so der FDP-Politiker weiter. Von neuen Gutachten hält der Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn wenig. „Die Vorteile eines Tempolimits sind seit Jahren bekannt“, sagte er. Vielleicht würde Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ein Gespräch mit Verkehrssicherheitsverbänden und der Gewerkschaft der Polizei zu einem „Erkenntnisgewinn“ verhelfen, so der Grünen-Politiker weiter. „Es fehlt weniger an Fakten und Studien, als am politischen Willen des Verkehrsministers“, sagte Kühn. Scheuer sei mit seiner Position zunehmend isoliert. „Dass er sich weiter gegen ein Temp olimit sträubt, hat nichts mit Fakten zu tun, sondern ist rein ideologisch motiviert“, so der Grünen-Verkehrspolitiker weiter. Er bezweifele daher, dass sich Scheuer von einem weiteren Gutachten überzeugen lasse. Greenpeace sieht die Kehrtwende des ADAC beim Tempolimit als ein wichtiges Signal. „Die gesellschaftliche Stimmung beim Reizthema Tempolimit kippt“, sagte der Verkehrsexperte der Umweltorganisation, Tobias Austrup, dem „Handelsblatt“. Nachdem „selbst der ADAC nicht länger für ein unvernünftiges Recht auf Rasen“ kämpfe, werde es „einsam um Verkehrsminister Scheuer“. Die positiven Effekte einer begrenzten Höchstgeschwindigkeit lägen auf der Hand. Im Klimaschutz und bei der Verkehrssicherheit seien sie bereits nachgewiesen. „Bei unseren europäischen Nachbarn lässt sich längst erleben, dass ohne die wenigen Raser der Verkehr entspannter und flüssiger läuft und das Gefühl von Unsicherheit schwindet“, so Austrup.

BUND: Endlich bewegt sich auch der ADAC

„Endlich bewegt sich der ADAC in dieser Frage. Die Abkehr des Automobilclubs von seiner Blockadehaltung beim Tempolimit auf Autobahnen und der Ruf nach einer Versachlichung der Diskussion sind überfällig. Von einem echten Gesinnungswandel kann aber erst dann die Rede sein, wenn zukünftig die klaren Vorteile einer generellen Geschwindigkeitsbegrenzung für Klima und Verkehrssicherheit offen vertreten werden. Dennoch ist es ein erster Schritt in die richtige Richtung: hin zu einer sicheren und klimafreundlichen Mobilität der Zukunft. Bei der Einführung eines generellen Tempolimits muss gelten: runter von der Bremse!  Ohne strukturelle Veränderungen im Verkehrsbereich werden weder die Klimaziele erreicht noch wird die notwendige Verkehrswende eingeleitet. Das Tempolimit ist deshalb auch eine Frage der Glaubwürdigkeit. Nach dem ADAC muss jetzt die Bundesregierung, allen voran Bundesverkehrsminister Scheuer, das veraltetes Bild von Mobilität überdenken. Einfacher als mit einem generellen Tempolimit geht Klimaschutz nicht und kostengünstiger auch kaum. Denn die Klimaschutzmaßnahme Tempolimit wäre für die öffentliche Hand und die Bürgerinnen und Bürger kostenneutral. Effekte wie eine Kapazitätserhöhung durch die geringeren Geschwindigkeitsun­ter­schiede und geringere Fahrstrei­fenbreiten hätten zusätzlich positiven Einfluss auf die Straßenbaukosten und würden dadurch sogar die öffentlichen Haushalte entlasten“, so Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). +++