
Die Arbeiten zum umstrittenen Ausbau der A49 in Hessen haben begonnen. Am Donnerstag rückten die ersten Bagger und Harvester an, um Bäume im Herrenwald bei Stadtallendorf zu fällen. Ein Polizeigroßaufgebot ist vor Ort und sicherte die Arbeiten, die bereits nach wenigen Stunden wieder vorübergehend unterbrochen wurden. Etwa 40 Aktivisten hielten sich am Morgen in Protestcamps im Wald auf, um gegen die Rodungen zu protestieren und die Arbeiten zu verhindern. Die Polizei will den Wald jedoch räumen und hatte den Aktivsten eine Frist bis 10.00 Uhr gegeben, um den Wald zu verlassen. Einige Aktivisten verließen daraufhin den Herrenwald, mehr als 30 Personen blieben jedoch im Wald zurück. Aktivisten und diverse Pressevertreter kritisierten jedoch den Entschluss der Polizei scharf, keine Presse mehr zur Berichterstattung in den Herrenwald zu lassen. Die Polizei begründete den Entschluss mit Sicherheitsbedenken, was Presse und Aktivisten angesichts der verhältnismäßig ruhigen Lage vor Ort zurückwiesen.
Grüne: Über die A49 wird nicht in Wiesbaden entschieden
Katy Walther, Sprecherin für Straßenbau der Grünen im hessischen Landtag erklärte „Der Landtag entscheidet auch heute nicht über den Weiterbau der Bundesautobahn 49 - und Greenpeace sollte das wissen. Die Weichen für das Projekt wurden über Jahrzehnten von anderen Mehrheiten im Bundestag gestellt. Das Bundesverkehrsministerium ist damit der richtige Adressat, um für eine umfassende Verkehrswende im Sinne der Klimabewegung zu demonstrieren. Wir grünen in Hessen haben uns für den Grundsatz „Erhalt vor Neubau“ im Straßenbau entschieden, den wir auch im Koalitionsvertrag verankern konnten und sorgen überdies mit Tickets mit Flatrate-Charakter, umfassenden Investitionen in die Schienen- und Radinfrastruktur sowie intensiver Mobilitätsförderung für die hessische Verkehrswende. Dass im Dannenröder Forst Bäume für ein Projekt fallen, das wir stets abgelehnt und bekämpft haben, halten wir ausdrücklich für falsch!“
Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender erläuterte: „Die Klimakrise zeigt: Wir brauchen keine neuen Autobahnen, sondern den konsequenten Ausbau von Schienenverkehr und ÖPNV. Die geplanten Rodungen sind ein weiterer Beleg für eine verfehlte Verkehrspolitik. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer muss endlich die Mobilität von morgen gestalten. Mit einer Demonstration direkt am Wald stellen wir uns mit vielen Menschen schützend vor die alten Bäume und diesen wertvollen Wald.“ „Einen uralten Wald für eine Autobahn roden – das ist in Zeiten der Klimakrise völlig aus der Zeit gefallen. Am Sonntag trifft dieses Vorhaben im Dannenröder Wald auf den Widerstand Tausender Menschen. Beim Hambacher Wald im Rheinland haben wir es geschafft, ein längst beschlossenes Irrsinns-Projekt noch zu stoppen – mit vielfältigem und breit getragenen Protestbewegung. Solch eine Klima-Bewegung entsteht in diesen Tagen auch im Dannenröder Wald“, so Christoph Bautz, Geschäftsführender Vorstand von Campact.
„Mitten in der Klimakrise einen gesunden Mischwald für ein völlig veraltetes Verkehrskonzept zu zerstören, zeigt einmal mehr, dass das Abkommen von Paris in der Tagespolitik keine Beachtung findet. Das muss sich ändern. Deswegen kämpfen wir gemeinsam für den Erhalt des Dannenröder Waldes“, erklärte Lilly Claudi, Fridays for Future. „Wir fordern die sofortige Beendigung der Räumungen durch die Polizei und ein Moratorium bis zur nächsten Bundestagswahl. Wir NaturFreunde wollen die Wahlen auch zu einer Abstimmung für eine klimagerechte Verkehrspolitik machen. Die begonnenen Räumungen zeigen, dass die Bundesregierung an ihrer Steinzeit-Planung für die A 49 festhält. Gemeinsam mit Tausenden werden wir am Sonntag klarmachen, dass wir die autofixierte Verkehrspolitik ablehnen und für eine ökologische und nachhaltige Verkehrspolitik eintreten“, so Uwe Hiksch, NaturFreunde Deutschlands.
Barbara Schlemmer vom Aktionsbündnis „Keine A 49“ meinte: „Wir halten es für unvertretbar, in den Zeiten der Klimakrise und des Artensterbens alte Wälder und Natura-2000 Gebiete wie den Dannenröder Wald und den Herrenwald zu zerstören. Durch diese Entwicklungen ist aus unserer Sicht ein Wegfall der Geschäftsgrundlage für die alte Planung eingetreten. Daher ist ein Umdenken zwingend erforderlich.“ Gemeinsam fordern wir: „Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und die hessische Landesregierung müssen den Weiterbau der A49 stoppen und den Dannenröder Wald retten. Wir brauchen eine grundlegende Verkehrswende.“ Um dies zu unterstreichen ruft das Bündnis zu einer Demonstration am Sonntag, 4. Oktober um 12 Uhr direkt am Dannenröder Wald auf.
Linke: Jetzt ist der Protest gegen die A49 umso dringender
Christian Hendrichs von den Linken im Vogelsberg teilte heute mit: „Dass die Rodungen heute anfangen ist nicht wirklich verwunderlich. Wie DEGES und Polizei vorgehen allerdings schon“ fasst Christian Hendrichs seine Vororteindrücke und Informationen zusammen. Im Vorfeld hatte die DEGES noch erklärt, dass sie friedlichen Protest und das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit respektieren und gewährleisten würde. Doch an diese Linie hielten sich DEGES und Polizei keine 5 Minuten. Der Zugang zum Wald wurde großflächig verhindert. Neben normalen Menschen wurden - mit etwas Zeitverzögerung - auch Pressevertreter und parlamentarische Beobachter am Betreten des Herrenwaldes behindert, bzw. es wurde ihnen verboten. Dabei stellten sich Polizisten ohne Masken unmittelbar vor Bürgern auf. Auf den Hinweis, bitte den Sicherheitsabstand von 1,5 Meter einzuhalten wurde geantwortet: „Für mich sind das 1,5 Meter“. „Die Unterbindung der parlamentarischen Beobachtung durch DEGES und Polizei stellt ebenso wie das Zutrittsverbot für die Presse elementare Grundrechte außer Kraft“, stellt Christian Hendrichs fest. Es fragt sich, was Polizei und DEGES hier vertuschen wollen. Nach rechtsstaatlichem Einsatz sieht das für die Linke im Vogelsberg nicht aus. Jetzt ist der Protest gegen die A49 umso dringender.
Nach Polizeiangaben ist der Großeinsatz bisher ohne größere Zwischenfälle verlaufen. Die Stimmung sei "absolut friedlich und konfliktfrei", sagte ein Polizeisprecher am Donnerstag im Herrenwald bei Stadtallendorf Kreis Marburg-Biedenkopf. In dem Waldstück hätten sich etwa 20 bis 40 Aktivisten in insgesamt sieben Baumhäusern und auf Plattformen verschanzt. Wann die Räumung beginnt, stehe bisher noch nicht fest. Man werde dabei sehr langsam und vorsichtig vorgehen, damit niemand zu Schaden komme. Die Polizei hatte am Herrenwald bei Stadtallendorf eine Sitzblockade aufgelöst. Auf einem Zufahrtsweg hatten sich bis zu 30 Umweltaktivisten versammelt. Die Polizei werde jetzt auch die Baumhäuser im Wald geräumt. Proteste gab es auch an der A5 bei Alsfeld, hier versuchten sich zwei Aktivisten von einer Brücke, abzuseilen. In Wiesbaden protestierte Greenpeace mit einem gefällten Baum vor dem Landtag.
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