Politologe sieht offene Fragen bei Abschiebungen nach Afghanistan

Länder-Regierungschefs machen Druck bei Abschiebungen

Vor der Abschiebung von Straftätern nach Afghanistan oder Syrien müssen nach Ansicht des Dresdner Politikwissenschaftlers Hans Vorländer noch einige wichtige Aspekte geklärt werden. „Es gibt in der Diskussion über Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien noch viele offene Fragen“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Im höchsten Maße unklar ist, wie eine Rückführung erfolgen soll, wenn es keine diplomatischen Beziehungen gibt“, fügte Vorländer hinzu.

„Andere Länder haben für Abschiebungen nach Afghanistan das Nachbarland Usbekistan involviert. Es ist allerdings mit Prinzipien des internationalen Völkerrechts äußerst schwierig zu vereinbaren, wenn man die Menschen nach Usbekistan ausfliegt und erwartet, dass sie entweder dort verbleiben oder weiter nach Afghanistan gebracht werden. Das Bundesinnenministerium prüft solche Fragen gerade.“

Der Wissenschaftler, der auch Vorsitzender des Sachverständigenrats für Integration und Migration ist, forderte zugleich mehr Transparenz bei der Einstufung, was sichere Herkunftsstaaten angeht. „Es muss nachvollziehbar sein, wie die Sicherheitsproblematik faktisch beurteilt wird“, sagte er. Der Sachverständigenrat hatte bereits vorgeschlagen, dafür eine unabhängige Stelle beim Bundesverwaltungsgericht zu schaffen. „Im Augenblick gibt es aber keine Antwort der Bundesregierung auf diesen Vorschlag“, so Vorländer.

Länder-Regierungschefs machen Druck bei Abschiebungen

Die Regierungschefs von Berlin und Brandenburg, Kai Wegner (CDU) und Dietmar Woidke (SPD), fordern angesichts der gestiegenen Zahl von Messerangriffen in Deutschland harte Konsequenzen für die Täter. „Mittlerweile gibt es so viele Messerangriffe in Deutschland, täglich kommt es zu schwersten Straftaten, auch in Berlin“, sagte Wegner dem „Handelsblatt“. Hier müsse der Rechtsstaat deutlich machen, dass man solche Gewalttaten nicht dulde, „erst recht nicht einen Messermörder wie in Mannheim“.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte als Konsequenz aus der Messerattacke von Mannheim, bei der ein Polizist getötet wurde, angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen und terroristischen Gefährdern nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen. Wegner sagte: „Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie handelt und nicht nur redet.“

Der Bund müsse „endlich für Rückführungsabkommen sorgen und notfalls Charterflüge organisieren, wenn Abschiebungen per Linienflug nicht möglich sind oder verhindert werden“, verlangte Wegner. „Wir brauchen Lösungen, ansonsten verlieren wir die Menschen in der demokratischen Mitte.“

Auch Brandenburgs Ministerpräsident Woidke drängt auf Abschiebeabkommen. Die geltenden Regeln müssten durchgesetzt werden. „Man muss es nur wollen und am Ende auch machen“, sagte er dem „Handelsblatt“. Wer sich nicht integrieren wolle und aktiv gegen die Gesellschaft und das politische System vorgeht, „der kann nicht in diesem Land bleiben“. +++

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