Point Alpha: Zehn Jahre Stiftungsgeschichte

Bouffier: Ort kann nicht an parteipolitischen Grenzen enden

Im ehemaligen US-Camp der Gedenkstätte Point Alpha war man am Sonntag anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Point Alpha Stiftung zusammengekommen. Dr. Heiko Wingenfeld, Vorsitzender des Stiftungsrates der Point Alpha Stiftung, sagte zu Beginn seiner Rede, dass der Auftrag der Point Alpha Stiftung für das Erinnern, den Frieden, die Freiheit, das Überwinden von Grenzen und für die Völkerverständigung einzutreten auch in unserer heutigen Zeit nicht an Aktualität verloren habe. „Der Blick zurück auf zehn Jahre Stiftungsgeschichte ist von vielen Erfolgen und Höhepunkten, aber auch von schwierigen Herausforderungen geprägt.“, so der Stiftungsratsvorsitzende.

Dr. Heiko WingenfeldVor allem bekräftigen dies die letzten Wochen. Die öffentlichen Debatten um Point Alpha und das damit korrelierende Medienecho hätten viele verunsichert und grundlegende Fragen aufgeworfen. Viele stellten sich hierbei die Frage, ob Point Alpha wirklich überparteilich ist oder auch, ob die Stiftung derzeit überhaupt gut genug aufgestellt sei, um den großen Herausforderungen der Gegenwart zu begegnen. Nach dem Stiftungsratsvorsitzenden konnte Point Alpha als „Ort der Erinnerung“ vor allem durch das Wirken von engagierten Bürgerinnen und Bürgern bewahrt werden. „Dass dieser Ort als Erinnerungsort bewahrt werden konnte und nicht dem Erdboden gleichgemacht wurde, haben wir nicht in erster Linie dem Einsatz von bestimmten Parteien zu verdanken. Heute – zehn Jahre nach der Gründung der Stiftung – können wir mit großer Dankbarkeit sagen: Es waren engagierte Bürgerinnen und Bürger, die sich Anfang und Mitte der 90er Jahre – auch gegen Widerstände – dafür starkgemacht haben, dass Point Alpha erhalten bleibt. Und die Bewahrung dieses Ortes ist eine bemerkenswerte, zivilgesellschaftliche Erfolgsgeschichte. Denn es war nicht Politik, es war nicht die Verwaltung, nein – es waren Bürgerinnen und Bürger, die zuerst die Bedeutung dieses Ortes erkannt haben. Von daher wollen wir auch heute dankbar erinnern, an diesen Einsatz und diesen Weitblick, den Bürgerinnen und Bürger vor mehr als 25 Jahren geleistet haben. Viele, die sich damals besonders verdient gemacht haben, sind heute als Gäste unter uns.“

Nach dem Stiftungsratsvorsitzenden beweise gerade die Entstehungsgeschichte von Point Alpha, dass Point Alpha einen überparteilichen Anspruch habe und diesen auch haben müsse. In diesem Kontext zitierte er den Journalisten Alexander Gies, der 2009, ein Jahr nach der Gründung der Point Alpha Stiftung, „äußerst denkwürdig“ formulierte: „Point Alpha ist ein Erinnerungsort für alle – und nicht nur für die Anhänger einer bestimmten Partei.“ Dieser Anspruch, so Wingenfeld, sei in der Vergangenheit wichtig gewesen und werde auch in Zukunft als Leitmotiv der Stiftung fungieren.

Bei einem Blick zurück sei allerdings auch festzuhalten, dass nicht alle gesellschaftlichen Akteure und politischen Parteien in Hessen und Thüringen von Beginn an gleichermaßen von der Idee der Bewahrung des Ortes und der Gründung der Stiftung überzeugt gewesen waren. „Heute – zehn Jahre nach der Gründung der Stiftung – können wir bilanzieren, dass die hier geleistete Arbeit auf breiter Basis Respekt und Anerkennung genießt.“. Gleichwohl, so Wingenfeld, ein zehnjähriges Jubiläum auch ein Anlass zur kritischen Selbstreflexion sein muss. So sei der Stiftungsrat nach den Worten des Vorsitzenden „entschlossen, sich zu öffnen“. Konkrete Entscheidungen seien bereits auf den Weg gebracht. Wie Wingenfeld in diesem Zusammenhang mitteilte, habe der Stiftungsrat in seiner jüngsten Sitzung am Sonntagmorgen den deutschen Journalisten und langjährigen Intendanten des Hessischen Rundfunks, Dr. Helmut Reitze, in den Stiftungsrat gewählt. Reitze selbst, gestern nicht anwesend, hatte bereits mitgeteilt, dass er die Wahl annehme.

Konkrete Vorschläge von der Thüringer Landesregierung und den hessischen Sozialdemokraten in Erwartung

Bodo Ramelow (DIE LINKE)„Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten Wochen auch von der Thüringer Landesregierung und den hessischen Sozialdemokraten konkrete Vorschläge für die Besetzung des Stiftungsrates erhalten werden. Von daher, bin ich der festen Überzeugung, dass Point Alpha seinen überparteilichen Anspruch in Zukunft deutlicher akzentuieren kann und dies wird Point Alpha für die Zukunft sicher stärken.“, sagte der Stiftungsratsvorsitzende der Point Alpha Stiftung, Dr. Heiko Wingenfeld, am Sonntag im ehemaligen US-Camp der Gedenkstätte Point Alpha während des Festaktes anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Point Alpha Stiftung. Die Tatsache, dass man zwei Ministerpräsidenten – der Ministerpräsident des Landes Hessen, Herrn Volker Bouffier (CDU), und der Ministerpräsident des Freistaates Thüringen, Bodo Ramelow (DIE LINKE) – mit jeweils sehr unterschiedlichen politischen Ansichten beim Festakt begrüßen konnte, unterstreiche nach dem Stiftungsratsvorsitzenden die überparteiliche Behaftung von Point Alpha.

Ferner betonte Wingenfeld auf der Jubiläumsveranstaltung, dass Point Alpha daran arbeite, die internationalen Perspektiven weiter auszubauen. Point Alpha, so Wingenfeld, sei ein Ort der auch international Mut mache. So sei Point Alpha gerade auch für die internationale Wissenschaft ein Lern- und Erfahrungsort und auch ein Ort, der beweist, dass es gelingen kann, „Grenzen, Spaltung und Konfrontation zu überwinden“. „Lokales Erleben“ und „globales Entdecken“ seien demnach keine Gegensätze; Vielmehr sei Point Alpha ein Ort, der diese Dimensionen „miteinander verbinde“.

 

Auf die in den letzten Wochen aus unterschiedlichen Richtungen sehr häufig gestellte Frage, ob die Stiftung für die Herausforderungen in der Zukunft gut genug aufgestellt sei, antwortete der Stiftungsratsvorsitzende gestern bestimmend: „Ja. Point Alpha ist handlungsfähig und zukunftsorientiert. Der Vorstand leistet hervorragende Arbeit. Heute Morgen hat der Stiftungsrat in seiner Sitzung die Stellenausschreibung für die Besatzung des hauptamtlichen Vorstandes auf den Weg gebracht. In den nächsten Wochen wird der wissenschaftliche Beirat einen neuen Vorsitzenden.“

Ramelow: Es geht um Aufarbeitung und um ein „miteinander Brücken bauen“

In der anschließenden Podiumsdiskussion warnte der Ministerpräsident des Freistaates Thüringen, Bodo Ramelow (DIE LINKE), davor, vor dem Hintergrund der Schlagzeilen um Point Alpha lokale Auseinandersetzungen dominieren zu lassen. Dafür, so Ramelow, sei der Ort von viel zu großer Wichtigkeit. „Der Ort ist viel zu wichtig, als dass wir ihn von lokalen Auseinandersetzungen dominieren lassen, von Menschen, die meistens gar nicht dabei waren und die Sachlage nicht genau einschätzen können.“, sagte der Ministerpräsident des Freistaates Thüringen, Bodo Ramelow, am Sonntag im ehemaligen US-Camp der Gedenkstätte Point Alpha beim Festakt anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Point Alpha Stiftung. In diesem Kontext räumte er auch mit dem Vorurteil, dieses ihm und seiner Partei „in die Nähe gerückt“ worden sei, auf, dass er sowie seine Partei „kein Interesse an einem Aufrechterhalten der Grenzlandarbeit“ gehabt haben sollen. Das Gegenteil sei der Fall: „Point Alpha funktioniert nur, wenn wir – die Länder Hessen und Thüringen gemeint – diesen Prozess verantwortlich weitergehen.“, so Ramelow. Die Aufgaben, die zu erledigen seien, werde man jetzt „in Ruhe“ erledigen.

Über die Schlagzeilen und die damit korrelierenden gegenseitigen Schuldzuweisungen der vergangenen Wochen den Gedenkort und seine Stiftung betreffend, wollte der Thüringische Ministerpräsident am Sonntag keine Wertung vornehmen. Zumal am Ende ja doch nur wieder alles umgedreht werde. Stattdessen schien den Thüringischen Ministerpräsidenten auf dem Festakt ein anderes, liegengebliebenes Thema umzutreiben: Die ungerechte Behandlung Ostdeutscher!

Im Hinblick darauf, dass nach den Worten des Thüringischen Ministerpräsidenten Westdeutsche eine andere Sozialisation als Ostdeutsche haben, müsse man, so der Ministerpräsident, immer daran denken, dass Ostdeutsche an der „Arbeit der Aufarbeitung“, wie sie Ramelow am Sonntag nannte, unmittelbar beteiligt werden müssen. „Der Verband der Zwangsausgesiedelten ist heute hier; Da bestehen immer noch dringende, bohrende Fragen an die Politik…, wie es mit manchen Ungerechtigkeiten weitergeht…, wie diese gelöst werden können…, wenn man aus dem Grenzland vertrieben worden ist…, die Nachbarn zu Feinden gemacht werden…, wenn man als unerwünschte Person in der DDR umgesiedelt worden ist. Da sind auf der Seele dieser Menschen noch so viele Schäden, über die wir reden müssen. Das sind alles Dinge, wo ich sage: Lasst uns doch daran denken, dass wir einerseits froh sind, dass es vorbei ist – das teile ich mit Volker Bouffier -, aber wir sollten nicht den Eindruck erwecken, als ob es um Rache geht; Es geht um Aufarbeitung und es geht um ein miteinander Brücken bauen. Es geht um ein Deutschland, das wir nur gemeinsam gestalten können.“, so Ramelow.

Bezugnehmend des Treuhandvertrages und die damit korrelierende „ungleiche Behandlung“ West- und Ostdeutscher warnte Ramelow jedoch davor, dies „nicht als Schuldzuweisung“ zu verstehen. Lediglich müsse darüber gesprochen werden, „weil noch Emotionen im Raum stehen, die selbst 28 Jahren später nicht von Freude überdeckt werden können“.

Bouffier: Ort kann nicht an parteipolitischen Grenzen enden

Volker Bouffier (CDU)Durchaus positiv merkte der Hessische Ministerpräsident, Volker Bouffier (CDU), am Sonntag beim Festakt anlässlich dem zehnjährigen Bestehen der Point Alpha Stiftung im ehemaligen US-Camp der Gedenkstätte Point Alpha an, dass sich die hessische SPD zum ersten Mal um Point Alpha gekümmert habe. Gleichzeitig warnte der Hessische Ministerpräsident aber davor, dieses Thema medienwirksam zu sehr zu negieren. Nicht jede Schlagzeile helfe. Stattdessen sprach sich der Hessische Ministerpräsident für eine sorgfältige Prüfung des Sachverhaltes ohne parteipolitische Attitüden aus. Man solle jetzt schauen, dass man wieder zu seiner Arbeit zurückfinde. „Wenn es richtig ist, dass Point Alpha etwas ist, was über jeden Tag und jenseits von Parteigrenzen etwas sein muss – nämlich ein ungewöhnlicher Erinnerungsort, ein Ort des Leidens und des Begegnens, ein Ort der Mahnung -, dann kann dieser Ort nicht an parteipolitischen Grenzen enden.“, so Bouffier. +++ jessica auth