Podcast für Jugendliche über das Leben von Rabanus Maurus erschienen

Unterstützung für die Bewerbung um das Europäische Kulturerbe-Siegel

Raban-Podcast. Foto: „Stadt Fulda“

Den Menschen Rabanus Maurus möchten die Stadt Fulda und die Gemeinde Petersberg mit dem kürzlich erschienenen Podcast „Vom kleinen Raben zum Universalgelehrten“ Jugendlichen näher bringen – und damit die gemeinsame Bewerbung um das Europäische Kulturerbe-Siegel unterstützen. „Wir müssen ja glaubhaft aufzeigen, nicht nur jungen Europäern diesen großen Kulturschatz vermitteln zu können, sondern in erster Linie auch bei uns vor Ort“, erklärt Constanze Schneider, beim Staatlichen Schulamt Fulda für den Bereich Kulturelle Bildung verantwortlich, ihre Idee zum Podcast.

Auch heute noch relevant

Die osthessische Bewerbung um das Europäische Kulturerbe-Siegel steht unter dem Motto „Fulda und Petersberg. Orte der karolingischen Bildungsreform“. Dreh- und Angelpunkt ist Rabanus Maurus, der antikes Wissen bewahrte, neue Erkenntnisse aus dem ganzen Frankenreich und darüber hinaus sammelte, eigenes kreierte und verbreitete. Unter ihm erlebte die Klosterbibliothek eine Blütezeit. Und eben dieses vermittelte Wissen präge ganz Europa noch heute. „Ein Mönch im 9. Jahrhundert klingt unglaublich weit weg. Die großen Fragen sind aber nach wie vor aktuell: Aufstieg, Einfluss und Macht, Umgang mit Krisen.“ Schneider war klar, mit einem reinen Gesprächsformat nicht punkten zu können. Und so spielt der sechsteilige Podcast auf der gesamten Klaviatur: Sprecher*innen erklären Hintergründe, Hörspiel-Elemente lassen den jungen und alten Rabanus zu Wort kommen und Interviews mit Jugendlichen nehmen Bezug auf die damals wie heute aktuellen Themen – stets angelehnt an die Lebensstationen des Mönches, späteren Abts und Erzbischofs.

Seine Eltern verschenkten Rabanus im Alter von acht Jahren an das Kloster Fulda, eine heute schockierende, aber damals übliche Praxis (Oblation). Einerseits sammelte man „Pluspunkte“ bei Gott, wenn man ein Kind in den Dienst der Kirche stellte, andererseits wusste man seinen Nachwuchs in Sicherheit. Er bekamen genug zu essen, wurde medizinisch versorgt und hatte Zugang zu Bildung. So präsentiert die zweite Podcast-Folge neben der hörspielhaften Ankunft im Kloster in Interviews große Erwartungen von Eltern an ihre Kinder, aber auch den tief verwurzelten Wunsch nach einem besseren Leben. So kommt ein junger aus Afghanistan Geflüchteter zu Wort. Von Iran aus machte er sich alleine auf den Weg nach Deutschland. In Fulda macht er Abitur, möchte danach studieren.

Als es in einer anderen Folge um persönliche Krisen geht, erzählt eine 17jährige Schülerin, wie sie darunter leidet sich einsam zu fühlen, wie sie damit umgeht und was sie auch dank professioneller Hilfe gelernt hat. „Ich war im Interview überrascht, wie sehr sie in die Tiefe geht und wie gut sie reflektiert. Das war ein echter Glücksfall“, sagt der freie Journalist Sascha-Pascal Schimmel, der für die Redaktion des Podcasts verantwortlich war und die Interviews führte. Als ehemaliger Redakteur des im letzten Jahr von der Mediengruppe Parzeller eingestellten Jugendmagazins move36 war er Schneiders erste Wahl. „Ich wusste, dass er den Ton der Jugendlichen trifft. Den Protagonisten entlockte er Aussagen, die sehr zu Herzen gehen“, sagt sie begeistert.

Hörspiel mit Hintergrund

Die professionellen Hörspiel-Passagen lieferte das Theater Mittendrin. Barbara Gottwald recherchierte und sprach den gesamten Faktenapparat ein. Ihr Mann Christoph lieh seine Stimme  dem alten Rabanus und lieferte neben der Musik die gesamte akkustische Hintergrundatmosphäre. Sohn Johan Pelle ist es zu verdanken, dass der junge Rabanus zu Wort kommt. Auch die Hörspiel-Elemente orientieren sich an Fakten und setzen soweit möglich auf eine authentische Geräuschkulisse. In Schreibszenen raschelt kein modernes Papier, sondern dank der Unterstützung von Stadtarchiv-Leiter Dr. Thomas Heiler Jahrhunderte altes Pergament. Fiktion hat beim Podcast als offizieller Teil der Bewerbung um das Europäische Kulturerbe-Siegel keinen Platz. „Wir mussten immer wieder die Experten befragen. In vielen Punkten ist die Beweislage nicht so üppig“, erklärt Schneider.

Daher macht der Podcast transparent, wenn Fakten dünn werden und man daher nur vermuten kann. So erklären in der sechsten Folge Dr. Alessandra Sorbello Staub, Leiterin der Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars, und ihr Mann Dr. Johannes Staub, warum wir heute erstaunlich wenig über Rabanus Maurus wissen. War er am Ende gar nicht so einflussreich und wichtig? Auch das harte Vorgehen gegen seinen ehemaligen Schüler Gottschalk macht der Podcast zum Thema. Dieser wich von der Lehre ab und verbreitete die Ansicht, Gott würde bereits vor der Geburt festlegen, ob ein Mensch gut oder böse ist. Verbrecher seien demnach unschuldig, sie erfüllen lediglich ihr Schicksal. Im Umkehrschluss ist es nutzlos zu versuchen, ein gutes Leben zu führen. Rabanus Maurus sah die gesellschaftliche Ordnung in Gefahr. Gottschalks Schriften wurden vernichtet, er selbst landete bis zu seinem Tod im Kerker. Von Gnade oder Nächstenliebe keine Spur. „Auch kluge Menschen haben Schattenseiten, was wir unbedingt aufzeigen wollten“, erklärt Schneider.

Für den Sommer kündigte sie zwei weitere Versionen des Podcasts an. Eine soll sich speziell an Grundschüler*innen richten, dafür werden die Interviews ersetzt – schließlich bilden diese die Lebenswirklichkeiten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ab. Johan Pelle Gottwald wird als junge Stimme zu hören sein, die kindgerecht aus dem Leben von Rabanus Maurus erzählt. Da der Podcast die Bewerbung um das Europäische Kultursiegel-Erbe unterstützen soll, ist eine Variante auf Englisch unverzichtbar. Auch sie wird ohne die Interviews auskommen und mehr Bezug auf die geschichtlichen Ereignisse nehmen. +++ Jens Brehl

Unter www.raban-europa.de sind der Podcast und weitere Hintergründe zur Bewerbung um das Europäische Kulturerbe-Siegel zu finden.