Pkw-Maut: Scheuer sieht sich hohen Schadensersatzforderungen ausgesetzt

CDU-Wirtschaftsrat lehnt Klima-Maut ab

Andreas Scheuer (CSU)
Andreas Scheuer (CSU)

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sieht sich nach der Kündigung der Verträge zum Aufbau und Betrieb des Pkw-Mautsystems Schadensersatzforderungen von mehr als einer halben Milliarde Euro ausgesetzt. Dies geht aus den finalen Entwürfen der Betreiberverträge hervor, über die das „Handelsblatt“ berichtet. Demnach kann der Bund kündigen, wenn „ordnungspolitische Gründe eintreten“, wozu „Entscheidungen nationaler oder europäischer Gerichte“ gehören. Er muss dann aber den „Bruttounternehmenswert“ erstatten, wie aus den Anlagen des Vertragskonvoluts hervorgeht, welches die finalen Bieter im Ausschreibungsverfahren 2018 erhalten hatten.

Die Ansprüche des Sieger-Konsortiums dürften sich nach Angaben von mit der Ausschreibung des Mautbetriebs Vertrauten „auf einen dreistelligen Millionenbetrag“ summieren. Aus der damals eingereichten Gewinn- und Verlustrechnung ergebe sich ein entgangener Gewinn von einer halben Milliarde Euro, wie Kenner der Materi e dem „Handelsblatt“ berichteten. Hinzu kämen bereits aufgelaufene Kosten, die bei rund 50 Millionen Euro lägen. Um der Schadensersatzforderung von mehr als einer halbe Milliarde Euro zu entgehen, hat das Verkehrsministerium die Verträge nach dem abschlägigen Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht nur aus ordnungspolitischen Gründen gekündigt, sondern auch noch Schlechtleistung der Unternehmen unterstellt, wie das „Handelsblatt“ weiter berichtet.

Der Grund findet sich in den Verträgen: Danach wird der Bruttounternehmenswert nur dann fällig, wenn kein „anderer Kündigungsgrund vorliegt“. Entsprechend wurde ein weiterer Kündigungsgrund angeführt. Ein solcher „wichtiger Grund“ kann laut Vertragsentwurf die nicht fristgerechte Vorlage einer „freigabefähigen Feinplanungsdokumentation“ sein. Dienstleister und Berater, die in den Prozess jenes ersten Meilensteins involviert sind, kritisieren den Versuch des Ministeriums: „Das System ist fertig programmiert und kann morgen starten“, hieß es in der Branche. Es sei sogar möglich, binnen kurzer Zeit das System auf eine streckenbezogene Maut zu erweitern und somit um geforderte ökologische Komponente zu erweitern. Der Vertrag sieht im Fall von Streitigkeiten ein Schiedsverfahren vor. Weder das Bundesverkehrsministerium noch das Kraftfahrt-Bundesamt nahmen auf Anfrage der Zeitung zur Kündigung oder dem Vorwurf der Schlechtleistung Stellung.

CDU-Wirtschaftsrat lehnt Klima-Maut ab

Der CDU-Wirtschaftsrat hat die Union davor gewarnt, die Pkw-Maut zur Klima-Maut zu machen und so trotz des höchstrichterlichen Vetos durch die Hintertür einzuführen, und zwar ohne finanziellen Ausgleich für Autofahrer. „Auch unter dem Deckmantel des Klimaschutzes wäre dies ein eklatanter Vertrauensbruch“, sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Eine von Autofahrern finanzierte Infrastrukturabgabe, wie jetzt von Teilen der CSU und CDU befürwortet, lehnt der Wirtschaftsrat ab. „Die Große Koalition hat sich im Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, Steuern und Abgaben nicht zu erhöhen. Das Versprechen gilt“, so Steiger. Für den Wähler sei dies ein Beweis für die Glaubwürdigkeit von Politik. Der Sprecher von 12.000 Unternehmern forderte die Bundesregierung auf, stattdessen nach Alternativen für die versprochene Entlastung von Autofahrern zu suchen. „Mobilität darf nicht zum Luxusgut für den Normalverbraucher werden“, sagte er. Laut CDU-Wirtschaftsrat gehören alle Steuern und Abgaben auf Energie auf den Prüfstand. „Deren mangelnde Lenkungswirkung ist an vielen Stellen offensichtlich“, kritisierte Steiger. Einen „Anachronismus“ stelle die EEG-Umlage dar, die in Teilen auch vom umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene zu entrichten sei und damit dessen Kosten erhöhe. „Die sogenannte Ökosteuer, deren Wirkung seit der Einführung vor 20 Jahren ausbleibt, kann getrost als Etikettenschwindel betrachtet werden“, sagte der Generalsekretär des CDU-nahen Gremiums. +++