Pistorius setzt bei Wehretat auf Unterstützung des Bundestages

Er mag das Wort "kriegstüchtig" selbst nicht

Boris Pistorius. Foto: MI

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) beharrt auf seiner Forderung nach 6,5 Milliarden Euro mehr für den Wehretat im kommenden Jahr und setzt nun auf Änderungen am Haushaltsentwurf der Bundesregierung im parlamentarischen Verfahren. Pistorius sagte der „Rheinischen Post“ und dem Bonner „General-Anzeiger“: „Ich habe das Ziel nicht aufgegeben, dass wir im nun anstehenden parlamentarischen Verfahren noch mehr Mittel dazu bekommen. Bei meinen Zahlen bleibe ich, damit die Soldatinnen und Soldaten den Anforderungen der kommenden Jahre im Interesse unser aller Sicherheit gerecht werden können.“

Seine Forderung nach 6,5 Milliarden Euro mehr sei nicht aus der Luft gegriffen, sagte Pistorius. Zugleich machte der SPD-Politiker deutlich, dass die Verabredung innerhalb der Nato, wonach alle Mitgliedsstaaten zwei Prozent ihrer nationalen Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben sollen, womöglich nach oben korrigiert werden müsse. „Vielleicht erkennen wir eines Tages, dass die zwei Prozent nicht reichen. Fast noch wichtiger aber ist, dass die Finanzplanung verlässlich ist, dass wir eben wissen, was wir wann bestellen können.“ Pistorius ließ weiter erkennen, dass er bei den Haushaltsgesprächen der Ampel eingebunden gewesen sei, zugleich aber stets seine Bedenken mitgeteilt habe. „Es gab mehrere Runden, an denen auch ich beteiligt war. Insofern stimmt es, dass ich ein Stück weit eingebunden war“, sagte Pistorius. „Aber das waren Runden, in denen ich immer meine Bedenken und die Anforderungen, die ich sehe, formuliert habe. Leider wurde mir in diesen Punkten nicht gefolgt.“ Für die Bundeswehr bedeute dies in den kommenden Jahren Fähigkeitslücken, die erst später geschlossen werden könnten. „Dass ich damit nicht zufrieden bin, kann man sich ausrechnen“, sagte der Verteidigungsminister.

Er mag das Wort „kriegstüchtig“ selbst nicht

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat wegen der geplanten Stationierung von US-Langstreckenraketen in Deutschland Verständnis für Ängste in der Bevölkerung vor einer militärischen Eskalation mit Russland geäußert. Pistorius sagte der „Rheinischen Post“ und dem „General-Anzeiger“: „Wir müssen uns schützen, so gut es geht. Ich verstehe die Sorge der Menschen vor einer Eskalation.“ Aber die Rahmenbedingungen seien völlig andere als noch vor fünf oder zehn Jahren. „An der Ostflanke der Nato steht wieder ein Aggressor“, sagte Pistorius. Angesichts dessen mahnte er einen Mentalitätswandel im Land an und verteidigte seine Forderung, in den kommenden Jahren „kriegstüchtig“ werden zu müssen. „Ich mag das Wort kriegstüchtig selbst nicht. Aber es ist nun mal die Wahrheit, dass wir uns am besten schützen, wenn wir in der Lage sind, einen möglichen Angriffskrieg abwehren zu können“, sagte Pistorius. „Derjenige, der das Problem beim Namen nennt, ist nicht der Verursacher des Problems. Was wäre die Alternative? Dinge verharmlosen, Menschen in falscher Sicherheit wiegen und dann unvorbereitet in Gefahr zu bringen? Das kommt für mich nicht infrage“, so der SPD-Politiker. Man tue alles dafür, dass keine Eskalation eintrete, versicherte Pistorius. „Wenn allen klar ist, dass Deutschland und die Nato in der Lage sind, sich erfolgreich zu verteidigen, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass wir angegriffen werden“, sagte er.

Kandidatur für den Bundestag erwägt

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) erwägt, bei der Wahl 2025 für einen Sitz im Bundestag zu kandidieren. „Das habe ich noch nicht entschieden“, sagte Pistorius der „Rheinischen Post“ und dem Bonner „General-Anzeiger“ weiter. „Nach der Sommerpause werde ich die Entscheidung treffen und bekannt geben“, sagte Pistorius. Die Frage, ob ein möglicher Wahlkreis bereits feststehe, verneinte der Minister. Zugleich äußerte Pistorius Zuversicht, dass der SPD trotz derzeit schlechter Umfragewerte erneut ein Wahlsieg gelingen könnte. „Umfragen sind extrem volatil geworden. Der SPD ist 2021 trotz schlechter Umfragen bis kurz vor der Wahl doch noch der Sieg gelungen. Das kann wieder passieren, und dafür kämpfe ich“, sagte Pistorius. Er wies Spekulationen über eine Konkurrenz zu Olaf Scholz bei der SPD-Kanzlerkandidatur erneut zurück. „Ich habe mich sehr schnell für Olaf Scholz ausgesprochen und dabei bleibt es auch“, sagte er. Unterdessen sagte Pistorius zum Verzicht von Außenministerin Annalena Baerbock auf die Kanzlerkandidatur der Grünen: „Ich war überrascht von der Verzichtserklärung. Ich habe die Vorgänge bei den Grünen aber nicht zu bewerten.“

Spahn: „Es gibt keine solide Planung für Verteidigung“

Die Haushaltsplanung der Ampel für das Jahr 2025 spielt nach Angaben des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Union, Jens Spahn (CDU), auch auf dem Nominierungsparteitag der US-Republikaner eine Rolle. Spahn sagte der „Rheinischen Post“: „Hier beim Parteitag der Republikaner wird sehr genau registriert, dass es keine solide Planung für unsere Verteidigung gibt. Dabei müssten wir gerade jetzt unsere Hausaufgaben machen.“ Spahn ergänzte: „Das Verteidigungsbudget wächst kaum, die versprochene Zeitenwende des Kanzlers bleibt aus.“ Die Ampel präsentiere einen „wackligen Schuldenhaushalt ohne Prioritäten und ohne Ideen für die Zukunft“. Bei der Versammlung der Republikaner sind auch Vertreter aus der deutschen Politik und Regierung anwesend, wie bei den Nominierungsparteitagen der beiden großen US-Parteien üblich. Spahn gehört zu den Beobachtern. +++

Popup-Fenster