Pistorius schließt deutsche Truppen in Ukraine nicht aus

Masala: USA haben sich aus Ukraine-Gesprächen zurückgezogen

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) schließt nicht generell aus, dass deutsche Soldaten eines Tages helfen können, einen Waffenstillstand in der Ukraine zu sichern. Außerdem findet er es richtig, eingefrorene russische Staatsguthaben von mehreren hundert Milliarden Euro endgültig zu beschlagnahmen und Kiew zur Verfügung zu stellen, wie er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ sagte.

Ein Auslandseinsatz in der Ukraine nach einem Waffenstillstand sei „nur unter dem Dach eines kollektiven Mandats“ möglich, also „im Rahmen von EU, Nato oder Vereinten Nationen“, so der Minister. Dafür gebe es zwar bisher „keine Initiativen“, aber er schließe nicht aus, dass die Bundesregierung so eine Initiative eines Tages ergreifen könne.

Allerdings könne man diesen Schritt „jetzt noch nicht gehen“. Wie ein dauerhafter Waffenstillstand in der Ukraine gesichert werden könne, müsse „erst verhandelt werden“. Die Reihenfolge sei: „Erst die sofortige dreißigtägige Waffenruhe, um Verhandlungen zu führen. So, wie das die Europäer fordern. Dann ein unbefristeter Waffenstillstand unter den Bedingungen, die man ausgehandelt hat. Dazu würden dann vielleicht auch Garantien gehören“.

Pistorius fügte hinzu, „im Moment“ gehe es zwar „ausdrücklich nicht um friedenssichernde Truppen“. Auf die Frage, ob es also keine deutschen Soldaten in der Ukraine geben werde, antwortete er aber mit den Worten „Nein, das habe ich nicht gesagt“. Sobald klar sei, „wer unter welchem Mandat was absichern soll“, werde entschieden, „welche Aufgabe wir übernehmen werden“.

Zu der Forderung der Kiewer Führung, die eingefrorenen russischen Staatsguthaben endgültig zu beschlagnahmen und zum Schutz der Ukraine zu nutzen, sagte der Minister, „als Bürger dieses Landes“ fände er das „gut“. Er sehe aber, „dass es finanzpolitisch und rechtlich viele Argumente gibt, die diese Idee in einem anderen Licht erscheinen lassen“. Pistorius stellt sich damit anders auf als Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), der das russische Vermögen nicht beschlagnahmen möchte. Manche Fachleute meinen, so ein Schritt könnte dazu führen, dass andere Länder ihre Guthaben aus Europa abziehen.

In Bezug auf den freiwilligen Wehrdienst, den die schwarz-rote Koalition einführen will, widersprach Pistorius Außenminister Johann Wadephul, der kurz vor seinem Amtsantritt der FAS gesagt hatte, wenn sich am Ende des Jahres zeige, dass für den geplanten Aufwuchs der Bundeswehr nicht genug Freiwillige zusammenkämen, müsse man über ein verpflichtendes Modell sprechen.

Pistorius antwortete auf diese Forderung, eine Evaluierung des jetzigen Planes vor der Jahreswende habe „wenig Sinn“, weil das notwendige Gesetz „idealerweise“ erst am 1. Januar 2026 in Kraft treten werde. Allerdings schloss er nicht aus, dass später doch eine echte Wehrpflicht kommen könnte. „Wir setzen bei unserem Modell zunächst auf Freiwilligkeit,“ stellte er fest. „Und wenn der Zeitpunkt kommen sollte, an dem wir mehr Kapazitäten zur Verfügung haben als freiwillige Meldungen, dann wird gegebenenfalls entschieden werden, dass wir verpflichtend einziehen.“

Masala: USA haben sich aus Ukraine-Gesprächen zurückgezogen

Der Militär- und Sicherheitsexperte Carlo Masala sieht einen Rückzug der US-Regierung von Donald Trump aus den Ukraine-Gesprächen. „Letzten Endes haben sich die Vereinigten Staaten als aktiver Vermittler ja aus diesem Konflikt herausgezogen“, sagte Masala dem Nachrichtenportal T-Online mit Blick auf das Telefonat von Trump mit Kremlchef Wladimir Putin.

Der US-Präsident habe erklärt, dass Moskau und Kiew das Problem lösen sollen. „Das heißt, die Amerikaner sind draußen. Und Trump hat sich dezidiert dahingehend geäußert, dass er eigentlich Sanktionen aufheben will, um wieder Geschäfte mit Russland zu machen.“

Als Grund dafür sieht Masala vor allem ökonomische Interessen der USA. „Trump steht auf der Seite Russlands und die Ukraine ist für ihn ein Störfaktor bei der Normalisierung der Beziehungen zu Russland“, erklärte der Professor für internationale Politik an der Bundeswehr-Universität in München. Deswegen beschließe Trump auch keine harten Sanktionen gegen Russland. „Das haben die Amerikaner jetzt ausgeschlossen“, sagte der Experte.

„Letzten Endes läuft das ganze Spiel für Putin.“ Angesichts dessen hat Masla auch wenig Hoffnung, dass mögliche Verhandlungen im Vatikan Ergebnisse erzielen könnten. „Es geht darum, dass man dann den Vatikan als einen neutralen Ort anbietet“, erklärte er. Dem US-Präsidenten hätten die Bilder mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei der Beerdigung von Papst Franziskus gefallen. „Das wieder so eine Schnapsidee von Donald Trump.“

Russland dagegen wolle primär die USA aus den Gesprächen heraushalten. „Solange Putin verhandelt, werden sich die Amerikaner höchstwahrscheinlich nicht wieder aktiv einmischen“, sagte Masala. „Putin wirft Trump immer irgendwelche Brotkrümel vor die Füße, die dieser dann aufnimmt und als großen Erfolg verkauft.“

Den Europäern attestierte der Militärexperte, dass sie Trump mit Blick auf den Nato-Gipfel im Juni besänftigen wollen. „Die Europäer machen alles, um die USA bei der Stange zu halten“, erklärte Masala. Es ginge „in der Güterabwägung“ aktuell darum, dass es zu keinem großen Eklat beim Nato-Gipfel kommt und Trump die Sicherheitsgarantien für die europäischen Staaten nicht infrage stellt. „In dieser Güterabwägung ist momentan, das ist mein Eindruck, die Frage der Nato wesentlich wichtiger als die Frage der Ukraine.“ +++


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