Der Landkreis Fulda steht vor einem erheblichen Wohnungsproblem: Laut einer aktuellen Analyse des Pestel-Instituts fehlen rund 3.200 Wohnungen. Gleichzeitig stehen 3.670 Wohnungen bereits seit über einem Jahr leer. Hoffnung auf Entlastung besteht dadurch allerdings kaum – Wohnungen, die so lange ungenutzt bleiben, kehren äußerst selten wieder auf den Markt zurück. Für die Untersuchung wurden Wohnungsbestand, Bevölkerungsentwicklung sowie Prognosen für Arbeitsmarkt und Beschäftigung im Kreis betrachtet.
Matthias Günther, Chef-Ökonom des Pestel-Instituts, erläutert: „Vom Arbeitskräftebedarf über die Geburten bis zu den Sterbefällen: Es wird sich im Kreis Fulda eine Menge tun – und auf dem Wohnungsmarkt tun müssen. Das bedeutet konkret: In den nächsten fünf Jahren müssen rund 1.090 neue Wohnungen im Landkreis Fulda gebaut werden – und zwar pro Jahr.“
Allerdings schätzt Günther dieses Ziel als äußerst ambitioniert ein. Im ersten Halbjahr dieses Jahres wurden laut Statistischem Bundesamt lediglich 391 Baugenehmigungen für neue Wohnungen im Landkreis erteilt. „Das reicht natürlich nicht. Der Neubau von Wohnungen im Kreis Fulda läuft mit angezogener Handbremse. Da muss vor allem bundespolitisch mehr passieren, um den Neubau von Wohnungen wieder anzukurbeln. Und das möglichst schnell“, betont Günther.
Als wirksamste Maßnahme sieht er niedrigere Bauzinsen: „Dringend notwendig ist günstiges Baugeld. Der Bund muss ein Zins-Programm auflegen: Maximal 2 Prozent Zinsen – teurer darf die Finanzierung beim Wohnungsbau nicht sein. Dann wären deutlich mehr private Bauherren, aber auch Investoren endlich wieder in der Lage, neue Wohnungen im Kreis Fulda zu bauen. Vor allem würde das schnell einen Effekt bringen: Mit einem Niedrigzins-Baugeld würde der Bund einen wirklichen Turbo für den Neubau von Wohnungen starten.“
Die Untersuchung wurde im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) erstellt. Dessen Präsidentin Katharina Metzger vermisst klare, kurzfristig wirksame politische Signale:
„In Sachen Wohnungsbau passiert bei der neuen Bundesregierung zu wenig. Nur das Schlagwort ‚Wohnungsbau-Turbo‘ geistert seit Monaten durch die Republik. Doch von einem ‚Turbo‘ kann keine Rede sein. Die Maßnahmen wirken nur mittel- bis langfristig. Jedenfalls ist von dem versprochenen ‚Turbo-Effekt‘ im Landkreis Fulda und auch sonst nirgendwo etwas zu merken.“ Selbst positive Entwicklungen bei Baugenehmigungen fänden auf „denkbar niedrigem Niveau“ statt.
Zudem warnt Metzger vor den wirtschaftlichen Folgen: „Läuft der Wohnungsbau, dann läuft auch die Wirtschaft. Deshalb ist es höchste Zeit, dass Bundeskanzler Merz den Wohnungsbau jetzt zur Chefsache macht.“ Andernfalls drohe ein weiterer Rückgang der Bautätigkeit: „Bauunternehmen gehen in die Insolvenz. Bauarbeiter verlieren ihre Jobs.“
Auch die Komplexität und Kostenbelastung im Bauwesen stehen in der Kritik. Günther unterstreicht:
„Deutschland muss dringend wieder einfacher bauen. Wenn der Bund alle Auflagen und Vorschriften der letzten zehn Jahre komplett zurücknehmen würde, dann könnten im Landkreis Fulda ziemlich schnell wieder deutlich mehr und deutlich günstigere Wohnungen gebaut werden. Und zwar Wohnungen mit einem guten Standard. Manchmal ist weniger eben mehr.“
Er wirft der Bundesregierung vor, den Wohnungsbau über Jahre mit immer neuen Vorgaben belastet zu haben. Dies habe laut BDB die Bau- und Mietkosten in die Höhe getrieben. Metzger kritisiert insbesondere energiepolitische Vorgaben: „Vor allem völlig überzogene Energiespar-Auflagen beim Neubau haben unterm Strich für die Umwelt wenig gebracht, das Wohnen aber enorm viel teurer gemacht.“ +++

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