Palmer verlangt „Exit-Strategien“ aus dem Ausnahmezustand

Wir müssen uns aber auf einen Wirtschaftseinbruch gefasst machen

Coronavirus

Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) warnt, dass Deutschland den Ausnahmezustand infolge der Krise nicht deutlich länger als einen Monat durchhalten könne, und sieht gravierende gesellschaftliche sowie wirtschaftliche Folgen. „Für die nächsten zwei Wochen halte ich das für richtig. Die zwischenmenschlichen Kontakte müssen jetzt auf ein absolutes Minimum heruntergefahren werden. Nur so kann es besser werden“, sagte Palmer der „Welt“. „Wir müssen uns aber auf einen Wirtschaftseinbruch gefasst machen, der sich gewaschen hat. Die Rezession ist sicher. Ich habe meine Zweifel, dass wir diese Ausnahmesituation sehr viel länger als einen Monat durchhalten können.“

Für den „Erhalt des gesellschaftlichen Friedens und der öffentlichen Ordnung“ sei es notwendig, „dass wir uns Gedanken über Exit-Strategien machen. Wie kommen wir kontrolliert und organisiert aus diesem totalen Lockdown wieder heraus in drei bis vier Wochen?“ Pal mer warnte: „Einen langfristigen Lockdown werden wir in unseren freiheitlich geprägten westlichen Gesellschaften nicht durchstehen. Wir können das nicht mit brachialer Gewalt durchsetzen wie in China.“ Auf der Impfstoffforschung der in Tübingen ansässigen Biotech-Firma CureVac „liegen große Hoffnungen“, sagte Palmer weiter. CureVac werde von der Stadt Tübingen seit 20 Jahren unterstützt. „Wann immer die Firma Unterstützung brauchte, hat die Stadt geholfen – auch in den aufregenden Tagen, als über ein Angebot von Donald Trump berichtet wurde. Auch die Impfstoffforschung für Corona, die vor sechs Wochen begonnen hat, wurde mit Steuergeldern gesichert. Diese Forschung läuft auf Hochtouren.“

Zudem gebe es auch an der Universität Tübingen erste Ansätze für Therapien, um die Zahl der schweren Krankheitsverläufe deutlich zu senken, sagte Palmer. „Wir haben das Instrument der Testung und der Nachverfolgung von Infektionsketten, auch mit Handydaten.“ Nach Meinung des Grünen-Politikers wäre auch „eine vertikale Öffnung“ denkbar: „Menschen, die über 65 Jahre alt sind, und Risikogruppen werden aus dem Alltag herausgenommen und vermeiden weiter Kontakte. Jüngere, die weniger gefährdet sind, werden nach und nach und kontrolliert wieder in den Produktionsprozess integriert. Solche Strategien müssen in den nächsten Wochen diskutiert und auf ihre Machbarkeit überprüft werden.“ +++