Österreich will Asylverfahren in Drittstaaten durchführen lassen

Bundestagsvizepräsidentin will Rechtsstaatlichkeit bei Asylverfahren

In der Debatte um eine gemeinsame europäische Asylpolitik fordert Österreich weitere Zugeständnisse der Bundesregierung. „Ich begrüße ausdrücklich, dass in Deutschland bei Migrationsfragen ein Umdenken stattfindet und die Ampelkoalition jetzt nicht nur schnelle Asylverfahren an den EU-Außengrenzen befürwortet, sondern auch intensiv prüft, ob Asylzentren und Asylverfahren in sicheren Drittstaaten durchgeführt werden sollten“, sagte Innenmister Gerhard Karner (ÖVP) der „Welt“.

Österreich fordere das schon lange. „Ich baue darauf, dass Deutschland Österreich beim Thema Asylzentren in sicheren Drittstaaten unterstützen wird“, fügte der konservative Politiker hinzu. Karner forderte neben mehr legaler Einwanderung nach Europa künftig auch einen deutlich restriktiveren Kurs in der EU-Migrationspolitik. „Aber wir brauchen auf der anderen Seite endlich auch eine europäische Asylbremse, die Missbrauch verhindert. Dazu gehören neben einem ausge  prägten physischen Grenzschutz, schnellen Verfahren an den EU-Außengrenzen und Asylzentren in Drittstaaten auch pauschale Zurückweisungen von Migranten, die keine Chance auf Asyl haben.“ Zur Begründung für pauschale Abschiebungen sagte Karner: „Viele Migranten kommen aus Urlaubsländern wie Tunesien, Marokko, Ägypten oder Indien. Sie haben praktisch keine Chance auf Asyl und sollten darum ohne detaillierte Einzelfallprüfung in ihre Heimatländer zurückgewiesen werden.“ Der ÖVP-Politiker forderte dazu ein Pilotprojekt. Karner kündigte an, dass Österreich nach Verabschiedung einer neuen europäischen Asylpolitik keine Migranten aus Drittstaaten mehr aufnehmen werde. Die EU-Kommission müsse bei der künftigen Verteilung von Migranten auch berücksichtigen, wie viele Menschen ein Mitgliedsland wie Österreich in der Vergangenheit bereits aufgenommen habe. „Ich habe die eindeutige Erwartung an Brüssel, dass praktisch keine Flüchtlinge aus Afrika oder Asien mehr illegal nach Österreich kommen w  erden, sobald die EU ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS) haben wird.“

Bundestagsvizepräsidentin will Rechtsstaatlichkeit bei Asylverfahren

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) besteht angesichts der zunehmenden Forderungen nach Asylverfahren an den Außengrenzen der Europäischen Union auf Rechtsstaatlichkeit. „Ich bin sehr für Humanität und Ordnung – aber nicht nach dem Motto: mehr Ordnung, weniger Humanität“, sagte sie dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir eine durchgängige Registrierung an den Außengrenzen brauchen. Das werden die Länder mit EU-Außengrenze aber nur machen, wenn Geflüchtete anschließend verbindlich verteilt werden“, so die Bundestagsvizepräsidentin. „Ein Budenzauber mit noch mehr und größeren und unmenschlicheren Lagern, aus denen die Geflohenen weder weiterreisen noch zurück in ihre Heimat können, hilft weder den Kommunen noch den Menschen in Not“, sagte Göring-Eckardt. „Das Grundrecht auf Asyl steht im Grundgesetz, und der Flüchtlingsschutz ist fest in der Genfer Flüchtlingskonvention verankert. Das steht da nicht umsonst. Alle Schutzsuchenden haben das Recht darauf, dass ihr Antrag individuell geprüft wird.“ Deshalb plädiere sie angesichts der Debatten über eine neue europäische Asylpolitik für „ein Konzept, das besagt: Geflüchtete werden aufgenommen und verteilt auf die Länder, die dazu bereit sind. Und die, die dazu nicht bereit sind, zahlen an die anderen Länder so viel, dass es sich für sie auszahlt, Menschen in Not aufzunehmen.“ Das System müsse flexibel und zugleich verbindlich sein, so die Grünen-Politikerin. „Gleichzeitig bin ich natürlich für schnelle Verfahren inklusive Rückführungen. Doch es müssen rechtsstaatliche Verfahren sein.“ +++