Neues Leben im ehemaligen Zuse-Gebäude

PROJEKT „ZUSEZUSEHEN“

Eins kommt zum anderen: Das geplante Haus-im-Haus-Konzept des Zuse-Gebäudes

Der neue Eigentümer des ehemaligen Zuse Gebäudes an der Kreuzung Dippelstraße/Wehneberger Straße will das Objekt sanieren. Das Vorhaben wurde jetzt durch die Gesellschafter des Mittelhessischen Bauhütte, Björn Trieschmann und Lars Wilhelm, im Rathaus vorgestellt. Haupttätigkeitsbereich der beiden Gießener Unternehmer ist die Entwicklung, neue Strukturierung und Revitalisierung von überwiegend denkmalgeschützter Altsubstanz. Hierzu zählen u.a. die Zehntscheune in Bad Nauheim, die Reehmühle in Biebertal und die Alte Molkerei in Alsfeld.

Auf den ersten Blick wird das historische Gebäude unverändert aussehen. Was die rotbraune Fassade aus Holz und Backstein an Neuem verbirgt, zeigt sich im Inneren des Gebäudes. Architekt Björn Trieschmann erläutert: „Unser Entwurf beinhaltet die sensible Einfügung einer neuen Lebensstruktur als Living-Hubs in die alte Denkmalsubstanz. Unser Konzept sieht 13 kleine maßgeschneiderte Module in Holzbauweise (Kuben) als „Haus im Haus“ vor. Dies ist ressourcen- und materialschonend in der Herstellung und reduziert somit die Umweltbelastung. Altbausubstanz, welche vorhanden ist, muss man nicht neu bauen!“

Die innere Hülle, von der alten Substanz gelöst, erfüllt baubiologisch als auch bauphysikalisch alle Anforderungen an moderne Wohnräume und schafft ein gesundes Wohnklima. Oder anders gesagt; Durch die doppelten Wände bleiben Schadstoffe und Lärm draußen und die Energie drinnen. Die Beheizung ist als moderne Wärmepumpe oder alternativ als Brennstoffzelle geplant, welche auch Strom erzeugen soll. Besonders reizvoll ist hierbei, dass beide Baukörper ihre Identität behalten und sie dennoch räumlich miteinander verzahnt sind. Dies gelingt durch die geschickte Anordnung der Kuben auf dem bestehenden Grundriss des Bestandes. Im Inneren entstehen verglaste Innenhöfe, welche den Hubs als Loggien dienen und dem Nutzer auch von dort den Blick auf die historische Gebäudehülle freigibt.

Um die Nachhaltigkeit des gesamten Projekts zu unterstreichen, wird aufgrund der Innenstadtlage das Haus komplett „Auto frei“ geplant. Anstatt von Pkw-Parkplätzen, welche die Grünfläche versiegeln würden, wird eine Fahrradgarage inklusive Gründach mit Ladestationen vorgesehen. Zwei Anlieferungs- und Besucherparkplätze vor dem Haus stehen zur Verfügung. Die Gebäuderückwand, welche Abbruchkante zum damals größeren Gebäudekomplex ist, wird als moderne Abschlusswand in Richtung der bestehenden Wohnbebauung gestaltet. Sie soll als glatte Schnittfläche zum Ausdruck bringen, dass der Bau früher wesentlich größer war.

Bürgermeister Thomas Fehling: „Die ersten Ideen, Überlegungen und Skizzen des Investors sind vielversprechend. Vor allem lässt das Konzept buchstäblich genug Raum, um auch im Gebäude an die historische Bedeutung als frühem Computer-Produktionsstandort zu erinnern. Sollte so für einen verdienten Einwohner unserer Stadt – Konrad Zuse, einem Pionier mit Weltruhm – doch noch ein angemessenes Andenken entstehen, freut mich das sehr. Dies könnte gut in die touristischen oder kulturellen Aktivitäten der Stadt eingebunden werden.“

Das ehemalige Zuse-Gebäude hatte über viele Monate in den Schlagzeilen gestanden. Der ehemalige Eigentümer lehnte die im Vertrag mit der Stadt zugesicherte Sanierung ab und hatte damit vor Gericht Recht bekommen. Dagegen hatte aber das Hessische Landesamt für Denkmalpflege Berufung angekündigt. Um einem weiteren, jahrelangen Rechtsstreit zu entgehen, kam es zu einem überraschenden Verkauf – eben an Trieschmann und Wilhelm, die nun die Ärmel hochkrempeln und in einem Jahr fertig sein wollen. +++ pm