
Gerade ist der erste Roman von Joseph Dehler mit dem Titel „Fremdgelenkt“ erschienen. Dehler war viele Jahre Rektor der Hochschule Fulda und später Innovationsbeauftragter für diverse Regierungen. Seit 2010 ist er auch Autor unterhaltender Bücher. Zuletzt hatte er vor allem Politsatire veröffentlicht: U.a. „Nasentanz – Früchtchen aus dem Garten der Macht.“ Die Geschichte „Fremdgelenkt“ ist rein fiktiv. „Dessen ungeachtet kann nicht ausgeschlossen werden, dass deren Leser hier und da über ihren eignen Schatten zu stolpern glauben“, heißt es in einer Anmerkung des Verlages. Bei „Fremdgelenkt“ handelt es sich um den ersten Teil eines „Romans in zwei Teilen“. Teil zwei ist in Arbeit.
Zum Inhalt: Es geschieht auf einer Feier im Rahmen des Kongresses „Geltungssucht in Politik und Gesellschaft“. Akademiepräsident Paul Engelmann kommt nach einer Auseinandersetzung mit seinem Minister zu spät, stolpert und stürzt die Treppe hinauf. Dabei zieht er sich Kopfverletzungen zu. Klinikaufenthalt und Rekonvaleszenz werfen den Präsidenten zunächst einmal aus der Bahn. Joseph Dehler strickt aus dem Treppensturz und dessen Folgen eine facettenreiche Romanhandlung. Die fiktive Geschichte beginnt in der „Akademie für politische Kommunikation“ und gelangt im weiteren Verlauf politischer Auseinandersetzungen bis zur obersten Dienstherrenebene – und hier direkt ins Amtszimmer des Ministers. Wie dort besonderen Wert auf die Sitzordnung gelegt wird, ist eine unterhaltsame Sequenz des Buches. Der Romanautor macht sich einen Spaß daraus, aus der Begegnung zwischen dem Akademiepräsidenten und dem Minister eine Satire zu entwickeln.
Doch der Roman hält nicht nur Tiefgründiges parat. Dass in klösterlichen Seminaren unter anderem auch Qi-Gong-Kurse stattfinden, ist nicht neu. Eine Frauengruppe dort in seinem Kloster weckt das Interesse des Akademiepräsidenten. Er macht sich seine Gedanken. Wer sind die Qi-Gong-Frauen, die einen derartigen Weg zur Selbsterkenntnis entdeckt haben?
Während des Klosteraufenthalts fühlt sich Paul Engelmann zu einer im Kinderheim arbeitenden und im klösterlichen Friedhof gärtnerisch tätigen seelenverwandten Ordensschwester hingezogen. Viel später begegnen sie sich wieder.
Mit der nach dem Treppensturz vor Ort und auch später hilfsbereiten und sympathischen Berliner Bezirksbürgermeisterin Monja Ziegler geht der Professor eine enge Verbindung ein, und zusammen gründen sie im Berliner Regierungsviertel die Politikberatung Policy & Strategy.
Ein weiterer Erzählstrang dieses Romans ist den Niederungen der Kommunalpolitik und deren Protagonisten gewidmet. Was die Leserschaft schon immer geglaubt hat, gewusst zu haben: Es ist nicht der Stoff, aus dem die Träume sind. Der sich auf ein riskantes höheres Niveau, nämlich eine Oberbürgermeisterkandidatur zubewegende Engelmann hat als gutwilliger Mensch zwar ehrenhafte Absichten, lässt sich aber mit lokal verfilzten Unterstützern ein, die nicht das Allgemeinwohl, sondern den eigenen Vorteil im Auge haben.
Der Roman bewegt sich zwischen Karrierestreben, politischen Ambitionen und einem komplizierten Privatleben. Alles unter einen Hut zu bringen, macht Probleme. „Im Strudel von Macht und Liebe“ lautet ja auch der Untertitel des Romans. So manchem Politiker – aber nicht nur Vertreter dieser Spezies – wird in dem Buch der Spiegel vorgehalten. Mag sein, dass bei dem einen oder der anderen die Erkenntnis reift, sich auch einmal eine Auszeit hinter Klostermauern gönnen zu sollen. +++ mapa
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