Neuauflage von Schwarz-Grün – Viel Kritik von der Opposition

CDU wies die Vorwürfe  zurück

Am kommenden Samstag ist die hessische Landesregierung genau ein Jahr im Amt. Vertreter der Opposition werfen der schwarz-grünen Landesregierung mangelnde Ideen und Konzepte vor. „Das erste Jahr der Neuauflage von Schwarz-Grün ist für Hessen ein verlorenes Jahr“, stellte René Rock, Vorsitzender der Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, fest. Gemeinsam mit dem Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Günter Rudolph, bilanzierte Faeser am Mittwoch in Wiesbaden das erste Jahr der schwarzgrünen Neuauflage.
Die Fraktions- und Parteivorsitzende der SPD konstatierte dabei, dass sich CDU und Grüne offenkundig entschieden hätten, auch in der Neuauflage ihrer Regierungskoalition nicht zu gestalten, sondern nur zu verwalten.

„Die Landesregierung zerlegt alle großen Frage unserer Zeit in kleinteilige Verwaltungsvorgänge. Es gibt auf keinem Handlungsfeld eine erkennbare Strategie, gar nicht zu reden von einem übergeordneten Plan für das Hessen der Zukunft. Stattdessen verliert sich die Regierungsarbeit in einem lustlosen Kleinklein, dass über den Tag hinaus keine Wirkung zeigt. Schwarzgrün bleibt leider mausgrau“, kritisierte Nancy Faeser. Ob beim Verkehr auf Straße und Schiene oder der Energiewende, ob beim Wohnen oder bei den Kommunalfinanzen, ob bei der Wirtschaftsförderung oder beim Umgang mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern – bei allen Themen, die das Leben der Menschen wirklich beeinflussten, drückten sich die Landesregierung und die Koalitionsparteien um strategische Weichenstellungen. „Diese Zukunftsverweigerung treibt mich in die Verzweiflung“, sagte Faeser, „denn sie wird dem Potenzial, das Hessen eigentlich hat, absolut nicht gerecht.“ Ihre Mut- und Ideenlosigkeit versuche die Landesregierung mit groß angelegten Werbekampagnen und kurzlebigen PR-Aktionen zu übertünchen, so Nancy Faeser: „Beim Marketing sind CDU und Grüne wirklich gut, das kann man nicht bestreiten. Vor allem der Wirtschaftsminister ist ein Meister darin, sich mit fremden Federn und fremdem Geld zu schmücken. So nimmt er beispielsweise für sich in Anspruch, der Erfinder des Seniorentickets für Bus und Bahn zu sein – auch wenn es das anderswo schon lange gibt. Allerdings zahlt das Land für das Seniorenticket keinen Cent, das Geld dafür müssen die hessischen Verkehrsverbünde erwirtschaften. Wofür der Wirtschaftsminister aber über eine Million Euro ausgibt, ist die Werbekampagne für das Seniorenticket, die auch den Ruhm des Ministers mehren muss.“ Faeser kündigte an, dass die SPD-Fraktion im Hessischen Landtag eine Enquetekommission „Verkehr“ einsetzen werde, um endlich eine inhaltliche Debatte anzustoßen und mit Hilfe von Experten zu Lösungen für die drängenden Mobilitätsprobleme im Land zu kommen.

Rudolph warf Innenminister Beuth insbesondere in Bezug auf die rechtsextreme Szene in Hessen erschreckende Ignoranz und Tatenlosigkeit vor. „Angesichts der jüngsten Ereignisse und Entwicklungen, einer deutlich spürbaren Zunahme der Bedrohungen von ehrenamtlich tätigen Menschen, von Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern und von Einsatzkräften, wünschen wir uns einen Innenminister, der die Bedrohungslage ernstnimmt. Wir stellen uns die Frage: Was macht Herr Beuth eigentlich? Die kaltblütige Ermordung des ehemaligen Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke hat uns vor Augen geführt, wie schnell aus Worten Taten werden. Die Gefahr von rechts wurde von der Landesregierung jahrelang massiv unterschätzt“, kritisierte Günter Rudolph.

FDP: „Das erste Jahr der Neuauflage von Schwarz-Grün ist für Hessen ein verlorenes Jahr“

Am 18. Januar 2019, hat sich der 20. Hessische Landtag konstituiert. Seither regieren CDU und Grüne mit nur einer Stimme Mehrheit. „Eine gemeinsame Idee, Hessen zu gestalten, gibt es nicht.“ Die Folge: Die Freien Demokraten müssen der Landesregierung ein schlechtes Zwischenzeugnis ausstellen. Beispiel Lübcke-Mord: Die Landesregierung hat die Erkenntnisse aus dem NSU-Untersuchungsausschuss womöglich nicht ernst genommen und ist wohl nicht hart genug gegen die rechtsextreme Szene vorgegangen. So konnte es zum Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke kommen. „Innenminister Peter Beuth lässt schon wieder eine transparente Informationspolitik vermissen“, sagt Rock. Warum die Sicherheitsbehörden den mutmaßlichen Mörder Lübckes, Stephan E., als sogenannten abgekühlten Rechtsextremisten eingestuft haben, ist längst noch nicht hinreichend erklärt. Beispiel Umwelt- und Verbraucherschutzministerium: Ein Tiefpunkt im zurückliegenden Jahr war der Skandal um verseuchte Wurst der Firma Wilke. „Verbraucherschutzministerin Priska Hinz von den Grünen schiebt die Schuld anderen in die Schuhe, anstatt zu handeln und die Verantwortung zu übernehmen“, ärgert sich Rock. „Und es ist die gleiche Ministerin, die zugeben muss, die Klimaschutzziele verfehlt zu haben.“ 900 Millionen Euro wurden als Investition in den Klimaschutz angekündigt. Auf Anfrage der Freien Demokraten konnte die Landesregierung aber weder sagen, wie viel CO2 damit eingespart wird, noch welche Ziele sie hat und welche Maßnahmen wirklich etwas bringen. „Das ist erschreckend“, sagt Rock. „Sowohl in Bezug auf die Umstände des Lübcke-Mords als auch im Fall Wilke haben wir Freie Demokraten als Oppositionsfraktion immer wieder nachgefragt und werden das auch weiterhin tun“, sagt der Fraktionschef.

Beispiele mangelnder Fortschritt: „Was die Landesregierung auch ankündigt, sie lässt keine zukunftsorientierte Politik erkennen“, kritisiert Rock. „Das Digitalministerium zum Beispiel produziert Kosten, aber keine Ergebnisse.“ Dieselben Funklöcher bestehen laut Rock seit Jahren, gerade mal drei Funkmasten sollen im laufenden Jahr gefördert werden.“ Bei der Umsetzung des Digitalpakts Schule hinkt Hessen hinterher. „Hier feiert man sich noch dafür, dass Lehrer jetzt E-Mail-Adressen bekommen“, sagt Rock. Ebenso große Sorgen bereitet dem Fraktionsvorsitzenden die Wirtschaftspolitik der schwarz-grünen Landesregierung. „Die Internationale Automobil-Ausstellung droht abzuwandern, in der Automobilindustrie gehen Arbeitsplätze verloren, Start-up-Investitionen fließen an Hessen vorbei, und der Rhein-Main-Flughafen gerät im Vergleich mit dem Hauptkonkurrenten München immer mehr ins Hintertreffen“, bemängelt Rock. „Der Wirtschaftsminister kämpft nicht für den Standort Hessen. Wirtschaftspolitik findet de facto nicht statt.“ Die Landesregierung, so meint Rock, habe „wenig erreicht und noch viel weniger vor“. „Das geht besser“, ist Rock überzeugt und verweist auf die zukunftsorientierte Politik der Freien Demokraten. Schon im ersten Jahr der laufenden Legislaturperiode habe die neu zusammengesetzte, elf Mann und Frau starke Fraktion viel geleistet und viele Ideen eingebracht, sagt Rock. Die Abgeordneten haben sechs Gesetzentwürfe vorgelegt, 252 Kleine Anfragen und 67 Anträge gestellt. Der Fraktionschef erinnert an den Einsatz für eine Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Landtags ebenso wie an die vorgelegten Gesetzentwürfe für verkaufsoffene Sonntage für Einzelhandel und Kommunen, für die Einrichtung eines Landeselternbeirats für Kitas sowie einen Gesetzentwurf für Radschnellwege. „Für Radschnellwege wären die 15 Millionen Euro, die der unsinnige E-Highway auf der A5 bei Darmstadt gekostet hat und den nur wenige Lastwagen nutzen, besser investiert“, meint Rock. Ebenso haben die Freien Demokraten ein Untersuchungsausschuss-Gesetz erarbeitet und unter anderem Initiativen zur Digitalisierung gestartet, zum Beispiel für Open-Data im öffentlichen Nahverkehr, digitale Museen und eine Landesagentur für radikale Innovationen.

Die Digitalisierung wird eines der Kernthemen der Freien Demokraten bleiben, und so stehen auf der Vorhaben-Liste der Fraktion für die kommenden Jahre zum Beispiel Digitalisierungsmanager, die die digitale Transformation in den Kommunen vorantreiben sollen, und die flächendeckende Förderung digitaler Lernwerkstätten, in denen die Kompetenzen von Mitarbeitern mittelständischer Unternehmen wohnortnah gestärkt werden. In Bezug auf die Wirtschaft wollen die Freien Demokraten nicht nur Unternehmensgründer fördern und die digitale Infrastruktur stärken, sondern auch einen Fokus auf Fachkräftesicherung legen. „Außerdem muss der Mittelstand von überflüssiger Bürokratie entlastet werden“, sagt Rock. Dafür streben die Freien Demokraten eine Reform des Vergaberechts an. Im öffentlichen Dienst müsse die Besoldungsstruktur angepasst werden, um ihn für IT-Experten interessanter zu machen. Generell gilt für Rock: „Wer die Wirtschaft links liegen lässt, darf sich über Probleme von rechts nicht wundern.“

CDU wies die Vorwürfe  zurück

Michael Boddenberg, Vorsitzender der hessischen CDU-Landtagsfraktion sagte: „Die schwarz-grüne Landesregierung hat auch im ersten Jahr ihrer Neuauflage erfolgreich und vertrauensvoll zum Wohle Hessens gearbeitet. Die Opposition liefert keinerlei substantielle Vorschläge, sondern nur Standardsätze als Kritik. Das ist selbst für Oppositionsparteien zu wenig. Die Behauptung, die Landesregierung sei nicht hart genug gegen die rechtsextreme Szene vorgegangen, ist angesichts unseres konsequenten Kampfes gegen den Rechtsextremismus völlig abwegig. Die daraus abgeleitete Schlussfolgerung bzgl. des fürchterlichen Mordes an unserem Freund Dr. Walter Lübcke ist darüber hinaus unanständig.“ +++