Nahles kritisiert Kubickis Äußerungen zu Chemnitz

Andrea Nahles (SPD)

SPD-Chefin Andrea Nahles hat FDP-Vize Wolfgang Kubicki für seine Schuldzuweisungen an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für die jüngsten Ausschreitungen in Chemnitz kritisiert. "Das ist der Vizepräsident des Deutschen Bundestages. Ich finde eine solche Äußerung unsäglich", sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch dem Sender RTL. "Er hat sich auch in keiner Weise von dem rechten Mob da distanziert. Das wird sicherlich im Ältestenrat des Deutschen Bundestages von uns zur Sprache gebracht werden. Ich finde das wirklich eine unglaubliche Einlassung eines, wie wir alle wissen, gestandenen Politikers."

Er müsse genau wissen, "dass Frau Merkel mit diesen Vorkommnissen rein gar nichts zu tun hat und dass es in keinster Weise legitim ist, irgendein Ereignis aus 2015, irgendeinen Satz von Frau Merkel als Legitimation für das zu benutzen, was da an Rechtsbrüchen und rechtsextremistischen Exzessen gerade in Chemnitz passiert." Kubicki hatte am Dienstag in einem Zeitungsinterview behauptet, die Wurzeln für die Ausschreitungen in Chemnitz lägen in der Aussage `Wir-schaffen-das` von Merkel. Nahles verurteilte die Ausschreitungen in Chemnitz auf das Schärfste. Ein rassistisch motivierter Mob versuche, "das Recht an sich zu reißen und unseren Rechtsstaat mit Füßen zu treten und sozusagen das Gewaltmonopol des Staates in Frage zu stellen", sagte sie dem Sender RTL. "Ich glaube, dass die Chemnitzer Bürgerinnen und Bürger selber erschrocken sind, genauso wie ich."

Auch mit Blick auf einen geplanten weiteren Aufmarsch in Chemnitz am Samstag, zu dem sich auch der AfD-Politiker Björn Höcke angekündigt hat, forderte die SPD-Chefin ein klares rechtsstaatliches Durchgreifen. Die Polizei müsse "auch mit Hilfe der Bundespolizei entschlossen jetzt auch diesem Unwesen ein Ende bereiten." Es habe da nicht genug entschlossenes Handeln in der Vergangenheit gegeben, meinte Nahles auf die Frage, ob Sachsen ein Problem mit Rechtsextremismus habe. "Ich erlebe immer wieder, dass da auf dem rechten Auge eine gewisse Blindheit existiert. Es ist ja offensichtlich ein Stück weit in dem ganzen institutionellen Gefüge zu finden. Das kann nicht akzeptiert werden, da muss auch der Ministerpräsident entsprechend aktiv werden."

Sachsens AfD-Landeschef kritisiert Berichterstattung über Chemnitz

Sachsens AfD-Landeschef Jörg Urban hat die Berichterstattung über die Ausschreitungen in Chemnitz kritisiert. Im Moment habe man eine Berichterstattung, die versuche, eine große Menge friedlicher Demonstranten mit "den wenigen hundert wirklich Rechtsextremen" zu vermischen, sagte Urban am Mittwoch im Deutschlandfunk. Damit diskreditiere man den berechtigten bürgerlichen Protest, so der AfD-Landeschef. "Wir wollen nicht, dass die Diskussion über Rechtsextremismus überschattet, dass wir ein starkes Anwachsen von Migranten-Kriminalität haben". Die Menschen gingen auf die Straße, weil sie mit den Zuständen, die die Migration verursache, unzufrieden seien, sagte Urban. "Ein Familienvater wurde abgestochen von einem Migranten, der bei uns als Schutzsuchender ist." Was in Chemnitz passiert sei, sei ein Herbeischreiben von Extremismus und Pogromen, so der AfD-Landesvorsitzende.

Hofreiter fordert nach Haftbefehl-Veröffentlichung Aufklärung

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat nach der Verbreitung des Haftbefehls eines Tatverdächtigen des Chemnitzer Tötungsdelikts Aufklärung gefordert. "Hier müssen auch die Sicherheitsbehörden und die Justiz genau unter die Lupe genommen werden", sagte Hofreiter der "Berliner Zeitung". Dass es bei sächsischen Behörden und Justiz in Teilen eine Nähe zum rechten Lager gebe, sei seit Langem bekannt und nicht hinnehmbar. "Unternommen hat die sächsische Landesregierung hier viel zu lange nichts. Das muss sich dringend ändern." Auch die Bundesregierung und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) forderte Hofreiter zum Handeln auf. "Die Vorfälle in Sachsen häufen sich derart, dass auch die Bundesregierung in der Verantwortung steht, das Problem des Rechtsextremismus endlich anzupacken." Seehofer müsse die "rechtsextremen Auswüchse" ernst nehmen und die Demokratie gegen rechts verteidigen. "CDU und CSU dürfen nicht länger rechte Brandstifter und Strukturen als Randprobleme abtun."

Chemnitzer Polizei bereitet sich auf Großdemo vor

Die Polizei in Chemnitz bereitet sich auf die angekündigte Demo am Donnerstag vor und will diesmal ausreichend gerüstet sein. Neben der sächsischen Bereitschaftspolizei gebe es auch Unterstützung der Polizei aus Bayern, Berlin, Hessen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und von der Bundespolizei, teilten die Beamten am Mittwoch mit. Bereits ab Donnerstagnachmittag sei mit Einschränkungen und Behinderungen im Bereich des Stadions zu rechnen. Dort will Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) am Donnerstagabend das sogenannte "Sachsengespräch" durchführen, eine Bürgersprechstunde, mit der Kretschmer zuvor schon in in allen Landkreisen Sachsens unterwegs war. "Gemeinsam mit Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig lädt der Ministerpräsident alle Bürgerinnen und Bürger dazu ein, am offenen Ideen- und Gedankenaustausch im Stadion Chemnitz teilzunehmen", heißt es in der Einladung. Erwartet wird, dass mindestens mehrere Hundert, womöglich aber tausende linke und rechte Demonstranten vor dem Stadion aufeinandertreffen. Hintergrund ist ein Vorfall auf dem Chemnitzer Stadtfest am vergangenen Wochenende, bei dem ein 35-Jähriger erstochen und zwei weitere Männer im Alter von 33 und 38 Jahren schwer verletzt worden waren. Die genauen Umstände sind weiter unklar.  +++


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