Nach „Wirtschaftsgipfel“: Altmaier will Hilfskriterien ändern

Mittelstand verlangt mehr Beachtung vom Wirtschaftsminister

Peter Altmaier (CDU)
Peter Altmaier (CDU)

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat nach dem Gipfel mit 40 Vertretern unterschiedlichster Branchen in Aussicht gestellt, dass die Kriterien für die Beantragung von Hilfen erleichtert werden. Dies werde in den nächsten Tagen besprochen, sagte Altmaier am Dienstag. Bei der Überbrückungshilfe III soll zudem die bisherige Umsatzgrenze von 750 Millionen Euro gestrichen werden. Neben Soloselbständigen, Freiberuflern sowie gemeinnützige Unternehmen und Organisationen, dürften nun alle Unternehmen, also auch größere Konzerne, die zwischen November 2020 und Juni 2021 Umsatzeinbußen von mindestens 30 Prozent verzeichnen, Fixkostenzuschüsse erhalten.

Die November- und Dezemberhilfen sollen zudem durch ein weiteres Konstrukt ergänzt werden, einen sogenannten „Härtefallfonds“. Damit könnten die Länder in Einzelfällen Hilfe gewähren, auch wenn die Kriterien eigentlich nicht erreicht würden. Altmaier hatte sich am Dienstag zweieinhalb Stunden lang mi t Wirtschaftsvertretern per Videochat unterhalten. Die Ungewissheit über die zukünftige Entwicklung sei das größte Problem der Unternehmen, sagte Altmaier. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums vom Dienstag wurden seit Beginn der Coronakrise insgesamt über 80 Milliarden Euro an Hilfen für die Wirtschaft bewilligt. Hinzu kommt das Kurzarbeitergeld im Umfang von rund 23 Milliarden Euro. Von den November- und Dezemberhilfen wurden allerdings nur rund 6,1 Milliarden Euro ausgezahlt, weit weniger als ursprünglich eingeplant, aber immerhin eine Milliarde mehr als vor einer Woche. Sieben Prozent der Abschlagszahlungen wurden noch immer nicht geleistet. Für die Überbrückungshilfe III wurden seit 11. Februar 37,2 Millionen Euro ausgezahlt 4.208 Anträge wurden gestellt.

Mittelstand verlangt mehr Beachtung vom Wirtschaftsminister

Der Verbandsvorsitzende des Mittelstandsverbands hat den Online-Gipfel mit Peter Altmaier als „ersten Schritt in die richtige Richtung“ bezeichnet. „Das Tempo, das Herr Altmaier heute vorgelegt hat, würde ich mir für die Impfgeschwindigkeit in Deutschland wünschen“, sagte der Bundesgeschäftsführer des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Markus Jerger, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Der Bundeswirtschaftsminister hätte sich allerdings deutlich mehr Zeit für den Mittelstand nehmen müssen. Es geht um nichts weniger als die Existenz von zehntausenden Unternehmen und Selbstständigen.“ Konkret hatte der Mittelstand vier Forderungen an Altmaier gestellt: „Wir brauchen eine Task Force zur Entbürokratisierung des Antragsverfahrens für die Corona-Hilfen“, sagte Jerger. Die Insolvenz-Antragsfrist müsste bis zum 31. August verlängert werden. Zudem sollten die Steuervorauszahlungen der Betriebe für die Dauer der Pandemie a usgesetzt werden. Darüber hinaus müssten sofort Abschlagszahlungen bei den Hilfen möglich sein. „Wir hoffen sehr, dass sich Altmaier diesmal bei seinen Kabinettskollegen durchsetzen kann. Das nächste Treffen dieser Art sollte ohnehin ein Mittelstandsgipfel bei der Bundeskanzlerin sein“, sagte Jerger.

Linke und FDP kritisieren Ergebnisse des „Wirtschaftsgipfels“

Nach dem „Wirtschaftsgipfel“ zwischen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und 40 Vertretern von Unternehmensverbänden haben FDP und Linke scharfe Kritik an Altmaier geäußert. „Noch immer fehlen rund 40 Prozent der November- und Dezemberhilfen. Wer schließt, muss sofort helfen, nicht erst nach Monaten. Daran ist Bundeswirtschaftsminister Altmaier grandios gescheitert“, sagte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Mittwochausgaben). Die schleppenden Hilfen riskierten eine historische Pleitewelle. „Dass die Januar-Hilfen erst seit sechs Tagen beantragt werden können, ist viel zu langsam und ein Schlag ins Gesicht hunderttausender Selbstständiger“, fügte Bartsch hinzu. FDP-Vize Wolfgang Kubicki sieht den Bundeswirtschaftsminister als Fehlbesetzung. „Es wirkt, als wäre Peter Altmaier von den Geschehnissen nur noch getrieben. Seine katastrophalen Fehler bei der Auszahlung staatlicher Hilfen sind nach über einem  Jahr Pandemie keine lässliche Sünde mehr, sondern ein Versagen, für das er verantwortlich ist“, sagte Kubicki den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwochausgaben). „Es wäre im Nachhinein wohl besser gewesen, hätte die Kanzlerin das Angebot von Friedrich Merz angenommen, Altmaiers Platz einzunehmen. Schlechter als Altmaier hätte er es auch nicht machen können.“ Es bleibe unklar, was die Schalte des Wirtschaftsministers mit den Wirtschaftsverbänden an neuen Erkenntnissen gebracht habe, fügte Kubicki hinzu. „Denn die jetzt groß angekündigte Öffnungsperspektive sollte schon lange vorliegen.“ +++