SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich zweifelt angesichts des Ukraine-Krieges am Verstand von Russlands Präsident Wladimir Putin. „Er handelt komplett irrational und schadet seinem eigenen Land. Ich bezweifele mittlerweile, dass er die Zeichen noch klar erkennen kann“, sagte Mützenich der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. So werde der Krieg zur Folge haben, dass Russland „energiepolitisch verzwerge“, weil sich die Europäer nun schnellstmöglich andere Quellen für Gas und Öl erschließen würden.
Zugleich wies der Sozialdemokrat den Vorwurf zurück, die SPD und die Bundesregierung seien gegenüber Putin zu gutgläubig gewesen. Naiv sei man „mit Sicherheit nicht“ gewesen, sagte der Außenpolitiker der NOZ. Aber „es bleibt zu konstatieren, dass wir uns in Putin getäuscht und ihn für einen rationalen Akteur gehalten haben“. Mit dessen Überfall auf die Ukraine habe Putin das Ziel einer gemeinsamen Sicherheitsordnung für Europa „zertrümmert“, beklagte der SPD-Politiker. „Nun müssen wir alles daransetzen, eine noch weitergehende militärische Eskalation zu verhindern und die ukrainische Bevölkerung so gut wie irgend möglich zu schützen“, sagte Mützenich der NOZ. Er sieht zudem die Gefahr russischer Angriffe auf weitere frühere Sowjetrepubliken. „Putin spricht davon, russische Seelen
zu sammeln, all jene zu vereinen, die russisch denken
. Es geht also bei Weitem nicht nur um Europa“, sagte Mützenich der NOZ. „All den früheren Sowjetrepubliken wird in diesen Stunden klar, wozu Putin fähig ist, wenn er behauptet, dass auch russischsprachige Minderheiten in anderen Ländern als Russland bedroht seien.“ Entscheidend werde sein, dass sich die Nachfolgestaaten der Sowjetunion mit russischen Minderheiten Putin entgegenstellten, so Mützenich weiter. „Und der UN-Sicherheitsrat muss sich konsequent einschalten. Er ist das Gremium, das nach dem Zweiten Weltkrieg zur Wahrung des Friedens geschaffen worden ist.“ Der Sicherheitsrat müsse sofort klarstellen, „dass s ich der russische Staat durch seinen Angriffskrieg endgültig von den Werten der internationalen Staatengemeinschaft verabschiedet hat“.
Krieg in der Ukraine geht weiter
Der Krieg in der Ukraine ist weiter in vollem Gange. Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko verschärfte am Samstag die Ausgangssperre in der ukrainischen Hauptstadt. „Zur effektiveren Verteidigung der Hauptstadt und der Sicherheit ihrer Einwohner gilt die Ausgangssperre ab heute, dem 26. Februar 2022, von 17:00 bis 08:00 Uhr“, schrieb er auf Telegram. „Eine solche Ausgangssperre wird bis zum Morgen des 28. Februar eingeführt“, so der Bürgermeister. Die Stadt Kiew warnte zudem: „Alle Zivilisten, die sich während der Ausgangssperre auf der Straße aufhalten, gelten als Mitglieder der Sabotage- und Aufklärungsgruppen des Feindes.“ Klitschko rief dazu auf, Verständnis für die Situation zu haben und nicht auszugehen. Am Samstagmorgen war in Kiew unter anderem ein Hochhaus mit Wohnungen von einer Rakete getroffen worden. Die Ukraine und Russland beschuldigten sich gegenseitig, dafür verantwortlich gewesen zu sein. Angeblich soll es bei dem Anschlag wie durch ei n Wunder nur sechs Verletzte gegeben haben. In Sachen Friedensverhandlungen scheint es unterdessen nicht voranzugehen: Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wird von der russischen Nachrichtenagentur Interfax zitiert, dass die Ukraine Friedensverhandlungen ablehne. „Da sich die ukrainische Seite tatsächlich weigerte, zu verhandeln, wurde der Vormarsch der wichtigsten russischen Streitkräfte heute Nachmittag gemäß dem Plan der Operation wieder aufgenommen“, sagte er demnach. Peskow sagte auch, dass der Vormarsch der Truppen am Tag zuvor auf Befehl des Obersten Befehlshabers in Erwartung von Verhandlungen ausgesetzt worden sei. Von der Ukraine gab es zu alledem zunächst kein Statement. +++