Mühr: Bürgerschaft nicht zum Gegner machen

Fulda. Die Bundesregierung möchte mittels eines groß angelegten Bürgerdialoges besser auf die Wünsche und Befindlichkeiten der Menschen in Deutschland eingehen. Dazu veranstaltet sie bundesweit Aktionen, Events und Workshops, um mit Bürgern ins Gespräch zu kommen. Im Internet werden deren Ideen, Wünsche und Vorschläge diskutiert, bewertet und sollen in einen Aktionsplan festgeschrieben werden.

Unter dem Motto „Gut leben in Deutschland – Was uns wichtig ist“ sind in den kommenden Monaten mehr als 100 Veranstaltungen mit den Bürgern geplant. Darüber hinaus fordern Experten noch mehr konkrete Beteiligungsmöglichkeiten. „Viele fühlen Ohnmacht und Apathie“, beklagt der Politikwissenschaftler Leonard Novy.

Die Kampagne ist als Antwort darauf zu verstehen, dass viele Menschen der Politik misstrauen. Und mit steigender Unzufriedenheit im Land, sinkt die Wahlbeteiligung und mit ihr die politische Legitimation der Volksvertreter. Der Pöbel fremdelt mit der Politik, weil er sie nicht mehr versteht und die Demokratie leidet.

„Tatsächlich sind die Dinge immer komplizierter und komplexer geworden, auch kommunal. Da, wo es selbst informierten Stadtverordneten zunehmend schwer fällt, Zusammenhänge, Details und Hintergründe in Gänze zu verstehen, könnte der Bürger quasi als „Publikumsjoker“ fungieren. Er ist definitiv dazu bereit“, meint Mühr, der selbst seit Jahren ehrenamtlich Stadtverordneter in Fulda ist.

Die Bürgergesellschaft hat mehr zu bieten, und kann mehr zur Verbesserung der Lebensqualität in Fulda beitragen, als die meisten wohl zu denken vermögen. Eine aktive Stadtgesellschaft kann nur im kooperativen Miteinander von Politik und Einwohnern entstehen, glaubt Mühr.

Die schafsmäßige Duldsamkeit der Deutschen scheint nunmehr ein Ende zu haben. Der zunehmende Widerstand gegen getroffene politische Entscheidungen zeigt, dass die Bürgerschaft immer weniger bereit ist, die Dinge einfach so hinzunehmen. Sie organisieren sich in Bürgerinitiativen, nehmen die Dinge selbst in die Hand und fordern immer mehr Mitsprache.“

„Wenn die Politik schlau ist, macht sie sich diesen Aktionismus, Aktivismus und das Engagement dieser Menschen zu nutze. Dazu muss sie allerdings erst mal den Bürgerwillen einfangen und ihn nutzbar machen“, erklärt der Stadtverordnete. +++ fuldainfo