Milchquotenende – BDM: Eine Zeit der verpassten Chancen

Berlin. Der 2003 gefasste politische Beschluss, die seit 1984 bestehende Milchquotenregelung letztmals bis 2015 zu verlängern, ist für die EU-Milchviehhalter von enormer Tragweite. Ab jetzt können die Milchviehhalter ihre Betriebe erweitern, ohne für die Ausweitung der Milchproduktion zusätzliche Milchquoten kaufen zu müssen. „12 Jahre Zeit haben die politischen Entscheidungsträger mit Endlosdebatten verstreichen lassen und dabei versäumt, ein effizientes Sicherheitsnetz für den EU-Milchmarkt zu installieren. Man baut weiter auf die Staatliche Intervention und Private Lagerhaltung und manchmal spricht der ein oder andere Agrarpolitiker sogar schon wieder von Exporterstattungen“, kritisiert BDM-Vorsitzender Romuald Schaber. „Alles Instrumente von vorgestern!“ Diese haben weder in den Milchkrisen 2009, 2012 noch in 2014/15 Milchgeldverluste in zweistelliger Milliardenhöhe verhindern können und werden es auch zukünftig nicht können, davon ist Schaber überzeugt.

Ohne die zahlreichen Protestaktionen der Milchviehhalter wäre nicht einmal das EU-Milchpaket mit den Möglichkeiten zur Bündelung der Milchviehhalter auf den Weg gebracht und umgesetzt worden. Ein wichtiger Bestandteil des EU-Milchpakets, nämlich vor Lieferung der Milch an die Molkereiwirtschaft Preis und Menge fest zu vereinbaren, wurde in Deutschland nicht umgesetzt. „Wieder einmal hat die Politik auf die Vertreter der Molkereiwirtschaft gehört und dabei Chancen, einen Markt um Milch vor den Molkereien entstehen zu lassen, fahrlässig vertan“, wirft Schaber den dafür verantwortlichen Politikern vor.

In ihrer Laufzeit konnte die Milchquote wenigstens zweimal beweisen, dass sie zur Marktstabilisierung und damit zur Verbesserung der Marktpreise hätte funktionieren können. Nach dem Abbau der Butterberge und Milchseen Ende der Achtziger Jahre erreichte man ein Milchpreisniveau, mit dem eine wirtschaftlich nachhaltige Entwicklung der Milchviehbetriebe möglich gewesen wäre. Und auch in den vergangenen Monaten konnte sie ihre Wirkkraft unter Beweis stellen. Die Milchanlieferungen in einigen EU-Mitgliedsländern, darunter vor allem auch in Deutschland, sanken aufgrund der anfallenden Superabgabe für Überlieferungen unter die Vorjahreslinie. Sofort konnte sich der Milchmarkt erholen, die Preise für Butter, Milchpulver und Käse verbesserten sich deutlich. „Meist wurde aber alles Mögliche getan, um die Milchquotenregelung auszuhöhlen und damit in ihrer Wirkung stark einzuschränken. Die Quotenmengen wurden unabhängig von der Marktlage in mehreren Schritten erhöht, Verrechnungsmöglichkeiten von Quotenüber- und -unterlieferung wurden geschaffen und damit der Spekulation Tür und Tor geöffnet“, bilanziert Schaber.

Mit Blick nach vorne bekräftigt der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM noch einmal seine seit über einem Jahr immer wieder gestellte Forderung, umgehend ein effizientes Sicherheitsnetz für den EU-Milchmarkt zu installieren. Dazu bedarf es einer Art Werkzeugkasten, der sowohl aus den bisherigen Instrumenten besteht, aber erweitert wird um ein Frühwarnsystem für den globalen Milchmarkt sowie der Möglichkeit, in Marktkrisenzeiten die EU-Milchanlieferung zeitlich befristet zu deckeln. Weiter könnte die Möglichkeit geschaffen werden, mit einem Anreizsystem die Milchanlieferung ebenfalls zeitlich befristet zurückzunehmen. „Die finanziellen Mittel dafür sind vorhanden, die von den Milchviehhaltern für die Überlieferungen in den letzten beiden Milchwirtschaftsjahren einbehaltenen Superabgaben dürfen nur für solche Marktmaßnahmen verwendet werden“, fordert Schaber von der Politik.

Daneben muss alles dafür getan werden, die Marktstellung der Milchviehhalter zu verbessern. In ihrer Sektoruntersuchung Milch stellte das Bundeskartellamt ein starkes Marktmachtgefälle zu Ungunsten der Milchviehhalter fest, gerade in den genossenschaftlich organisierten Molkereien. „Nach wie vor ignorieren viele Politiker diese Erkenntnis des Bundeskartellamts“, so Schaber. „Wir werden es nicht akzeptieren, dass man sich derart blind stellt und so viele Chancen verstreichen lässt, den Milchmarkt auch für die Milchviehhalter zukunftsfähig zu gestalten. Wir haben unzählige Gespräche und Diskussionen geführt, um auf diese Tatsachen hinzuweisen und werden sehr genau registrieren, wer seinem Lippenbekenntnis, sich für die Milchviehhalter einsetzen zu wollen, tatsächlich Taten folgen lässt.“ +++ fuldainfo