Mieterbund wirft Bundesregierung Versagen vor

Bundesländer profitieren massiv vom Immobilienboom

Wohnblock

Angesichts des Frühjahresgutachtens der „Immobilienweisen“, wonach Mieten und Immobilienpreise auf ein Rekordniveau geklettert sind, hat der Deutsche Mieterbund (DMB) der Bundesregierung Versagen vorgeworfen: „Das Baukindergeld hat sich als wohnungspolitisch wirkungslos entpuppt. Nicht der Wohnungsneubau, sondern der Kauf von Immobilien wird befeuert und treibt die Preise in die Höhe“, sagte DMB-Bundesdirektor Lukas Siebenkotten der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Hinzu kommt, dass die Mietpreisbremse nicht wie erhofft wirkt: Modernisierungsumlagen führen weiter zu drastischen Mietsteigerungen und Mieten in bestehenden Mietverhältnissen steigen immer schneller.“

Der DMB forderte einen Politik-Neustart: „Wir brauchen jetzt eine Wohnungsbauoffensive für bezahlbare Wohnungen und Mietrechtsänderungen, die den Mietenanstieg wirksam verhindern“, sagte Siebenkotten. „Dazu gehört eine wirksame bundesweit geltende Mietpreisbremse, ohne Ausnah men und mit Sanktionen für Vermieter, die sich nicht an das Gesetz halten.“ Notwendig seien überdies „eine deutliche Absenkung von Modernisierungsmieterhöhungen sowie eine Regelung, dass die Mieten innerhalb von drei Jahren höchstens um sechs beziehungsweise zehn Prozent steigen dürfen“, sagte Siebenkotten. Ferner pochte der DMB auf eine „Verlängerung des Betrachtungszeitraums bei der ortsüblichen Vergleichsmiete auf zum Beispiel zehn Jahre“. Das Frühjahresgutachten zeigt aus Sicht des DMB-Bundesdirektors ein verheerendes Bild: „Nicht nur in den Großstädten und Ballungszentren, auch in den Umlandgemeinden wird das Wohnen immer teurer“, konstatierte Siebenkotten. Die Wohnungsneubauzahlen blieben weit hinter dem Bedarf zurück. „Bezahlbare Mietwohnungen oder Sozialmietwohnungen werden viel zu wenige neu gebaut“, sagte er.

Bundesländer profitieren massiv vom Immobilienboom

Die Bundesländer profitieren massiv vom Immobilienboom in Deutschland. Die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer haben sich zwischen 2010 und 2018 fast verdreifacht, berichtet das Wirtschaftsmagazin „Capital“ (Ausgabe 3/2019) nach einer Befragung der 16 Länderfinanzministerien. Demnach lag das Gesamtaufkommen aus der Steuer im vergangenen Jahr bei 14,1 Milliarden Euro. Acht Jahre zuvor waren es lediglich 5,3 Milliarden Euro. Den größten Einnahmesprung in absoluten Zahlen verzeichneten dabei Nordrhein-Westfalen (plus 2,2 Milliarden Euro), Hessen und Baden-Württemberg (jeweils plus 1,1 Milliarden Euro), Bayern (plus 0,9 Milliarden Euro) sowie Berlin (plus 0,7 Milliarden Euro). Aber auch finanzschwächere Länder kassierten laut „Capital“ deutlich mehr: Die höchsten Zuwachsraten gab es in diesem Zeitraum in Brandenburg (plus 380 Prozent), dem Saarland (plus 320 Prozent), Hessen (plus 290 Prozent) und Thüringen (plus 250 Prozent). Der Anstieg in allen 16 Län dern spiegelt zum einen den Boom bei den Immobilienpreisen und Immobilienverkäufen. Die Grunderwerbsteuer fällt beim Kauf von Grundstücken, Häusern und Wohnungen an. Zum anderen haben fast alle Länder den Steuersatz nach oben geschraubt, seit sie 2006 im Zuge der Föderalismusreform die Befugnis erhielten, eigene Sätze festzusetzen. Während bis 2006 bundesweit 3,5 Prozent fällig wurden, sind es heute bis zu 6,5 Prozent. Nur in Bayern und Sachsen liegt der Satz noch bei 3,5 Prozent. Für die Länder ist die Grunderwerbsteuer eine ihrer wichtigsten eigenen Einnahmequellen – in einigen deckt sie mehr als fünf Prozent des Haushalts ab. Auf Nachfrage des Wirtschaftsmagazins gab keine der Landesregierungen an, über eine generelle Senkung des Steuersatzes nachzudenken, um Immobilienkäufer bei den Nebenkosten zu entlasten. Das nordrhein-westfälische Finanzministerium verwies auf eine Bundesratsinitiative zur Einführung von Freibeträgen, die es insbesondere jungen Familien und Geringverdienern ermöglichen soll, ein Grundstück ohne oder mit nur geringer Grunderwerbsteuer zu kaufen. Auch Bayerns Staatsregierung sprach sich für Erleichterungen für Ersterwerber von selbst genutztem Wohneigentum aus. Bislang hat der Bundesrat allerdings noch keinen Beschluss gefasst. +++