Michael Wingenfeld zapft das Herz des Hünfelder SV an

Michael Wingenfeld. Fotos: Siegmar Larbig

Ist Vereinsarbeit beim Hünfelder SV ohne Michael Wingenfeld vorstellbar? Die Antwort lautet: nein. Der 53-Jährige ist in der Rhönkampfbahn präsent wie kein anderer. „Koordinator Fußball“ heißt sein offizieller Posten oder seine Stellenbeschreibung. Sein Aufgabenfeld aber ist weitaus umfassender, vielfältiger und komplexer. „Wie so‘n Hausmeister“, sagt seine Ehefrau Patricia; beide schätzen und lieben sich seit 37 Jahren, seit 27 Jahren sind sie verheiratet. Letztgenannte Charakterisierung ist gar nicht so schlecht und trifft das „Rundum-Programm“ ganz gut. Rhönkampfbahn ohne „Winges“, wie er von allen genannt wird, das gibt‘s nicht.

Am Laufen halten, Veränderung, Weiterentwicklung

Johannes Helmke, Trainer von Hünfelds Hessenliga-Fußballern, bringt es auf den Punkt. „Ein Tausendsassa, der die Rhönkampfbahn am Laufen hält, sie verändert und weiterentwickelt. Zum Positiven.“ Ob Grillhütte, Werbebanden, Bewirtung oder Platz - das alles muss ordentlich sein - und dank Winges ist dies auch so. Ob nun das schmucke, verdienstvolle und nach Arbeit riechende Etikett „Herr der Rhönkampfbahn“ - da möchte sich Helmke, der von Winges auch schon mal im eigenen Garten Hilfe bekam, nicht festlegen. „Er bringt vieles nach vorn in der Rhönkampfbahn. Dass es besser wird“, weiß der Coach. Winges‘ Projekte kommen voran. Viele helfende Hände gibt es übrigens beim HSV, bei dem die Außendarstellung stimmt und innerhalb dessen es so manch erfolgreiche, lebhafte und florierende Abteilung gibt; ob es nun neben den Fußballern die stellvertretend genannten Leichtathleten, Volleyballer, Handballer oder Tischtennisspieler sind.

Als Ausschnitt nehmen wir doch Winges‘ Arbeit und Einstellung an einem Heimspiel des Fußball-Hessenliga-Teams. Nicht aber, dass Ihnen schwindelig wird, wenn Sie dies gelesen haben - oder Sie mit „Mädchen für alles“ kommen; das trifft es nicht, ist eine Spur abwertend und respektlos. „Ich bin dreimal an diesem Tag am Sportplatz“, sagt er fast lapidar; los geht es um Viertel nach Acht. Und der erste Teil der Vorbereitung dauert bis halb Zwölf an. Winges spult sein Programm ab, und dazu zählen: „Werbung rausstellen. Kaffeemaschine fertigmachen. Tische stellen. Halt gucken, ob in der Küche alles in Ordnung ist.“ Gefrühstückt? Das hat er noch nicht. Ab heim - und um halb Eins geht‘s weiter. Winges fährt wieder zum Sportplatz. „Nachdem ich die Würstchen geholt hab‘, stelle ich den Schiedsrichtern die Platten hin; auch eine vegane ist dabei. Ich bereite den Kiosk vor für den Verkauf. Die Bestückung mach‘ ich.“ Einen Wunsch hat er, und das müsste doch mal zu machen sein. „Einmal ein Spiel über 90 Minuten, das sehe ich nicht. Das will ich schon auch mal erleben.“ Dafür nimmt er wieder im Hamsterrad Platz. „Nach dem Spiel geht die Arbeit von vorn los. Alles, was in der Kneipe zu machen ist. Um halb Zehn Uhr abends trinke ich dann mal ein Bier. Manchmal auch um 9.“

Aktuell verwaltet er die Kneipe. Und dies schon im dritten Jahr. „Das beschäftigt mich so, dass ich Mario gesagt hab‘: Mehr geht nicht. Jetzt ist Schluss.“ Mit Mario ist natürlich Mario Rohde gemeint, seit wenigen Tagen 1. Vorsitzender des Hünfelder SV; Rohde, bisheriger Abteilungsleiter, beerbte Lothar Mihm, durch Arbeit und Solidität ebenfalls ein Gesicht des HSV; Mihm war und ist Winges stets ein verlässlicher Helfer. Der, der das Licht ausmacht in der Kneipe, ist Winges nicht. Das ist meist „Käthe“, wie sie von allen genannt wird. Gemeint ist die 36-jährige Katharina Sippel - eine wichtige Stütze für Winges und mit ordentlich Fußball-Hintergrundwissen ausgestattet.

Klar: Sein persönlicher Werdegang überschneidet sich oft mit dem im Verein. 2009 war es, als er am Hünfelder SV roch. Als Jugendtrainer. Winges übernahm die Bambini-Mannschaft, in der sein Sohn Finn kickte. Fünf Jahre blieb er den Jüngsten aller Fußballer erhalten - ehe er im Nachwuchsbereich maßgeblich am Übergang vom HSV hin zum JFV Hünfelder Land beteiligt war. Der HSVler Uwe Schaake war Gründungsmitglied, Winges Jugendkoordinator im neuen Verein. Er kümmerte sich um alles. Winges eben. Mit seinem Einfluss und Zutun gab es wieder eigene Turniere in der Rhönkampfbahn zu sehen. Er holte auch DFB-Mobil nach Hünfeld. Mehr noch: Winges lockte das Ferien-Fußballcamp des FC Ingolstadt - bekannt auch als „Audi-Schanzer-Fußballschule“ in die Rhönkampfbahn. „Jochi“ Hess etikettierte es in der vergangenen Woche während der Jahreshauptversammlung als „sein Baby“ - und das war es auch. „Das war eine schöne Zeit“, sagt Winges heute schwärmerisch. Und er füllte sie mit Leben. 2016 rief er das Camp ins Leben, jeweils in der ersten Ferienwoche findet es statt. Es war wieder Leben auf der Rhönkampfbahn im Nachwuchsbereich. Winges organisierte alles - nicht zuletzt das Essen für die Trainer aus Ingolstadt. So ist er eben.

Eine weitere Episode ziert seine Vita. Winges holte einst den Danone-Cup nach Hünfeld, eines der größten internationalen Turniere für die E-Junioren. Wieder einmal kümmerte er sich um alles, von den Imbissständen bis hin zu den Übernachtungsmöglichkeiten. Er fügt aber auch das an, was viele kennen: „Ich stand immer alleine da. 2017 zog es ihn vom JFV Hünfelder Land in den Männerbereich des HSV. „Von den kleinen zu den großen Kindern“, wie er selbst etwas süffisant sagt. „Ich bin in der Jugend schon aufgegangen, aber irgendwann war die Zeit vorüber.“ Neun Jahre war Michael Wingenfeld im Kreisjugendausschuss Lauterbach-Hünfeld tätig. Mehrere Jahre war er Klassenleiter der Bambini. Noch heute organisiert er Hallenturniere. Seit 35 Jahren ist er Mitglied und Fan des FC Bayern. „Ich war überall in Europa“, sprudelt es aus ihm heraus. Kopenhagen. Nottingham. Paris. Wieder kramt er eine Anekdote hervor. „Mittwochs war ich mit den Bayern zum Spiel in Nottingham. Einen Tag später kam ich heim. Am Freitagmorgen hab‘ ich mich wieder ins Auto gesetzt und zu den Bayern gefahren.“ Der kommerziell ins Kraut schießende Fußball ist heute nicht mehr seine Welt, mitunter gigantische Ablösesummen kann er, wie so viele andere auch, nicht mehr nachvollziehen. Da zieht es ihn heute lieber wieder in die Rhönkampfbahn: Da hat sein Hünfelder SV im letzten Spiel der Hessenliga-Saison den SV Weidenhausen zu Gast, Anstoß ist um 15 Uhr. Das ist die Heimat des Michael Wingenfeld.

Im zweiten Teil des Porträts über Winges lesen Sie Bemerkungen zu seiner kurzen Laufbahn als Aktiver, wie er die legendäre Holztribüne des Kunstrasenplatzes mit dem Aufwand von 220 Stunden renovierte, sein Geschick auch in handwerklichen Tätigkeiten, was es mit dem Kürzel „DLW“ auf sich hat - und die schätzenden Worte des aktuellen 1. Vorsitzenden Mario Rohde. +++ rl.


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1 Kommentar

  1. Hat mich gerade eben angerufen und gefragt, ob ich eventuell Pfingstmontag Zeit zum Grillen habe. Kann sein, dass Hünfeld ein Relegationsspiel bekommt, das auf neutralem Platz stattfindet. Das ist Winges.

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