Merkel weiß, bei Putin geht es nur mit Ausdauer

Das Prinzip Augenhöhe muss gelten

Angela Merkel (CDU)
Angela Merkel (CDU)

Berlin. In den Beziehungen zwischen Russland und dem Westen herrscht unerwarteter Stillstand. Unerwartet deshalb, weil viele Beobachter nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten mit einem Neustart gerechnet hatten. Inzwischen aber ist auch Trump auf dem Boden der russischen Realität angelangt, auf dem sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) politisch seit Langem bewegt, wie auch am Dienstag deutlich wurde.

Routiniert absolvierte die deutsche Regierungschefin ihr Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin. Der Besuch hätte angesichts der Kriege in Syrien und der Ukraine weit von jeder Normalität entfernt sein müssen. Aber die Kanzlerin weiß, dass sie bei Putin nur mit Ausdauer zum Ziel kommen kann. Also bohrt sie dicke Bretter. Langfristig kann es nur darum gehen, einen echten Wandel in Russland zu befördern, der durchaus nicht undenkbar ist. Das zeigen die Proteste der jungen Leute, die seit Wochen auf die Straße gehen. „Befördern“ darf dabei aber nicht heißen: aktiv eingreifen. Denn zur russischen Realität zählt vor allem die Verachtung für jegliche Veränderungsdoktrin westlichen Typs, die sich mit dem Begriff „Regimewechsel“ verbindet.

Eine große Mehrheit der Russen begreift sich als Opfer einer solchen Strategie, die den Niedergang Russlands unter Boris Jelzin bewirkt habe. Die finsteren 90er-Jahre haben sich so tief in das kollektive Gedächtnis der Nation eingeschrieben, dass es ohne einen ehrlichen Versuch, Weltpolitik auf Augenhöhe mit dem Kreml zu betreiben, nicht funktionieren kann. Merkel hat das begriffen, und deshalb geht sie immer wieder auf Putin zu. Das liefert keine wahlkampftauglichen Nachrichten, aber es ist richtig, so die Lausitzer Rundschau. +++