Merkel sagt nach Gewalttat von Hanau Termine ab

Terror-Experte sieht Zusammenhang mit Reichsbürger-Szene

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Angela Merkel (CDU).

Nach der tödlichen Gewalttat im hessischen Hanau hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine geplante Reise zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina in Halle (Saale) abgesagt. Staatsminister Hendrik Hoppenstedt werde sie vertreten, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Donnerstagvormittag mit. Die Bundeskanzlerin lasse sich unterdessen fortlaufend über den Stand der Ermittlungen in Hanau unterrichten, fügte Seibert hinzu. Ursprünglich sollte Merkel bei der Amtsübergabe des Präsidenten der Leopoldina die Festrede halten. Bei der Gewalttat in Hanau waren am Mittwochabend insgesamt elf Personen ums Leben gekommen. Neun Personen starben durch Schüsse an zwei Tatorten – offenbar zwei Shisha-Bars. An einer Wohnanschrift im Stadtteil Kesselstadt wurden später zwei weitere Leichen entdeckt – darunter auch der mutmaßliche Täter.

Terror-Experte sieht Zusammenhang mit Reichsbürger-Szene

Der Terrorismus-Experte Peter Neumann geht davon aus, dass der Täter hinter der offenbar rechtsradikalen Gewalttat von Hanau aus der Reichsbürger-Szene stammt. „Es weist viel auf die Reichsbürgerbewegung hin“, sagte Neumann in einer Livesendung der „Bild“ und verwies auf Bemerkungen zu Geheimdiensten und Gehirn-Manipulation im Bekennerschreiben des vermeintlichen Täters sowie auf „teilweise widersprüchliche Verschwörungstheorien“. Mit Blick auf das schriftliche Dokument stellte Neumann außerdem fest: „Ich würde das Schreiben als Manifest beschreiben. Es ist 24 Seiten lang, es ist sehr wirr in Strecken, es werden viele Verschwörungstheorien artikuliert. Aber das was politisch drin ist, das ist vor allem rechts. Das dürfte uns eigentlich auch nicht überraschen, dieses Muster haben wir in der Vergangenheit, zum Beispiel in Halle, gesehen aber auch im Ausland – El Paso, in Neuseeland, in anderen Orten – wo sich Menschen aus dem Internet eine Ideologie zusammengebastelt haben.“ Große Bedeutung misst Neumann in diesem Kontext dem Internet bei: „Da passiert viel, was nur durch das Internet erklärt werden kann. Also die Art, wie man sich aus den unterschiedlichsten, teilweise widersprüchlichen Verschwörungstheorien eine für sich stimmige Welt sich zusammenbauen kann, aufgrund derer man dann elf Menschen umbringt – das ist, glaube ich, nur durch das Internet möglich. Das wäre vor 40 oder 50 Jahren ganz schwer vorstellbar gewesen.“ Dass es sich um rechten Terror handelt, darauf würde er sich „aktuell schon festlegen“. Medienberichten zufolge soll ein Bekennerschreiben auf eine fremden- und ausländerfeindliche Motivation hindeuten. Der Generalbundesanwalt übernahm die Ermittlungen. +++