Merkel fordert freiwilligen Verzicht auf Reisen und Begegnungen

Beherbergungsverbot nur noch in vier Bundesländern

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Angela Merkel (CDU).

Nachdem Gerichte in manchen Bundesländern einen Teil der Corona-Verordnungen gekippt haben, hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einem dringenden Appell an die Bevölkerung gewandt. „Treffen Sie sich mit deutlich weniger Menschen, ob außerhalb oder zu Hause“, sagte Merkel in ihrem am Samstag veröffentlichten Video-Podcast. „Ich bitte Sie: Verzichten Sie auf jede Reise, die nicht wirklich zwingend notwendig ist, auf jede Feier, die nicht wirklich zwingend notwendig ist. Bitte bleiben Sie, wenn immer möglich, zu Hause, an Ihrem Wohnort.“

Wie der Winter und wie Weihnachten werde, das entscheide sich in den kommenden Tagen und Wochen. „Das entscheiden wir alle durch unser Handeln“, sagte die Kanzlerin. Das Robert-Koch-Institut hatte am Samstagmorgen 7.830 Neuinfektionen binnen 24 Stunden gemeldet. In der RKI-Statistik war dies der höchste Wert seit Beginn der Pandemie. Direkte Abfragen bei den 401 kreisfreien Städten und Landkreisen hatten im Frühjahr an einzelnen Tagen auch schon geringfügig höhere Tageswerte ergeben, kurz danach setzte aber eine Trendumkehr ein, die derzeit nicht zu erwarten ist. Vielmehr rechnen Experten damit, dass nächste Woche die Marke von 10.000 Neuinfektionen pro Tag überschritten wird.

Mecklenburg-Vorpommern stoppt Quarantänepflicht im Tourismus

Mecklenburg-Vorpommerns Landesregierung und die Tourismusbranche haben sich am Samstag darauf geeinigt, dass für Urlaub im Nordosten von Mittwoch an ein aktueller negativer Corona-Test ausreicht. Die bislang zusätzlich benötigte Quarantäne von mindestens fünf Tagen und ein folgender zweiter Test fallen weg. Diese Regelung galt bislang nur in Mecklenburg-Vorpommern und hatte für heftige Kritik gesorgt. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) lenkte nun angesichts ablehnender Urteile zum Beherbergungsverbot in einer Reihe anderer Bundesländer ein. Schon nach dem Treffen der Ministerpräsidenten im Kanzleramt am Mittwoch hatte Schwesig Lockerungen in Aussicht gestellt. Die nun vereinbarte Regelung mit einem negativen Test, der nicht älter als 48 Stunden sein darf, hatten Gerichte in Schleswig-Holstein und Hamburg bestätigt. Das Greifswalder Gericht hatte angekündigt, Anfang der Woche über drei vorliegende Eilanträge gegen die Quarantäneregeln in Mecklenburg-Vorpommern zu entscheiden.

Beherbergungsverbot nur noch in vier Bundesländern

Nur noch vier Bundesländer halten am umstrittenen Beherbergungsverbot fest. In Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein dürfen weiterhin keine Touristen aus sogenannten „Corona-Risikogebieten“ in Hotels oder Ferienwohnungen übernachten, wenn sie keinen negativen Test vorweisen können, der maximal 48 Stunden alt ist. Zuletzt setzte das für Brandenburg zuständige Oberverwaltungsgericht die dortige Regelung außer Kraft. Gerichte hatten das Beherbergungsverbot auch in Niedersachsen und Baden-Württemberg gestoppt. In Berlin, Bremen, NRW und Thüringen war es trotz Vereinbarung auf einem Bund-Länder-Treffen gar nicht beschlossen worden. Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Sachsen haben entsprechende Regelungen wieder zurückgenommen. Für Berlin kippte das dortige Oberverwaltungsgericht sogar die Sperrstunde, wonach gastronomische Betriebe zwischen 23 und 6 und schließen mussten. Eigentlich gilt die Entscheidung zunächst nur für die elf Etablissements, die rechtlich dagegen vorgegangen waren. Nach Recherchen der dts Nachrichtenagentur waren am Freitagabend aber auch viele andere Kneipen und Bars in Berlin geöffnet.

Rostocks Oberbürgermeister: Urlauber trotz Quarantäne an der Ostsee

Trotz Corona-Tests und Quarantäne machen Großstädter aus Risikogebieten wie Berlin oder Köln weiter Urlaub in Mecklenburg-Vorpommern. „Die Menschen kommen trotzdem und lassen sich dann testen“, sagte Rostocks Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen dem „Tagesspiegel am Sonntag“. In der 200.000-Einwohner-Stadt werden die Testkapazitäten knapp. „In unserer Klinik werden die Testkapazitäten fast vollständig von den Urlaubern aufgezehrt“, sagte der Däne, der der einzige ausländische Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt ist. „Am Wochenende testet unsere Klinik eigentlich nur für drei Stunden, neulich waren es sechs, und das hat noch immer nicht gereicht“, so Madsen. +++ nh/dts