Medizinstudierende machen Praktikum in Vogelsberger Hausarztpraxen

Lauterbach. Sie kommt ins zehnte Semester ihres Medizinstudiums, das sie an der Uni Marburg absolviert, und schnuppert gerade zwei Wochen Hausarztpraxis-Luft: Kira Kunze stammt aus Rheinhessen und hospitiert zurzeit zwei Wochen lang in der Allgemeinarztpraxis von Dr. Rainer Georg in Lauterbach. Diese zwei Wochen sind ein Pflichtpraktikum während des Medizinstudiums und dienen der Orientierung und der praktischen Wissensvermittlung.

„Wir gehen mit dem Projekt Blockpraktikum einen neuen Weg“, freut sich Landrat Manfred Görig. Dieses Projekt ist eine Kooperation der Universität Marburg, Abteilung Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin (Prof. Dr. Erika Baum), dem Kompetenzzentrum Allgemeinmedizin (Susanne Sommer) und dem Landkreis (Dr. Sigrid Stahl) mit dem Ziel, angehenden Medizinern ein realistisches Bild vom Beruf des Hausarztes zu vermitteln und zugleich den Landkreis mit seinen Vorzügen näher zu bringen.

Das Praktikum ist Teil des Medizinstudiums, doch bisher gab es kaum Interessenten für den Vogelsbergkreis. Durch die gemeinsame Organisation und die Übernahme der Fahrt- und Übernachtungskosten durch den Kreis konnten jetzt insgesamt 12 Studierende gewonnen werden. Sie hospitieren bei niedergelassenen Allgemeinmedizinern, die von der Universität Marburg zu akademischen Lehrärzten geschult wurden.

Für die angehende Medizinerin Kira Kunze war Hausärztin früher nicht die erste Wahl: „Ich wollte in die Chirurgie. Hausärztin werden um Husten und Schnupfen zu behandeln erschien mir langweilig“, gibt die junge Frau unumwunden zu. Nach ihrer Famulatur – einem viermonatigen Pflichtpraktikum in Krankenhaus und Arztpraxis – hat sich ihre Einstellung dazu geändert: Im Krankenhaus habe ihr die Zeit für Patienten und deren Familien gefehlt.

Der Einblick in die hausärztliche Tätigkeit zeigt ihr wie wichtig der Allgemeinmediziner ist – er ist erste Anlaufstelle für die Patienten und er lernt seine Patienten und deren Lebensumstände über Jahre hinweg kennen. „So können Diagnostik und Therapie viel individueller auf jeden Menschen zugeschnitten werden.“

Für Landrat Görig und Dr. Georg ist der Ansatz des Kreises, bei Abiturienten und Medizinstudierenden das Interesse für die Region und die Allgemeinmedizin zu wecken, der richtige. „Es fehlen nicht die Praxisräume oder Ärztehäuser, es fehlen die jungen Medizinerinnen und Mediziner, die sich für eine Allgemeinarztpraxis entscheiden“, waren sich beide einig. Kira Kunze ist sich noch nicht sicher, ob sie Hausärztin werden möchte, aber besonders die Hausbesuche und offenen Kontakte zu Patienten und deren Familien gefallen ihr.

Durch die geänderte Bereitschaftsregelung sei für die Hausärzte auch eine enorme Entlastung eingetreten, merkte Dr. Georg an. Dadurch habe das oft abschreckende „Rund-um-die-Uhr“-Erreichbar-Sein an Gewicht verloren, so dass eine Hausarztpraxis vielleicht doch wieder öfter eine Option werden könnte.

Im Gespräch ging es auch um den Weiterbildungsverbund, der seit zwei Jahren existiert und sich zum Ziel gesetzt hat, die Facharztweiterbildung in der Allgemeinmedizin im Kreis zu koordinieren und voranzutreiben. Dr. Sigrid Stahl kann sich über einen neuen Mitstreiter freuen: Dr. Rainer Georg wird dem Weiterbildungsverbund für Allgemeinmedizin beitreten. „Die ärztliche Versorgung ist ein wichtiges Thema für die Region. Wir möchten die Gelegenheit natürlich nutzen und den jungen Studierenden unseren Verbund und die ländliche Umgebung näher bringen – vielleicht erinnern sie sich nach Abschluss des Studiums an uns“, schmunzelte Landrat Görig am Ende des Besuchs. +++ fuldainfo