Marianne Sägebrecht bei den Bad Hersfelder Festspielen

Für den Festspiel-Intendanten ist sie die ideale Besetzung

Dem Intendanten der Bad Hersfelder Festspiele, Joern Hinkel, ist es gelungen, für seine Inszenierung „Der Prozess“ (Premiere am 5. Juli 2019, 21:00 Uhr, Stiftsruine Bad Hersfeld) im Rahmen der diesjährigen Bad Hersfelder Festspiele (5. Juli- bis 1. September) den Welt-Star Marianne Sägebrecht zu verpflichten. Sägebrecht, die nicht zuletzt auch durch Hollywood-Produktionen wie „Der Rosenkrieg“ mit Michael Douglas und Danny DeVito bekannt wurde und gerade in „Bier Royal“ im ZDF zu sehen war, wird im Prozess die Rolle der Haushälterin, Frau Grubach“ übernehmen.

Festspiel-Intendant und Regisseur Joern Hinkel ist glücklich, dass Marianne Sägebrecht zugesagt hat. „Marianne Sägebrecht ist eine Schauspielerin, die so viel Warmherzigkeit und Humor auf der Bühne ausstrahlt wie ich es selten erlebt habe. In ihrem ganz eigenen, unverwechselbaren Ton wird sie die Haushälterin von Josef K. spielen; Eine Frau, die sich um den Angeklagten sorgt wie um einen Sohn – manchmal mehr, ‚als ihr vielleicht zusteht‘, wie sie selbst sagt. Ich bin überzeugt, dass ihre Wärme, ihre Offenheit und ihre direkte Art Kafkas Texten sehr zugute kommt. Seine Geschichte werden oft als düster empfunden, umso wichtiger ist es mir, das Stück mit Schauspielern zu besetzen, die Dialoge leichtfüßig und unpathetisch sprechen können, ohne die Tiefe und Doppelbödigkeit zu verlieren – Marianne Sägebrecht scheint mir in diesem Sinne die ideale Besetzung von Frau Grubach“, so Hinkel.
Und auch Marianne Sägebrecht freut sich auf die Zeit in Bad Hersfeld und die Zusammenarbeit mit Joern Hinkel. „Ich bin immer neugierig auf Rollen, die sich spannend in mein Lebensprofil einfügen. Frau Grubach ist eine solche Rolle. Ich kenne Joern Hinkel schon seit über 20 Jahren und habe mich im vergangenen Sommer bei unserer erfolgreichen Zusammenarbeit für ‚Romeo und Julia‘ in Bad Hersfeld sehr wohl und geborgen gefühlt“, so Sägebrecht.

Joern Hinkel lernte Marianne Sägebrecht vor 20 Jahren nach Abschluss seines Studiums der Opern- und Theaterregie bei August Everding an der Bayrischer Theaterakademie während eines Ausfluges in die Filmwelt als Praktikant bei den Dreharbeiten zu „Ganz unten, Ganz oben“ von Matti Geschonneck kennen. Beide schätzen sich seitdem sehr. Im letzten Sommer trat Marianne Sägebrecht deshalb zum ersten Mal in der Stiftsruine auf. Im Rahmen des Konzertes des Hessischen Staatsorchesters mit dem Titel „Romeo und Julia“ las sie gemeinsam mit Robert Joseph Bartl zur Musik passende Texte.

Über Marianne Sägebrecht:

Marianne Sägebracht wurde von Filmregisseur Percy Adlon für die Leinwand entdeckt und drehte vier Filme mit ihm: „Die Schaukel“, „Zuckerbaby“, „Out of Rosenheim“ und „Rosalie goes Shopping“. Dass Marianne Sägebrecht die Herzen der Zuschauer erobert, blieb auch in Hollywood nicht unerkannt. Sie stand mit Michael Douglas und Danny DeVito in „Der Rosenkrieg“ vor der Kamera, spielte mit John Malkovich in „Der Unhold“, mit Michel Piccoli in „Martha und Ich“ und mit Gérard Depardieu in „Asterix und Obelix gegen Cäsar. Nicht zahlreichen TV-Produktionen kehrte Sägebrecht 2012 in der Rolle der Oma Marguerita in Tomy Wigands „Omamamia“ auf die Leinwand zurück. 2014 war sie im international preisgekrönten Film „Der Kreis“ von Stefan Haupt zu sehen, der auf den internationalen Filmfestspielen Berlin Premiere feierte.

Marianne Sägebrecht wurde vielfach ausgezeichnet; 1982 mit dem Schwabinger Kunstpreis, 1986 mit dem Ernst-Lubitsch-Preis für Zuckerbaby und 1988 mit dem Filmband in Gold und dem Bambi für Out of Rosenheim. Für ihre Rolle an der Seite von Michel Piccoli in Jiri Weiss´ Martha und Ich wurde Marianne Sägebrecht 1991 auf dem Filmfestival von Seattle als „Beste Darstellerin“ ausgezeichnet. 2003 wurde ihr der Bayrische Verdienstordne verliehen. In „Pettersson und Findus – Findus zieht um“ übernahm Sägebrecht die Rolle der Nachbarin Beda. Zu ihren Kinorollen gehören außerdem Parts in der österreichischen Produktion „Erin & Erika“ (2017) von Reinhold Bilgeri und in Jeffrey Freedmans Filmbiografie „Bach“ mit Max von Sydow, Gérard Depadieu und Axel Milberg. Erst kürzlich war sie im ZDF in dem Comedy-Zweiteiler Bier Royal mit Gisela Schneeberger, Lisa Maria Potthoff und Ulrike Kriener zu sehen.

Über das Stück:

Was Josef K. an seinem dreißigsten Geburtstag widerfährt, ist nur der Beginn einer atemberaubenden, irrwitzigen Odysee. Kafkas Prozess, einer der ersten Psychothriller der Weltliteratur, sprüht vor komischen, absurden Situationen, ist manchmal tiefsinnig und traurig, aber genauso naiv und verspielt. Dass Kafka ein begeisterter Kinogänger und Witze-Erzähler war, merkt man den slapstick-haften Szenerien hier ganz besonders an.

Festspiel-Intendant Joern Hinkel hat den Prozess eigens für die riesige Bühne der Bad Hersfelder Stiftsruine bearbeitet: „Kafka ist ein lustvoller Beschwörer der kleinen Absurditäten des Alltags, ganz klar ein Vorbild für die peniblen Wortverwicklungen eines Loriot, für den schwarzen Humor der Coen-Brüder oder die surrealen Traumlandschaften eines René Magritte. Sein Prozess ist ein Fest der Poesie des Scheiterns, ein Sammelsurium außergewöhnlicher Liebesszenen in leeren Gerichtssälen, dunklen Gängen, Nachbarszimmern, Büros und verwinkelten Küchenschränken, ein Zeremoniell des bürokratischen Irrsinns, ein schillerndes Panoptikum zärtlicher, hilfloser, finsterer, lebenshungriger Figuren und ein Plädoyer gegen die Verletzung der Grundrechte. Kafkas Roman war selten so aktuell wie heute.“

Der Bankangestellte Josef K. wird am Morgen seines dreißigsten Geburtstags in seinem Schlafzimmer verhaftet. Die beiden Herren, die plötzlich im Auftrag des Gerichtes neben seinem Bett stehen und ihm genüsslich sein Frühstück wegessen, nennen ihm keine Gründe dafür. Vergeblich versucht er herauszufinden, weshalb er angeklagt wurde. Auf seiner fieberhaften Suche nach den Gründen irrt er durch ein mysteriöses, nicht greifbares Gerichtsgebäude, dessen Kanzleien sich auf den Dachböden heruntergekommener Mietskasernen befinden. Am Ende findet er sich in einer leeren Kathedrale wieder: Hier sucht er nach Klarheit, nach Erlösung, doch selbst der Kaplan arbeitet im Auftrag des Gerichts…
Kafkas Prozess – eine Hymne an die Fantasie, ein Hohelied der Liebe aus heiterem Himmel ein Irrgarten, eine Komödie im Dunkeln, ein fiebernder Weckruf, über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen. +++ pm/ja