Main-Kinzig-Kreis hebt Ausgangssperre auf

Kein Grund zum Aufatmen - Fortführung der Einschränkung für Hanau

Der Main-Kinzig-Kreis hebt mit Wirkung zu Donnerstag, 7. Januar, 21 Uhr, die nächtliche Ausgangssperre für nahezu alle seine Bürgerinnen und Bürger auf – davon ausgenommen ist die Stadt Hanau. „Dass auch wir nun die derzeitige Ausgangssperre als Landkreis aufheben, ist aus unserer Sicht kein Zeichen der Entspannung, aber wir folgen damit dem Eskalationskonzept der Landesregierung. Aber, und das ist enorm wichtig: Das ist kein Grund für Fehlinterpretationen. Wir sind in einer weiterhin angespannten Situation“, erklären Landrat Thorsten Stolz, Gesundheitsdezernentin Susanne Simmler und Kreisbeigeordneter Winfried Ottmann. „Das Ziel ist klar: nicht notwendige Kontakte reduzieren und durch Eigenverantwortung, Rücksichtnahme und Achtsamkeit einen aktiven Beitrag gegen die Verbreitung des Coronavirus im privaten Umfeld zu leisten. Nur so kann einer weiteren Belastung des Pflege- und Gesundheitssystems entgegengewirkt werden“, so die Kreisspitze weiter. Hier habe sich die allgemeine Lage weiterhin nicht entspannt. Die Krankenhäuser arbeiten seit vielen Wochen hart an der Belastungsgrenze und auch die Situation in den stationären Pflegeeinrichtungen ist nach wie vor von großer Anstrengung geprägt, Neuinfektionen in den Heimen zu verhindern“, erläutern Landrat Thorsten Stolz und Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler.

Der Verwaltungsstab des Landkreises hatte am Mittwochmorgen sehr intensiv unter anderem mit den Fachleuten aus dem Gesundheitsamt und den Krankenhäusern über das weitere Vorgehen beraten und sich ausführlich mit der Zahl der Neuinfektionen insbesondere am Montag und Dienstag befasst. Für die Stadt Hanau hält der Main-Kinzig-Kreis weiterhin an einer Ausgangssperre fest. Die Beurteilung des Infektionsgeschehens im Kreisgebiet kann aus Sicht der Kreisspitze „nicht einheitlich ausfallen, weil wir kleinere Kommunen mit hohen Werten über 200 haben, wo wir zumindest momentan die Quellen und Ansteckungswege weitgehend zuordnen können“. Das sei zum Bespiel in den Kommunen Birstein, Sinntal, Jossgrund, Niederdorfelden, Langenselbold und Großkrotzenburg der Fall. „Den höchsten Sieben-Tages-Inzidenzwert weist Großkrotzenburg mit einem Wert von 373 auf. In der vergleichsweise kleinen Kommune sind in den vergangenen Tagen bei einzelnen, aber überwiegend eingrenzbaren Ausbrüchen viele Neuinfizierte gemeldet worden. Darin liegt der bedeutende Unterschied, die Einschränkungen nicht auch in den weiteren Kommunen wie Großkrotzenburg fortzusetzen“, wie die Kreisspitze betont.

Anders sehe es hingegen in Hanau aus. Die Stadt mit ihren rund 100.000 Einwohnern weist einen Sieben-Tages-Inzidenzwert von aktuell 214 aus, für das restliche Kreisgebiet ohne Hanau liegt der Wert bei 148, insgesamt liegt der Main-Kinzig-Kreis bei einer Sieben-Tages-Inzidenz von 163. Viele Neuinfektionen in Hanau alleine im neuen Jahr sind derzeit nicht klar zuzuordnen. Das Infektionsgeschehen ist aus Sicht des Gesundheitsamts weiterhin diffus, zudem sind eine Reihe von Ausbrüchen in stationären Einrichtungen zu verzeichnen. „Nicht nur in Hanau, sondern im gesamten Kreis ist es derzeit, mit Stand Mittwoch, völlig offen, wie sich die Infektionszahlen entwickeln werden. Wie schon in der gesamten Pandemie sehen wir mit den heutigen Zahlen das Geschehen von vor 10 bis 14 Tagen und noch nicht die möglichen Auswirkungen der Feiertage“, mahnen die Verantwortlichen weiter.

Landrat Thorsten Stolz, Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler und Oberbürgermeister Claus Kaminsky haben am Mittwoch in einer längeren Telefonkonferenz über das weitere Vorgehen beraten. „Der Main-Kinzig-Kreis hat immer klargemacht, dass wir den Vorgaben der Landesregierung folgen und die Einschränkungen für die Menschen so gering wie irgend möglich halten. Das gilt, auch wenn wir weiterhin die Infektionszahlen für nicht gänzlich belastbar halten“, erklärte Landrat Stolz. „In Hanau haben wir aber nochmal eine besondere Situation, weil hier in der größten Stadt im Kreis die Inzidenz noch deutlich über 200 liegt und das mit ganz wenigen Ausnahmen auch in den letzten Tagen der Fall gewesen ist. Dieser Wert, die fachliche Einschätzung des Geschehens und die zentralörtliche Funktion von Hanau bringt die Notwendigkeit mit sich, die Maßnahmen weiterhin aufrecht zu erhalten, sonst laufen wir Gefahr, im Hanauer Umland ebenfalls wieder verschärfte Infektionslagen zu sehen“, so Stolz, Kaminsky und Simmler gemeinsam.

Oberbürgermeister Claus Kaminsky hatte die gesonderte Betrachtung der Brüder-Grimm-Stadt erbeten und trägt die Entscheidung des Landkreises voll und ganz mit: „Hanau ist leider noch ein gutes Stück davon entfernt, dass man hier über Lockerungen sprechen könnte. Wir müssen in der Stadtgesellschaft alle weiter einen starken Beitrag leisten und alle noch sensibler hinterfragen, welche privaten Treffen wirklich notwendig sind“, sagte Kaminsky. „Für Feierlichkeiten und nette Runden mit Freunden ist es noch nicht die Zeit, nicht nach Feierabend und nicht am Wochenende. Die Verlängerung der Ausgangssperre für Hanau ist eines der deutlichsten Signale, die Politik und Verwaltung hier aussenden können. Ich bitte die Hanauerinnen und Hanauer, dieses Signal ernstzunehmen.“

Daran schloss Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler einen Appell an die Bürgerinnen und Bürger der anderen 28 Städte und Gemeinden an. „Ein Inzidenzwert weit über 150 ist nichts, was uns zum Durchschnaufen veranlassen kann. Unverändert gilt für alle Menschen von Maintal bis Sinntal abseits des Möglichen und vielleicht Erlaubten: Bleiben Sie, wann immer möglich, zu Hause und rein im Kreise ihres Hausstands, halten Sie Abstand und verzichten Sie auf private Treffen, ganz unabhängig von der Tages- oder Nachtzeit.“ Das Infektionsgeschehen – und das müsse bei allem Handeln und Tun bedacht werden – hänge sehr am Verhalten jedes und jeder Einzelnen. Stolz, Simmler und Kaminsky waren sich im Gespräch einig, dass der Inhalt der neuen Allgemeinverfügung für die Stadt Hanau einen Eingriff in die Freiheitsrechte darstellt. Diese Einschränkung, zusätzlich zu den weiteren geltenden Maßnahmen, könne deshalb nur so lange gelten, bis von einem konstanten Absenken des Inzidenzwerts unter 200 ausgegangen werden kann, analog zur bisherigen Allgemeinverfügung, die für den gesamten Kreis bis Mittwoch galt. Das Infektionsgeschehen werde tagesaktuell für den gesamten Landkreis und für Hanau fokussiert bewertet. Die Maßnahmen für Hanau gelten erst einmal bis Donnerstag nächster Woche.

„Die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten haben am Dienstag keinen Zweifel gelassen, dass wir das Infektionsgeschehen nur in den Griff bekommen, wenn wir noch eine Weile länger die notwendigen Einschränkungen mittragen. In diesem Geiste setzen wir die konsequente Eindämmungsstrategie im Main-Kinzig-Kreis gemeinsam fort, die für Hanau eine differenzierte Betrachtung beinhaltet“, äußerten sich Stolz, Simmler und Kaminsky in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Insbesondere die anhaltend hohe Belastung und Auslastung im Gesundheits- und Pflegebereich deute stark darauf hin, dass die über die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel gemeldeten Fälle das Infektionsgeschehen nicht belastbar abbilden. „Es gilt jetzt mehr denn je, nicht nachzulassen in unseren Anstrengungen und alle nicht notwendigen Begegnungen mit anderen Menschen zu vermeiden, auch wenn das zunehmend schwerer fällt. Das ist für uns alle eine sehr belastende Situation. Aber es geht hier letzten Endes darum, Ansteckungen so gut es geht zu vermeiden und damit auch Leben zu retten“, erklären Thorsten Stolz und Susanne Simmler.

Sie appellieren nach wie vor an die Eigenverantwortung der Menschen, sich durch das Einhalten der Hygiene- und Abstandsbestimmungen und das regelmäßige Lüften der Wohnräume gegenseitig zu schützen. Das sei umso wichtiger, weil nach wie vor ein Großteil der Ansteckungen im privaten und familiären Bereich stattfinde, also einem Bereich, in dem keine Kontrollen stattfinden. „Bitte beherzigen Sie die Abstandsregeln und tragen Sie, wo immer der Mindestabstand gar nicht oder nur schwer einzuhalten ist, eine Mund-Nasen-Bedeckung, auch bei Treffen von sich nahestehenden Menschen, die nicht im selben Haushalt leben“, wendet sich Gesundheitsdezernentin Simmler an die Bürgerinnen und Bürger. „Wir wissen, dass die Gemengelage insgesamt schwierig ist und dass sich auch Bürgerinnen und Bürger präventiv eine Verlängerung der Ausgangssperre gewünscht hätten. Eine solche stellt jedoch eine drastische Einschränkung der Grundrechte dar und ist angesichts der aktuellen Inzidenzwerte rechtlich nicht haltbar“, verdeutlicht Landrat Thorsten Stolz. Die gesonderte Betrachtung Hanaus ist vom Land Hessen für Städte mit zentralörtlicher Funktion ausdrücklich erlaubt. +++ pm