Maas vor Afghanistan-Geberkonferenz: „Alles steht auf dem Spiel“

NATO entscheidet im Februar über möglichen Afghanistan-Rückzug

Heiko Maas (SPD)

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat die internationale Gemeinschaft zu weiterer finanzieller Hilfe für Afghanistan aufgerufen. „Die aktuelle Corona-Pandemie erschwert die schwierigen Lebensbedingungen vieler Afghaninnen und Afghanen weiter. Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Deshalb darf sich die internationale Gemeinschaft jetzt nicht von Afghanistan abwenden“, sagte Maas dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Wir haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten viel erreicht, dennoch steht weiterhin alles auf dem Spiel“, mahnte Maas mit Blick auf die am Dienstag fortgesetzte zweitägige UN-Geberkonferenz für das Bürgerkriegsland.

„Unser Ziel ist ein sicheres und stabiles Afghanistan: ein Land, in dem die Gemeinschaften friedlich zusammenleben, ein Land, in dem Menschenrechte und Grundfreiheiten geschützt werden“, sagte er. Deutschland werde sich weiter in einem vergleichbaren Umfang wie in den vergangenen Jahre n engagieren, bei ziviler Hilfe ebenso wie im politischen Bereich, so der Minister. „Wir stehen außerdem auch weiter an der Seite Afghanistans, um die Bedingungen zu schaffen, dass die Friedensverhandlungen erfolgreich vorangetrieben werden können“, sagte Maas. Der Außenminister pocht jedoch auf Gegenleistungen. „Von den Akteuren auf afghanischer Seite erwarten wir ebenso konsequente und kontinuierliche Kraftanstrengungen. Denn auch wenn der Weg schwierig ist: Wir wollen eine Friedenslösung, die die Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte bewahrt“, sagte Maas.

NATO entscheidet im Februar über möglichen Afghanistan-Rückzug

Die NATO wird nach den Worten ihres Generalsekretärs Jens Stoltenberg im Februar kommenden Jahres entscheiden, ob sie ihren Einsatz in Afghanistan fortsetzt oder das Land noch im Frühjahr verlässt. „Wir als Alliierte haben eine sehr schwierige Entscheidung zu treffen“, sagte Stoltenberg den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Beim Treffen der Verteidigungsminister im Februar müsse entschieden werden, „ob wir Afghanistan vor dem 1. Mai verlassen – was Teil der Vereinbarung zwischen den USA und Taliban ist – oder ob wir bleiben.“ Stoltenberg sagte: „Wir müssen die Kosten abwägen: Wenn wir bleiben, riskieren wir natürlich, weiter in eine schwierige Militär-Operation verwickelt zu bleiben. Wenn wir zu früh gehen, riskieren wir, dass Afghanistan wieder ein sicherer Hafen für internationale Terroristen wird und dass der Islamische Staat versucht, sein in Syrien und Irak zerstörtes Terror-Kalifat in Afghanistan wieder zu errichten.“ Stoltenberg begrüße die direkten Gespräche zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung. „Wir sind bereit, unsere Präsenz weiter anzupassen.“ Kein NATO-Alliierter werde „länger als nötig dort bleiben“. Aber es sei wichtig, „dass wir nicht überstürzt und unkoordiniert abziehen.“ Die Sitzung, bei der dies im Februar entschieden werde, bezeichnete Stoltenberg als „ein sehr wichtiges Treffen für die NATO“. Der NATO-Chef richtete zugleich eine deutliche Mahnung an den Iran. Vor dem Hintergrund von Berichten, US-Präsident habe intern ein Bombardement iranischer Atomanlagen ins Gespräch gebracht, sagte Stoltenberg: „Ein neuer Konflikt in der Region würde in niemandes Interesse sein. Darum ist es so wichtig, dass Iran auf weitere Provokationen verzichtet.“ Es gebe unter allen NATO-Mitgliedern Besorgnis wegen der destabilisierenden Aktivitäten Irans im Nahen Osten – und ebenso wegen Irans Anstrengungen, in den Besitz von Atomwaffen zu gelangen. „Wir haben eine klare Position: Der Iran darf nicht in die Lage kommen, dass er Atomwaffen entwickeln und beschaffen kann“, sagte Stoltenberg. +++