Berlin. Linken-Chef Bernd Riexinger hat die Bundesregierung angesichts des anhaltenden Streits mit der Türkei dazu aufgerufen, in der Flüchtlingspolitik nicht länger auf Abschottung mithilfe des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu setzen. "Die Bundesregierung hat sich selbst in eine Position der Schwäche gebracht, indem sie Erdogan zum Türsteher der Festung Europa machte", sagte Riexinger der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Der Linken-Politiker forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, beim EU-Gipfeltreffen am Donnerstag auf eine solidarische Flüchtlings- und Asylpolitik zu dringen. Ferner dürften Werbeauftritte in Deutschland für die Errichtung einer Diktatur in der Türkei nicht geduldet werden. "Je mehr Erdogans Minister drohen, umso skandalöser wird Merkels Schweigen", erklärte Riexinger und drängte die Regierungschefin zu "entschiedener Klarstellung". Der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak, forderte dagegen Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) auf, den Streit um türkische Wahlkampfauftritte in Deutschland vor Ort in Ankara zu entschärfen. "Ich erwarte, dass der Außenminister selbst in die Türkei reist, um vor Ort den Dialog mit der türkischen Regierung zu suchen", sagte Ziemiak der Zeitung. Der JU-Chef warf dem Außenminister vor, "viel zu spät" eingegriffen und mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu gesprochen zu haben. Dieser hatte ein weiteres Treffen mit Gabriel in der Türkei angekündigt.
Türkei lehnt Besuch von Linke-Politiker bei Bundeswehrsoldaten ab
Die türkische Regierung hat dem außenpolitischen Sprecher der Linken im Bundestag, Jan van Aken, einen Besuch der Bundeswehrsoldaten im Ort Konya verweigert. "Das Auswärtige Amt hat mir am Mittwoch mitgeteilt, die türkische Seite habe soeben telefonisch meinen Besuch abgelehnt", sagte van Aken der "Welt". "Damit sucht die türkische Regierung eine weitere Eskalation mit Deutschland." Bislang habe Ankara "Besuchswünsche bei der Bundeswehr in der Türkei schlicht ignoriert, jetzt sagen sie erstmals klipp und klar nein", sagte van Aken. Die Bundesregierung müsse jetzt schnell reagieren: Abgeordnetenbesuche bei Bundeswehrsoldaten im Einsatz gehörten zur Grundbedingung einer Parlamentsarmee. Etwa 270 Bundeswehrsoldaten sind auf den türkischen Luftwaffenstützpunkten Konya und Incirlik am Anti-Terror-Einsatz gegen die Miliz "Islamischer Staat" (IS) beteiligt. An den Nato-Einsätzen mit Awacs-Maschinen zur Luftraumaufklärung nehmen in Konya stationierte Bundeswehrsoldaten teil. Von Incirlik starten deutsche Tornados zu Aufklärungsflügen über Syrien und dem Irak. Die Besatzungen sammeln Informationen für die Anti-IS-Koalition der "Operation Inherent Resolve". Im Sommer war deutschen Abgeordneten über mehrere Monate hinweg der Besuch der Soldaten in Incirlik verweigert worden. Grund war damals, dass der Bundestag in einer Entschließung die an den Armeniern begangenen Verbrechen als Völkermord anerkannt hatte.
Grünen-Chef Özdemir will öffentlichen deutsch-türkischen TV-Sender
Grünen-Chef Cem Özdemir hat die Gründung eines öffentlich-rechtlichen deutsch-türkischen Fernsehsenders in Deutschland gefordert. "Wir brauchen einen deutsch-türkischen Fernsehsender, eine Art deutsch-türkisches Arte", sagte Özdemir der "Rheinischen Post". Es dürfe nicht sein, dass der türkische Präsident Erdogan seine "falsche Propaganda" weiterhin über türkische Sender konkurrenzlos nach Deutschland trage. "Es wurde über Jahrzehnte versäumt, dafür zu sorgen, dass diejenigen, die aus der Türkei nach Deutschland gekommen sind, hier eine neue Heimat finden, und zwar auch politisch. Das rächt sich jetzt", sagte Özdemir. "Wir brauchen einen Türkei-Pakt zwischen allen Parteien: Innenpolitisch bedeutet das, Deutsch-Türken hier auch medial und kulturell zu integrieren", sagte Özdemir. "Zu einer Türkei-Strategie muss auch gehören, dass wir sagen: Ihr könnt hier auftreten, weil das unseren demokratischen Grundsätzen entspricht", ergänzte der Grünen-Spitzenkandidat. "Aber wir erwarten von der Türkei im Gegenzug eine Geste des guten Willens", sagte Özdemir: Die Türkei solle den deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel und die anderen etwa 150 gefangen gehaltenen Journalisten frei lassen. +++

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