Lindner: Union und SPD „schütten Widersprüche mit Geld zu“

Riexinger nennt Sondierungsergebnis "schwach"

Christian Lindner (FDP)
Christian Lindner (FDP)

Berlin. FDP-Chef Christian Lindner hat das Ergebnis der Sondierungen von Union und SPD als Fortschreibung des Status Quo bezeichnet. Nach wie vor würden „die Menschen besänftigt und Widersprüche mit Geld zugeschüttet“, statt Richtungsentscheidungen zu treffen, sagte Lindner dem „Tagesspiegel“. Zwar wiesen die am Freitag beschlossenen Papiere von Union und SPD „weniger innere Zerrissenheit auf als bei Jamaika“, weshalb die Beschlüsse „besser als befürchtet sind“.

Zur Gestaltung der Zukunft seien sie jedoch „zu wenig“. Lindner erkennt darin „eindeutig die Fortsetzung der Methode Merkel“. Er fühle sich „bestätigt darin, dass unsere Entscheidung von November richtig war, die Jamaika-Verhandlungen zu beenden“. Die Beschlüsse von Union und SPD zur Mitfinanzierung des Bundes für die Schulen bezeichnete Lindner als „Millimeterbewegung“ im Vergleich dazu, welchen Reformbedarf es im Bildungsföderalismus gebe. Die geplante Reglung zum Familiennachzug für subsidiär geschützte Flüchtlinge begrüßte Lindner und bezeichnete sie als eine „Regelung, die in etwa unseren Vorschlägen entspricht“. Heftige Kritik äußerte der FDP-Vorsitzende an den Plänen zum Abbau des Solidaritätszuschlages. Angesichts des „enormen Haushaltsüberschusses“ des Bundes sei die Entlastung der Bürger um zehn Milliarden Euro „ein schlechter Witz“.

Linken-Chef Riexinger nennt Sondierungsergebnis „schwach“

Linken-Chef Bernd Riexinger hat den Sondierern von Union und SPD vorgeworfen, eine Große Koalition mit kleinem Anspruch zu planen. „Gemischtwarenladen statt großer Wurf: Das Ergebnis der Gespräche ist schwach“, sagte er am Freitag der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Laut des 28-seitigen Papiers von Union und SPD werde es vor allem „kleinere Reparaturen“ geben. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe der SPD einige sozialpolitische Zugeständnisse gemacht, doch diese griffen viel zu kurz. „Die grundlegenden gesellschaftlichen Probleme wie Kinder- und Altersarmut, prekäre Beschäftigung, Wohnungsnot und die Finanzierung der öffentlichen Daseinsvorsorge werden so sicher nicht gelöst“, so Riexinger.

Greenpeace kritisiert Sondierungsergebnisse

Der Umweltverband Greenpeace hat die Sondierungsergebnisse von Union und SPD im Bereich der Landwirtschaft kritisiert. „Die Vereinbarungen haben mit der dringend notwendigen Agrarwende nichts zu tun“, sagte Greenpeace-Geschäftsführerin Sweelin Heuss der „Welt“. „Es fehlen Maßnahmen für verbesserte Tierhaltung wie die Einführung einer verpflichtenden, staatlichen Haltungskennzeichnung für Fleisch und ein Ausstiegsdatum für das Ackergift Glyphosat.“ Ankündigungspolitik ohne konkrete und ambitionierte Ziele „bringen uns keinen Schritt weiter“. Heuss lobte, dass Union und SPD bei Zustandekommen einer Koalition gemäß Sondierungspapier die „Handlungslücke zur Erreichung des Klimaziels 2020“ so schnell wie möglich schließen wollen. „Mit dem späten Bekenntnis zum deutschen Klimaziel 2020 haben sich Union und SPD eine internationale Blamage erspart – und gleichzeitig ein Pflichtenheft geschrieben“, sagte Heuss. „Nicht erst in einer späteren Kohlekommission, sondern schon in den nun folgenden Koalitionsverhandlungen müssen Kanzlerin Merkel und SPD-Chef Schulz einen konkreten Plan zum Ausstieg aus der Kohle festschreiben.“ Die Zeit bis 2020 sei zu knapp, um sich weiter in leere Versprechungen zu flüchten. „In den kommenden drei Jahren müssen und können genug schmutzige Kohlekraftwerke vom Netz gehen, um Deutschlands Klimalücke von 100 Millionen Tonnen CO2 zu schließen“, so Heuss. Beim Thema Verkehr dringt Greenpeace auf Nachbesserungen. „Nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus industriepolitischen Gründen muss die nächste Bundesregierung den Abschied vom Verbrennungsmotor planen“, sagte Heuss. „Nur wenn die Autoindustrie den Menschen tatsächlich saubere Angebote macht, holt der Verkehr beim Klimaschutz auf und öffnet sich die Branche eine Zukunftsperspektive.“ Dränge die nächste Koalition die Branche nicht zur schnelleren Veränderung, werde sich Deutschland bald von einem Autoexporteur zum Importeur wandeln. +++