Lindner skizziert Plan für Steuerentlastungen

NRW-Landesregierung streitet über Übergewinnsteuer

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP)

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat seinen Plan für Steuerentlastungen zum Abbau der kalten Progression skizziert. „Im Unterschied zu meinem sozialdemokratischen Vorgänger würde ich den Eckwert der Reichensteuer nicht verschieben“, sagte er dem „Handelsblatt“. Lindners Vorgänger, der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), hatte als Finanzminister beim Abbau der kalten Progression stets auch die Geltung des 45-prozentigen Reichensteuersatzes angepasst.

Lindner will die Grenze nun aber nicht weiter nach hinten verschieben und damit Spitzenverdiener weniger entlasten. Unter kalter Progression versteht man schleichende Steuererhöhungen, wenn eine Gehaltserhöhung durch die Inflation aufgezehrt wird, aber der Arbeitnehmer durch den höheren Verdienst dennoch mehr Steuern zahlen muss. Die Ablehnung von SPD und Grünen, die kalte Progression abzubauen, kritisierte Lindner. „Die Gegner nehmen die Mitte der Gesellschaft in Geiselhaft, weil sie die IT-Spezialistin, den Herzchirurg und den Unternehmer am liebsten belasten wollen.“ Er bedauere den „bisweilen klassenkämpferischen Ton in der Debatte“. Auch sei die Begründung, durch den Progressionsabbau würden vor allem Topverdiener profitieren, nicht korrekt. Lindner verwies auf den Vergleich zur gesamten jeweiligen Steuerlast. „Von einer Änderung des Tarifverlaufs profitieren kleine und mittlere Einkommen relativ am stärksten.“ Der Finanzminister geht bei seinem Vorschlag von ausbleibenden Einnahmen für den Bund von einem hohen ein- oder niedrigen zweistelligen Milliarden-Beitrag aus. „Im Haushaltsentwurf 2023 habe ich für diese Maßnahme Vorsorge getroffen“, sagte Lindner. Die SPD macht aber einen Gegenvorschlag zum Einsatz der Mittel in Form von Direktzahlungen. Ihr finanzpolitischer Sprecher Michael Schrodi erläutert diesen in einem Brief an die Fraktion, über den das „Handelsblatt“ berichtet. Schrodi rechnet vor, was es bedeuten würde, wenn der Milliardenbetrag für die kalte Progression stattdessen direkt an die kleinen und mittleren Einkommen ausgezahlt würde: „Rund 90 Prozent der Bevölkerung profitieren von Direktzahlungen mehr als von einer Einkommenssteuersenkung“, schreibt der SPD-Politiker.

NRW-Landesregierung streitet über Übergewinnsteuer

Die schwarz-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen ringt um eine einheitliche Position in der seit Wochen schwelenden Debatte über eine Sondersteuer auf hohe Zusatzgewinne von Energiekonzernen infolge des Ukraine-Krieges. Das berichtet die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“. Der neue NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) will sich demnach in der Frage weiterhin nicht festlegen. „Es gibt ökonomische, politische und rechtliche Argumente, die gegen die Einführung einer Übergewinnsteuer sprechen, es gibt allerdings auch Argumente, die für die Einführung einer Übergewinnsteuer sprechen“, heißt es in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der SPD-Opposition im Landtag, aus der die Zeitung zitiert. Die Besteuerung krisenbedingter hoher Zusatzgewinne lasse sich im bestehenden deutschen Ertragssteuersystem nur sehr schwer umsetzen. Die NRW-Grünen bezogen dagegen klar Position: „Dass einige wenige Unternehmen mit hohen Gewinnen an dieser  Krise verdienen, ist im höchsten Maße unredlich“, sagte Landtagsfraktionschefin Verena Schäffer der WAZ. Mit der Übergewinnsteuer könnten „dringend notwendige soziale Entlastungen“ für die Bürger finanziert werden. Die aktuellen Herausforderungen und steigenden Energiepreise forderten allen viel ab, insbesondere belasten sie Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen. Die schwarz-grüne Landesregierung hatte sich Anfang Juli einer Bundesratsinitiative aus Bremen zur befristeten Einführung der Übergewinnsteuer nicht angeschlossen. „Die schwarz-grüne Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat zu dieser Frage leider keine Position“, kritisierte SPD-Fraktionsvize Alexander Vogt. Die SPD-Abgeordnete Lisa-Kristin Kapteinat forderte eine Übergewinnsteuer als „deutliches Zeichen von gesellschaftlicher Verantwortung und Solidarität sowohl der Unternehmen als auch der Aktionärinnen und Aktionäre“. Auch in der Bundesregierung herrscht bislang noch Uneinigkeit, ob Profite in der Krise gesondert besteuert werden sollten. Laut ARD-„Deutschlandtrend“ spricht sich eine Mehrheit von 76 Prozent der Bundesbürger dafür aus, Krisengewinnler wie Energiekonzerne zusätzlich zur Kasse zu bitten. Einige Ökonomen warnen jedoch vor einem solchen Eingriff ins regelbasierte Steuersystem, da sich ein „Übergewinn“ nur schwer definieren lasse und wirtschaftliche Aktivitäten von Unternehmen immer Schwankungen ausgesetzt seien. +++