Lindner gegen Aufgabe von Schuldenbremse für Klimaschutz

Verdi-Chef gegen Klimaanleihe zur Klimaschutz-Finanzierung

Christian Lindner (FDP)

FDP-Chef Christian Lindner lehnt ein Abrücken von der schwarzen Null für den Klimaschutz kategorisch ab. „Wir wollen investieren in Zukunftsaufgaben wie Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung und Forschung. Dafür braucht man aber keine neue Schulden“, sagte Lindner dem „Handelsblatt“. Generationengerechtigkeit mache sich nicht nur am Klima fest, sondern auch an fiskalischer Nachhaltigkeit. Es gehe im Übrigen auch um die Stabilität der Euro-Zone: „Wenn Deutschland plötzlich Politik auf Pump macht, wäre das für andere erst recht eine Einladung“, so der FDP-Chef weiter.

Sollte es zu finanziellen Engpässen wegen einer Konjunktureintrübung und sinkender Steuereinnahmen kommen, müsse man die Prioritäten innerhalb der öffentlichen Haushalte verschieben. Man könne zum Beispiel das Baukindergeld streichen. Zudem halte der Staat „Anteile an Telekom und Post, die er nicht braucht. Die Erlöse könnten besser genutzt werden“, sagte Lindner. Er for derte die Große Koalition auf, beim Klimapaket auf Technologie und Freiheit zu setzen. „Wir brauchen kein Sammelsurium von Subventionen und Steuern, sondern ein stimmiges Regelwerk. Wer CO2 ausstößt, der zahlt“, so der FDP-Politiker. Wer CO2 zum Beispiel durch Waldaufforstung speichere, der bekomme Geld. Ein solches Modell schaffe Offenheit für alle Optionen. „Ich halte zum Beispiel die Fixierung auf batterieelektrische Antriebe für einen Irrweg. Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe haben die gleiche Chance verdient, werden aber politisch abgewürgt“, sagte Lindner dem „Handelsblatt“.

Verdi-Chef gegen Klimaanleihe zur Klimaschutz-Finanzierung

Der scheidende Chef der Gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, hat sich entschieden dagegen ausgesprochen, Klimaschutzmaßnahmen über eine neue Klimaanleihe zu finanzieren. „Dass es eine gewisse Tendenz gibt, die Schuldenbremse über Nebenhaushalte zu umgehen, ist evident“, sagte Bsirske dem „Handelsblatt“ (Freitagsausgabe). Aber die „Chuzpe“ müsse man „erst mal haben, eine mit zwei Prozent verzinste Klimaanleihe in die Diskussion zu bringen, während der Finanzminister mit langlaufenden Staatsanleihen keine Zinsen zahlen muss, sondern noch Geld verdient“, so der Verdi-Chef weiter. Das sei schon „ein beachtliches Maß an Verschleierung und Demagogie“, sagte Bsirske. Statt den ökonomischen Sachverstand einzuschalten, halte die Bundesregierung am Nimbus der schwarzen Null fest. Der Verdi-Chef ist einer der Redner bei der großen Klimademonstration am Freitag in Düsseldorf. Der Gewerkschafter forderte die Bundesregierung zu entschiedenem Handeln auf: „Wir wissen ja, dass die Kosten des Nichtstuns exponentiell steigen werden und es ungleich teurer wird abzuwarten, als jetzt etwas zu tun“, sagte Bsirske dem „Handelsblatt“. Dafür zu sensibilisieren und den Druck auf die Handelnden zu erhöhen, sei absolut notwendig und das sei auch das Verdienst der Jugendbewegung „Fridays for Future“, so der Verdi-Chef weiter.

Handelsverband will CO2-Zertifikatehandel

Der Einzelhandel fordert einen CO2-Zertifikatehandel zur Finanzierung der Energiewende in Deutschland. „Wir unterstützen den vollständigen Umstieg auf regenerative Energien“, heißt es in einem Positionspapier des Handelsverbands Deutschland (HDE), über das die „Welt“ berichtet. Ohne diesen seien die Klimaschutzziele nicht zu erreichen. „Die Kosten der Energiewende belasten Privathaushalte und Händler jedoch erheblich, ohne ausreichend auf die Klimaziele einzuzahlen. Wir sehen daher die Notwendigkeit, die bisherigen Instrumente zur Finanzierung der Energiewende durch einen CO2-Preis in Form eines Zertifikatehandels über die verschiedenen Sektoren hinweg zu ersetzen“, heißt es in dem Papier weiter. Im Gegenzug soll dafür nach dem Willen des HDE das aktuelle Finanzierungssystem mit Stromsteuer und EEG-Umlage wegfallen. Adressiert habe der Verband sein Anliegen unter anderem an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Bundesumwel tministerin Svenja Schulze (SPD) und an Kanzleramtschef Helge Braun (CDU). „Wir wünschen uns von Ihnen den politischen Mut, die alten Zöpfe der Energiewende abzuschneiden“, schreibt HDE-Präsident Josef Sanktjohanser in einem Brief, über den die „Welt“ berichtet. Zumal eine Entlastung auf der Stromkostenseite weitere Investitionen ermögliche. In Sachen Verkehr bietet sich der Handel zudem als Partner für die Elektromobilität an. „Allein der Lebensmittelhandel könnte seine 38.000 Parkplätze für den flächendeckenden Aufbau einer E-Ladeinfrastruktur zur Verfügung stellen“, heißt es in dem Papier weiter. Dazu bedürfe es aber passender Förderprogramme. Denn aktuell sei es für viele Händler wirtschaftlich nicht darstellbar, Ladesäulen aufzustellen, sagte ein HDE-Sprecher der „Welt“. „Bislang können nur dann Fördergelder abgerufen werden, wenn die Ladesäulen rund um die Uhr erreichbar sind. Das kann der Handel insbesondere in attraktiven Innenstadtlagen nicht leisten. Ansonsten wären seine Parkplätze auch durch Nicht-Kunden ständig belegt“, so der HDE-Sprecher weiter. Außerdem seien bei den Baugenehmigungen für den Einzelhandel oftmals nur Parkerlaubnisse während der Öffnungszeiten vorgesehen. Manche Händler waren dennoch bereits aktiv: Nach HDE-Angaben gibt es derzeit rund 2.000 Ladesäulen mit insgesamt 4.000 Ladepunkten auf den Geländen von Einzelhändlern. +++