Lindner: FDP hat „keine Angst vor Neuwahlen“

FDP-Chef will Kommission zur Reform der Mehrwertsteuer

Christian Lindner (FDP)
Christian Lindner (FDP)

Berlin. Angesichts der stagnierenden Jamaika-Verhandlungen stellt sich die FDP auf Neuwahlen ein: Die Liberalen hätten „keine Angst vor Neuwahlen“, sagte der Parteivorsitzende Christian Lindner den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Wir könnten in diesem Fall schließlich sagen, dass uns unsere Überzeugungen wichtiger sind als Dienstwagen.“ Er glaube überhaupt nicht, dass die AfD von Neuwahlen profitieren würde, fügte er hinzu. „Es macht keinen Sinn, eine Regierung zu bilden, die nicht stabil ist und dauernd streitet“, so Lindner.

Er übernehme Verantwortung für die Opposition, wenn er seine Zusagen nicht hinreichend durchsetzen könne. „Und wenn es notwendig wird, ziehe ich auch wieder über die Marktplätze und mache Wahlkampf“, sagte er. „Ich habe die FDP nicht zurück ins Parlament geführt, um in einer Regierung ohne eigene Akzepte zu arbeiten. Wofür wir eingetreten sind, muss sich spürbar im Programm wiederfinden. Wenn das nicht möglich ist, gehen wir in die Opposition. Dafür nehme ich jeden Shitstorm in Kauf.“ Nach der Rolle von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei den Verhandlungen gefragt, antwortete Lindner: „Die Frau Bundeskanzlerin steuert den Prozess und sucht den Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Positionen.“ Er sei nicht eingeweiht in die Verhandlungstaktik der CDU-Vorsitzenden. Klar müsse aber sein, so der FDP-Chef: „Eine Koalition wird nicht deshalb entstehen, weil am Ende alle erschöpft sind und ein Zwang zur Einigung suggeriert wird.“

FDP-Chef will Kommission zur Reform der Mehrwertsteuer

Vor der zweiten Verhandlungsrunde für eine Jamaika-Koalition hat FDP-Chef Christian Lindner seine steuerpolitischen Forderungen konkretisiert. „Ich halte es für eine lohnende Aufgabe, eine überparteiliche Kommission zur Reform der Mehrwertsteuer einzurichten“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe weiter. Vertreter aller Parteien, der Gewerkschaften und Sozialverbände sowie Ökonomen „sollten einen Vorschlag machen für ein faires Mehrwertsteuersystem, das von seinen Widersprüchen befreit ist“. Diese Steuervereinfachung dürfe nicht zu einer stärkeren Belastung führen, sondern müsse aufkommensneutral erfolgen. Zudem dringt Lindner darauf, in dieser Wahlperiode den Solidaritätszuschlag abzuschaffen. Anschießend solle eine Reform der Einkommensteuer erfolgen, die „eine Entlastung der Mitte der Gesellschaft von der Krankenschwester bis zum Ingenieur“ bringe, sagte er. Diese Steuerreform solle erst nach der Abschaffung des Soli erfolgen, da man dafür die Zustimmung von Bundesrat und SPD brauche.

Die schwarze Null, also einen strukturell ausgeglichenen Haushalt, nannte Lindner „unverzichtbar“. Alles andere wäre „vernichtend für die Reputation Deutschlands in Europa“. Deshalb müssten sich zusätzliche Ausgabenwünsche aus den steigenden Einnahmen des Staates speisen. Der FDP-Vorsitzende sprach sich dafür aus, „die Gesetze und Subventionen der großen Koalition“ auf den Prüfstand zu stellen. „Die müssen alle zurück in die Montagehalle gezogen werden“, sagte er. „Die Subvention für Elektroautos zum Beispiel ist unwirksam und sozial unausgewogen.“ Lindner bekräftigte, er könne sich eine höhere Besteuerung von Konzernen vorstellen. „International operierende Konzerne wie Apple erzielen hierzulande hohe Gewinne, tragen aber wenig zur Finanzierung des Gemeinwesens bei. Das kann nicht sein“, kritisierte er. „Eine höhere Besteuerung von Apple und anderen ist technisch schwer umzusetzen, muss aber angegangen werden.“ +++