Lehrerverbandschef gegen längere Weihnachtsferien

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands (DL), Heinz-Peter Meidinger, hat Vorschläge von Unionspolitikern, wegen Corona die Weihnachtsferien zu verlängern, zurückgewiesen. "Der DL hält von solchen Überlegungen aus verschiedenen Gründen gar nichts", sagte Meidinger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Zum einen sollten wir die Zeit nutzen, in der Präsenzunterricht mit vollen Klassen möglich ist. Niemand weiß, ob und wann ein neuer Lockdown kommt bzw. eine neuerliche Phase des Wechselbetriebs."

Zum anderen sei es widersinnig, zum Ausgleich für längere Weihnachtsferien die Sommerferien des nächsten Jahres zu verkürzen, "bei denen zumindest die Hoffnung besteht, dass wegen eines dann hoffentlich vorhandenen Impfstoffs und besserer Medikamente wieder Urlaubsreisen in größerem Umfang möglich wären". Auch in Bezug auf Hygieneschutz sei es widersinnig, die Ferien in jener Zeit zu verlängern, in der Kinder nicht nach draußen können, si e aber zu verkürzen, wenn ein Aufenthalt im Freien möglich sei. "Das Hauptproblem und Hauptursache steigender Neuinfektionszahlen derzeit ist ja nicht der zweifellos noch nicht ausreichende Hygieneschutz an Schulen", so der Präsident des Lehrerverbands, "sondern dass sich im privaten Raum vor allem junge Menschen in geschlossenen Räumen ohne Infektionsschutzmaßnahmen unkontrolliert treffen." Verlängerte Weihnachtsferien würden dieses Problem mit Sicherheit nicht lösen, sondern "eher verschärfen". Angesichts steigender Zahlen von Corona-Infektionen hatten Unionspolitiker aus Hamburg und Bayern angeregt, die Weihnachtsferien in diesem Jahr zu verlängern, um so die Chancen von Übertragungen in der Schule zu verringern. Zum Ausgleich sollten anschließende Ferienzeiten wie Oster- oder Sommerferien kürzer ausfallen, so der Vorschlag.

Auch Lehrergewerkschaften lehnen Ferien-Verlängerung ab

Nach dem Deutschen Lehrerverband haben auch die Gewerkschaften der Lehrer und Erzieher den Vorstoß von Unions-Politikern zurückgewiesen, als Schutzmaßnahme gegen Corona die die Winterferien zu verlängern. "Der Vorschlag ist völlig unausgegoren", sagte Ilka Hoffmann, Vorstandsmitglied Schule der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Dafür müssten nicht nur das "höchst komplexe und fragile System Schule" mit seinen Lehrplänen und Prüfungsterminen komplett umgebaut werden, sondern auch Wirtschaft und Gesellschaft, warnte die GEW-Vertreterin. "Betriebe und Familien haben ihre Jahresplanung darauf abgestellt, dass die Beschäftigten während der Sommerferien den großen Jahresurlaub nehmen." Auch Reisebranche sowie Hotel- und Gaststättengewerbe hätten ihre Angebote auf "diesen gesellschaftlichen Common Sense ausgerichtet" und ständen bei längeren Ferien "vor einer vollkommenen Neuorientierung ", sagte Hoffmann. "Zudem werden Eltern nicht davon begeistert sein, wenn der Großteil des Jahresurlaubs - bei schlechtem Wetter - schon im Januar verbraten ist." Die Gewerkschafterin verwies auf den großen bundesweiten Planungsaufwand, den eine Ferienverlängerung bedeuten würde und kritisierte: "Bisher war die Politik schon häufig genug überfordert, die ganz konkreten Probleme vor Ort wie den Gesundheitsschutz der Lehrkräfte und Schüler, die digitale Ausstattung der Schulen, die Lüftungsfrage oder den Schülertransport zu lösen - und da sollen jetzt die ganz großen Räder gedreht werden?"

Auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE) reagierte skeptisch auf den Vorschlag. "Wäre das nicht ein temporärer Lockdown durch die Hintertür", sagte der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann dem RND. Wer die Ferien verlängern wolle, müsse etwa die Frage beantworten, wo die Kinder dann betreut werden sollen. "Die Politik ist in der Verantwortung, gestützt auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, Lösunge n zu finden, wie Unterricht unter Gewährleistung hinreichender Schutzmaßnahmen sichergestellt werden kann", so Beckmann. Dabei sei "unverhandelbar", dass bei der Beschulung die Gesundheit von Schülern als auch Lehrkräften oberste Priorität haben muss, so Beckmann. "Es braucht aufeinander abgestimmte und ineinandergreifende Maßnahmen, deren Auswirkungen nicht isoliert betrachtet werden dürfen." Der Vorschlag, die Winterferien zu verlängern, werfe viele Fragen auf, sagte der Gewerkschaftschef, darunter vor allem die Frage nach der Betreuung der Kinder, nach der Infektionsentwicklung im kommenden Sommer und nach der zusätzlichen Belastung von Eltern - etwa durch das frühzeitige Aufbrauchen ihres Jahresurlaubs oder auch der Lohneinbußen beim Fernbleiben vom Arbeitsplatz. "Ich erwarte, dass alle, die neue Vorschläge machen, auf diese und weitere wichtige Fragen überzeugende Antworten haben", so Beckmann. Die Politik müsse "sich ehrlich machen" und bei all dem, was sie vorschlägt, immer auch transparent machen, welche Auswirkungen dies für Schüler, Eltern, Lehrkräfte und die Gesellschaft mit sich bringt. +++ nh/dts


Popup-Fenster

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*