
Der CDU-Außenpolitiker Armin Laschet hat davor gewarnt, den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan für seinen Umgang mit dem Oppositionspolitiker Ekrem Imamoglu anzuprangern. Die Türkei werde gebraucht, um den europäischen Pfeiler der Nato zu stärken und um Fragen der Migration zu lösen, sagte Laschet den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Also müssen wir einen Weg finden, unsere Haltung bei eklatanten Verstößen wie der Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters sichtbar zu machen, ohne die Beziehungen zu Ankara auf Jahre zu zerstören."
Die scheidende Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) habe sich hier klug verhalten. Imamoglu wird im Marmara-Gefängnis nahe Istanbul festgehalten. Der Oppositionspolitiker war unter Verweis auf Korruptionsvorwürfe verhaftet und als Bürgermeister von Istanbul abgesetzt worden. Trotz seiner Verhaftung wurde der 53-Jährige als Präsidentschaftskandidat der CHP nominiert.
Am Samstag haben Hunderttausende in der Türkei gegen die Regierung von Erdogan demonstriert. "Wir könnten lautstark dagegen protestieren, was Erdogan mit Imamoglu macht", sagte Laschet, der als Außenminister einer schwarz-roten Regierung gehandelt wird. "Man kann aber auch diplomatisch signalisieren, dass das nicht zum europäischen Standard gehört. Die Türkei will ja immer noch in die Europäische Union, und der Umgang mit Imamoglu ist unvereinbar damit." +++
Erdogan hat die Kontrolle über die türkische Wirtschaft, doch seine Unterstützung könnte schwinden, wenn seine politischen Verbündeten und Geschäftsleute, die von seiner Macht profitieren, in ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen bedroht werden. Sollte die Wirtschaft auch die Eliten und Geschäftsinhaber hart treffen, könnte dies zu einem Verlust an Rückhalt führen. In diesem Kontext könnten gezielte Sanktionen gegen relevante Wirtschaftssektoren oder Firmen, die der Regierung nahestehen, wirksamer sein als allgemeine Maßnahmen, die die gesamte Bevölkerung betreffen. Es bleibt jedoch fraglich, ob die EU bereit ist, diesen Schritt zu gehen, da einige Mitgliedstaaten enge wirtschaftliche und politische Beziehungen zur Türkei unterhalten. Ein entschiedenes und geschlossenes Vorgehen der EU wäre jedoch der beste Ansatz, um Erdogan politisch unter Druck zu setzen.
Die jüngsten Entwicklungen in der Türkei zeigen erneut, wie sehr Präsident Erdoğan seinen autoritären Kurs verschärft. Während seine Popularität aufgrund wirtschaftlicher Probleme schwindet, greift er zu repressiven Maßnahmen, um seine Macht zu sichern. Die Verhaftung prominenter Persönlichkeiten ist dabei nur ein weiteres Zeichen für den Abbau demokratischer Strukturen. Ohne eine unabhängige Justiz bleibt die politische Verfolgung von Oppositionellen ein eklatantes Problem – und genau das muss auch von deutschen Politikern wie Armin Laschet klar benannt werden. Demokratie bedeutet, nicht vor Autokraten zu kuschen. Denn Erdoğan ist vergänglich, doch das türkische Volk wird sich erinnern – auch an jene, die aus Angst schwiegen.