Landrat Bernd Woide zum SGBII-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes

„Eine Mitwirkung der Leistungsbezieher ist selbstverständlich“

Landrat des Landkreises Fulda Bernd Woide (CDU)
Landrat des Landkreises Fulda Bernd Woide (CDU)

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu Kürzungen bei Beziehern von Leistungen nach dem SGB II hat die öffentliche Diskussion befeuert, ob Sanktionen grundsätzlich zulässig sind. Landrat Bernd Woide nimmt für den Landkreis Fulda als Träger des Kommunalen Kreisjobcenters dazu Stellung und spricht sich klar für die Beibehaltung des Prinzips „Fördern und Fordern“ und von Sanktionen aus.

„Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu Leistungskürzungen bei SGB II- Beziehern hat im Wesentlichen die Basis des Systems bestätigt – und damit eben auch die Richtigkeit des Prinzips „Fördern und Fordern“ unterstrichen. Denn selbstverständlich ist es richtig, dass die Solidargemeinschaft in Deutschland niemanden, der in Not geraten ist, im Stich lässt. Aber es ist ebenso richtig, von Menschen, die auf diese Weise von Steuerzahlern unterstützt werden, zu erwarten, dass sie daran mitwirken, ihre persönliche Lebenssituation zu verbessern. Das ist das Fundament eines solidarisch finanzierten Systems: Die Gemeinschaft muss darauf vertrauen können, dass alle nach Kräften mithelfen und sich kooperativ verhalten.

Etwa 6000 erwerbsfähige Leistungsberechtigte werden vom Fuldaer Kreisjobcenter betreut. Die Quote der Sanktionen liegt zwischen drei und vier Prozent – in der überwiegenden Zahl sind Meldeversäumnisse der Grund. Konkret heißt das: Drei Viertel der Sanktionen werden also ausgesprochen, weil Leistungsbezieher nicht zu Terminen im Kreisjobcenters erschienen sind, einem Kurs oder einer Infoveranstaltung fern blieben – und zwar ohne dafür einen nachvollziehbaren Grund anzuführen. Für meine Begriffe ist es die blanke Selbstverständlichkeit und die müheloseste Form der Mitwirkung, einen Termin einzuhalten oder diesen im Verhinderungsfall rechtzeitig und begründet abzusagen. Wer dazu nicht willens ist, muss auch weiterhin mit einer vorübergehenden Kürzung seiner Leistungen rechnen. Das hat das Urteil nicht in Frage gestellt.

Dass im Kreisjobcenter Fulda in der Mehrzahl Sanktionen wegen Meldeversäumnissen ausgesprochen werden, bedeutet aber auch, dass die Zahl derer, die Jobangebote ohne triftigen Grund ablehnen, Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung abbrechen und/oder dies wiederholt tun, in der Relation überschaubar ist. Die Zahl der nun als nicht verfassungskonform eingestuften Kürzungen in Höhe von 60 und 100 Prozent beliefen sich im Kreisjobcenter Fulda zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung auf gerade mal 32 Fälle. Bezogen auf die Gesamtzahl von rund 6000 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sind das 0,5 Prozent. Das belegt eindrücklich, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserem Kreisjobcenter sehr gute Arbeit machen, weil sie nah an den Hilfesuchenden sind, sie so individuell wie möglich betreuen und auf dem Weg in Arbeit begleiten. Insofern taugt das Urteil nicht als Basis dafür, das Konzept des SGB II zu verteufeln oder in Gänze in Frage zu stellen.“ +++