Lammert: Justiz zu zögerlich bei Hetze und Hasskommentaren

Die Konfliktfähigkeit einer Gesellschaft beruht auf dem Konsens aller Beteiligten

Ex-Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat eine schärfere strafrechtliche Verfolgung von Hetze und Hasskommentaren im Internet gefordert. Bei der Justiz sei „eine Zögerlichkeit zu beobachten, die der Ernsthaftigkeit des Themas nicht gerecht wird“, sagte Lammert dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Bei der Überschreitung von Mindestansprüchen für private und öffentliche Kommunikation sollte mindestens die Konsequenz an den Tag gelegt werden, mit der zum Beispiel bei Geschwindigkeitsüberschreitungen die dafür vorgesehenen Bußgelder eingefordert und eingetrieben werden“, forderte der langjährige Bundestagspräsident und jetzige Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Unter anderem durch Angriffe auf Politiker habe sich gezeigt, dass die Grenze zwischen rhetorischen und gewalttätigen Übergriffen kleiner werde. „Man darf diese Entwicklung weder unterschätzen noch verharmlosen“, so Lammert. „Ich würde mir deshalb eine wirklichkeitsnähere Handhabung durch die Justiz wünschen.“ Der vom Grundgesetz geschützte Anspruch auf Meinungsfreiheit sei „keine Generalrechtfertigung für das Verbreiten offenkundig falscher Behauptungen“, so Lammert weiter. „Und es kann auch keine Rückzugsformel sein für beliebige Verdächtigungen, Beleidigungen und Bedrohungen“, so der CDU-Politiker.

Durch die Radikalisierung der Debatte sei die Demokratie in Deutschland zwar nicht akut gefährdet. „Aber die gut gemeinte Toleranz gegenüber Übertreibungen ist ein Risiko für das Funktionieren unserer Demokratie. Die Konfliktfähigkeit einer Gesellschaft beruht auf dem Konsens aller Beteiligten über die Art und Weise, mit der man mit unterschiedlichen Auffassungen umgeht. Wenn dieser Konsens verloren geht, ist der innere Zusammenhalt gefährdet.“ +++