Kritik von Fuldaer Händlern nicht gerechtfertigt

LGS zwischen Autonomie und städtischem Händlerunmut - Angriff, Klarstellung, Meinung

Kann man die Kritik von den Händlern und Gastronomen, die Landesgartenschau sei schlecht an die Innenstadt angebunden, teilen? Sicherlich nicht vollumfänglich. Doch diesen Vorwurf haben Anfang dieser Woche indirekt in der Innenstadt ansässige Händler und Gastronomen der Stadt und dem in Fulda ansässigen Verein „City Marketing Fulda“ in einem Brief, adressiert an den Fuldaer Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld (CDU), gemacht. Unterschrieben hat den Brief eine Inhaberin eines in der Fuldaer Friedrichstraße ansässigen Bekleidungsgeschäfts. Die Stellungnahme des Fuldaer Oberbürgermeisters ließ nicht lange auf sich warten…

Wusste man nicht viele Monate und speziell auf die Landesgartenschau gemünzt, sogar Jahre zuvor, welche Veranstaltungen bzw. Veranstaltungsformate sich in den nächsten Wochen und Monaten in Fulda ereignen? Also für die Handeltreibenden und Gastronomen genug Spielraum, um ihre Sorgen und Befürchtungen der Stadt oder dem City Marketing Fulda, von dem man es im Übrigen gewohnt ist, für seine nicht wenigen Mitglieder Partei zu ergreifen, kundzutun. Man hätte gemeinsam Überlegungen anstellen können, was man tun kann, um auf sich während der Landesgartenschau aufmerksam zu machen. Da muss man als Geschäftsmann/Geschäftsfrau auch mal kreativ sein.

In dem Brief an den Fuldaer Oberbürgermeister ist u.a. von einer „Parallelwelt“, die sich zu dem Landesgartenschaugelände aufmache, die Rede. Die Landesgartenschaubesucherinnen und – besucher wüssten teils nicht, wie sie von dem Gelände in die Innenstadt gelangen, was sich am Umsatz der Händler widerspiegle. Sich jedoch jetzt hinzustellen, und die Stadt und die Landesgartenschau gGmbH, zu kritisieren ist nicht nur unfair, sondern schlicht und ergreifend auch der falsche Weg. So ähnlich sieht es auch Fuldas Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld, der die Landesgartenschau gGmbH und das City Marketing Fulda in Schutz nimmt.

LGS führt zur Belebung der Innenstadt

Die Landesgartenschau läuft nun seit gut zwei Wochen und hat nach unserer Beobachtung deutlich zur weiteren Belebung der Innenstadt beigetragen, so Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld in seinem Antwortschreiben an die Inhaberin des Bekleidungsgeschäfts in der Friedrichstraße. Berichten zufolge soll sie den Brief stellvertretend für die rund 40 an der Zahl Unzufriedenen unterzeichnet haben, wie viele es tatsächlich sind, ist unklar. In dem Antwortschreiben des OB heißt es weiter: Wir gehen fest davon aus, dass dieser von vielen Geschäftsleuten, aber auch in der Hotellerie und von Anwohnern aus der Innenstadt sehr deutlich wahrgenommene Trend durch die Frequenzmessungen des Citymarketings auch quantitativ belegt werden. Gleichwohl ist der Zeitpunkt im LGS-Jahr noch früh genug, um ggf. weitere Verbesserungen, etwa in Sachen Beschilderung, umzusetzen. Hier können wir gerne Ihre Anregungen prüfen. Grundsätzlich hat die Landesgartenschaugesellschaft sich schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt – und auch in Absprache mit dem Innenstadthandel und dem Citymarketing – viele Gedanken über Verkehrs-/Parkkonzepte, die Anbindung an die Innenstadt, die Barrierefreiheit und die notwendige Beschilderung gemacht. Aber Verbesserungsmöglichkeiten gibt es natürlich immer, und sie werden – wo immer möglich – rasch umgesetzt.

Zu den wichtigen strategischen Entscheidungen rund um die LGS gehörte für die Stadt Fulda das ÖPNV-Konzept: So wurde pünktlich zur Gartenschau eine neue verlängerte Buslinie in Betrieb genommen: Die Linie 16, die bisher am ZOB endete, wurde verlängert bis zur Haltestelle Aueweiher ganz in der Nähe des LGS-Haupteingangs. Im 30-Minuten-Takt bedient diese Linie unter anderem die Innenstadt-Haltestellen Stadtschloss, Universitätsplatz und Peterstor und ist somit bestens geeignet, LGS-Besucherinnen und -Besucher von der Innenstadt zur LGS zu bringen (oder natürlich auch umgekehrt wieder zurück in die Innenstadt). Die Fahrt vom Aueweiher zum Peterstor dauert gerade einmal 9 Minuten. Darüberhinaus ist das weitläufige LGS-Gelände auch über die Linie 5 (neue Haltestelle „Überm Engelshaus“/Tiergarten) an die Innenstadt angebunden. Unter der Woche verkehrt diese Linie stündlich, am Wochenende wegen der LGS ebenfalls sogar im 30-Minuten-Takt. Dieses engmaschige ÖPNV-Angebot sucht im Vergleich mit anderen Landesgartenschauen seinesgleichen!

Zusätzlich zu diesen Angeboten des ÖPNV gebe es den Shuttle-Bus der LGS, der für LGS-Gäste kostenlos ist und im 30-Minuten-Takt auf seinem Rundkurs auch am Rande der Innenstadt (Löhertor) hält – somit besteht auch hiermit die Gelegenheit für Gäste der LGS, einen Zwischenstopp zum Besuch der Innenstadt einzulegen. Sowohl die ÖPNV-Busse als auch die Shuttles sind übrigens auch für Menschen im Rollstuhl nutzbar. Diese und viele weitere Tipps zur Anreise finden interessierte Gartenfreundinnen und -freunde leicht auf der Homepage der LGS. Dort gibt es auch Hinweise für Pkw-Parkmöglichkeiten wie z.B. im neuen Parkhaus am Rosenbad, das pünktlich zur Landesgertenschau fertiggestellt wurde und sich gewissermaßen auf der Mitte zwischen dem LGS-Gelände und der Innenstadt befindet und – wie von Ihnen gefordert – die Möglichkeit bietet, in vertretbarer Zeit fußläufig sowohl die LGS als auch die Innenstadt zu erreichen. Andere Möglichkeiten der Anbindung – wie die von Ihnen ins Spiel gebrachten Rikschas oder die Wiederbelebung des Transcity – sind im Vorfeld erörtert worden, aber aufgrund von negativen Erfahrungswerten aus anderen Städten nicht umgesetzt worden.

OB Wingenfeld: „Von der neuen städtebaulichen Akzentuierung wird langfristig auch die Innenstadt profitieren.“

U.a. sei von der Inhaberin des Geschäfts in der Friedrichstraße auch die Nichtfertigstellung des Schlossgartens bemängelt bzw. kritisiert worden. Auch hierauf hat der OB in seinem Antwortschreiben Bezug genommen. Die Fertigstellung des Schlossgartens wäre sicher wünschenswert gewesen, ließ sich aber in der ursprünglich geplanten engen Taktung der Großereignisse (Stadtjubiläum 2019, Hessentag 2021 und LGS 2023) nur schwer einpassen, zumal die Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs sowie die monatelange Verzögerung wegen der umfangreichen Kampfmittelsondierung schwer vorhersehbare und kalkulierbare Faktoren für die Bauarbeiten darstellten. Und nebenbei bemerkt: Den Schlossgarten wie 1994 wieder zum Teil der LGS zu machen und damit das LGS-Geschehen näher Richtung Innenstadt zu verlagern, war schon rein formell nicht möglich, denn die Förderrichtlinien schließen aus, dass zwei Mal dasselbe Gebiet von der LGS-Förderung profitiert (einzige Ausnahme ist der Bereich rund um die Parkbühne von 1994, wo jedoch für 2023 keine bleibenden Investitionen getätigt wurden). Die Verantwortlichen haben sich bewusst dafür entschieden, mittels der LGS 2023 neue städtebauliche Akzente zu setzen und Fuldas westliche Stadtteile näher an den Fluss und an die Innenstadt heranzurücken. Davon wird langfristig auch die Innenstadt profitieren.

Gewiss: Das Gelände der LGS ist groß, und wer es an einem einzigen Tag komplett erkunden will, hat eine gute Wegstrecke zu laufen. Doch die überaus positiven Rückmeldungen aus der Hotellerie legen den Schluss nahe, dass viele auswärtige LGS-Gäste tatsächlich einen Aufenthalt mit Übernachtung in Fulda gebucht haben – mit genügend Zeit, neben der LGS auch die Innenstadt zu erkunden. Die Stadt Fulda hat in Zusammenarbeit mit zahlreichen Kooperationspartnern ohnehin dafür gesorgt, dass es in diesem Jahr genügend Anlässe gibt, die Stadt (mehrfach) zu besuchen oder sich auf Entdeckungsreise durch die Innenstadt zu machen: Denken Sie nur an die Reihe „Alles im grünen Bereich“, die Domplatzkonzerte, das Landesmusikfest, die Kunstinstallation der „Alltagsmenschen“, die Reihe „Kultur findet Stadt“ im Museumshof, der Musicalsommer, das Stadtfest und das Weinfest etc. Für eine enge Verzahnung von LGS und Innenstadt stehen auch Aktionen und Angebote wie das Kombiticket, das den Besuch der LGS und der städtischen Museen ermöglicht. Insofern bilden Stadt und LGS keineswegs Parallelwelten, vielmehr greift hier vieles ineinander und bietet Anlässe, die gesamte Stadt als Erlebnisraum zu genießen.

Es mag sein, dass sich eine steigende Frequenz in der Innenstadt nicht mehr wie früher 1:1 in gestiegenen Umsatzahlen bei der Händlerschaft niederschlägt. Dies sind jedoch leider allgemeingesellschaftliche Entwicklungen, die sich auch im Konsumverhalten zeigen und die von der Stadt Fulda kaum beeinflussbar sind. Dass jedoch auch der Handel selbst mit Blick auf die LGS aktiv werden kann, zeigt das Beispiel Bahnhofstraße: Der BID hat erkannt, dass es vorteilhaft sein könnte, wenn die LGS-Gäste, die mit der Bahn anreisen, nicht schon am ZOB in den Bus Richtung Tiergarten oder Aueweiher einsteigen, sondern erst noch einen Abstecher durch die Bahnhofstraße machen, um dann vielleicht am Uniplatz oder am Peterstor den Bus zu nehmen: Hier wurden jedenfalls durch den BID einige Anstrengungen unternommen, um entsprechende Akzente und Anreize zu setzen. In diesem Sinne wünsche ich dem gesamten Innenstadthandel, dass die positive Energie und die nachhaltigen Impulse, die von der Landesgartenschau ausgehen, sich auch positiv für die ganze Stadt und für den Einzelhandel und die Gastronomie auswirken, so Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld in seinem Antwortschreiben.

Wer sich in den ersten Tagen nach der Eröffnung der Landesgartenschau in der Innenstadt aufgehalten hat, dem wird aufgefallen sein, dass diese so voll war wie schon lange nicht mehr. Unmittelbar nachdem die Corona-Maßnahmen aufgehoben wurden, kehrte das Leben in die Stadt zurück, sehr zur Freude der Fuldaer Gastronomen. Ohne Reservierung ist in den Restaurants so gut wie kein Tisch zu bekommen.

LGS als Geschäftsidee

Ein Juweliergeschäft in der Fuldaer Altstadt wusste auf die Landesgartenschau und ihre Strahlkraft zu reagieren und hat in Anlehnung auf die Landesgartenschau eine individuelle Schmuckkreation entworfen. „Das Symbol der Landesgartenschau ist die Libelle. Rechtzeitig zu Frühlingsbeginn sind bei uns 100 Libellen eingeflogen, wurden bereits an die Kette gelegt und warten nur darauf, auf der Landesgartenschau FULDA 2.023 ausgeführt zu werden. Dieses filigrane Insekt schwebt wie ein kleiner Helikopter über die Wasserlandschaften auf dem Gelände der Gartenschau und begeistert alle, die sich die Zeit nehmen, es bei seinen Flugkünsten zu beobachten. Für Sie haben wir eine kleine Libelle aus Silber 925 geschaffen – als bleibende Erinnerung an einen wunderschönen Sommer. Liebe Grüße aus der blühenden Barockstadt Fulda“, heißt es in dem Vermarktungstext zu dem besonderen Souvenir.

Darüber hinaus wird in der Fuldaer Innenstadt auf die Landesgartenschau reagiert bzw. mit ihr gespielt, wie beispielsweise mit den „Alltagsmenschen“ von der Bildhauerin Christel Lechner und ihrer Laura Lechner. Ein weiterer Brückenschlag zur Landesgartenschau ist der seit Kurzem wieder eröffnete StadtGarten auf dem Jesuitenplatz in unmittelbarer Nähe zum Vonderau Museum. Man sieht also, dass die Landesgartenschau und die Fuldaer Innenstadt keinesfalls Parallelwelten zueinander bilden, die Landesgartenschau, hinter der viele kreative Köpfe stecken, wird auch in der Innenstadt aufgegriffen und mit ihr bewusst gespielt; um dies jedoch zu erkennen oder um dies für sich als Geschäftsidee zu nutzen, fehlt manchen offenbar die Kreativität und die Fantasie. +++ ja/nh