Krankenhausunterlagen belegen Gefahren durch Pflegekräftemangel

Gesetzgeber soll klare Vorgaben formuliern

Berlin. Interne Unterlagen aus deutschen Krankenhäusern belegen, welche gefährlichen Auswirkungen der seit Jahren kritisierte Personalmangel bei Pflegekräften verursacht. „Zeit-Online“ berichtet darüber unter Berufung auf mehr als einhundert sogenannte Gefährdungsanzeigen aus einem Dutzend Krankenhäuser, in denen Pflegekräfte dokumentieren, welche Arbeiten sie aufgrund des Personal- und Zeitmangels nicht erledigen konnten.

Demnach führt die chronische Unterbesetzung der Stationen immer wieder dazu, dass Hygienerichtlinien nicht eingehalten werden, dass Medikamente zu spät verabreicht werden, dass die Vorsorge zur Vermeidung von Liegegeschwüren bei bettlägerigen Patienten zu kurz kommt oder sogar dazu, dass Patienten nicht ausreichend gefüttert werden. So beschreiben Pflegekräfte, dass auf der Intensivstation des Diakonie-Klinikums Stuttgart zwei Menschen in Lebensgefahr gerieten. „Wir können unsere Patienten nicht mehr fachgerecht versorgen“, sagte eine Intensivschwester aus Stuttgart. Jeder Arbeitnehmer ist verpflichtet, seinen Arbeitgeber auf Überlastungen und ihm drohende Gefahren hinzuweisen. Normalerweise werden diese an die Klinikleitungen gerichteten Hilferufe nicht öffentlich. Die Anzeigen zeigen: Egal ob das entsprechende Krankenhaus einem privaten Träger gehört, kirchlich oder kommunal organisiert ist, überall ist das Missverhältnis zwischen Pflegepersonal und Patienten so groß, dass Pfleger und Krankenschwestern nahezu gezwungen werden, die Patienten und sich selbst in Gefahr zu bringen.

Der Mangel betrifft außerdem alle Behandlungsbereiche von der Notaufnahme bis zur Intensivstation. Im Vergleich zu anderen Ländern Europas besitzt Deutschland das schlechteste Verhältnis von Pflegekräften zu Patienten. Der Gesetzgeber hat den Klinikbetreibern daher aufgetragen, sich bis Juni 2018 selbst zu Personaluntergrenzen für sogenannte pflegeintensive Bereiche zu verpflichten. Die Betreiber wollen solche Grenzen aber höchstens in zwei Krankenhausbereichen einführen, wie es in internen Unterlagen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) heißt. Lediglich für Geriatrie- und Neurologiestationen will die DKG demnach eine Personalgrenze verhandeln. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV) will sie sogar nur für Neurologiestationen einführen, wie es in dem Dokument heißt. Grit Genster, Leiterin der Gewerkschaft Verdi für den Bereich Gesundheitspolitik, sagt: „Wir fordern, dass der Gesetzgeber klare Vorgaben formuliert, wie viele Patienten ein Pfleger höchstens betreuen darf. Vor allem für sensitive Bereiche wie Intensivstationen braucht es solche Normen.“ +++