Kramp-Karrenbauer: Gabriels Merkel-Kritik ist "perfide"

Sigmar Gabriel (SPD)

Berlin. Kurz vor dem Koalitionsgipfel am Sonntag eskaliert der Streit über die Integrations- und Flüchtlingspolitik der Bundesregierung: "Die Angriffe von Sigmar Gabriel auf die Kanzlerin sind perfide: Es ist von Anfang an alles gemeinsam beschlossen worden", sagte die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) der "Welt". Die Regierungschefin ergänzte: "Von der Entscheidung im vergangenen September, die Grenze für syrische Flüchtlinge aus Ungarn zu öffnen, in die das Außenministerium eingebunden war, bis zu unseren Bemühungen um eine europäische Lösung gab es nichts, was nicht zu einhundert Prozent von der SPD in der Regierung mitgetragen wurde."

Während die SPD-Kandidatin Malu Dreyer vor wenigen Monaten im Wahlkampfendspurt den Eindruck erweckt habe, zwischen "sie und die Kanzlerin passe kein Blatt", habe der SPD-Kandidat Erwin Sellering in Mecklenburg-Vorpommern nun so getan, als habe er "den größtmöglichen Abstand zu Merkel". Das zeige, "wie taktisch geprägt und letztlich populistisch die SPD in der Flüchtlingspolitik unterwegs ist". Darüber hinaus weist das CDU-Präsidiumsmitglied Forderungen der CSU entscheiden zurück. Die von der Schwesterpartei angestrebte Priorität für Zuwanderer aus dem "christlich-abendländischen Kulturkreis" hält Kramp-Karrenbauer für undurchführbar: "Bei der Aufnahme von Verfolgten unterscheidet unser Grundgesetz gerade nicht, ob jemand als Christ, Jude, Moslem, Mann oder Frau, oder aus anderen Gründen verfolgt wird."

Die CDU-Politikerin sagte weiter: "Wie soll dieser Vorschlag der CSU denn in die Praxis umgesetzt werden? Bei der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt kommt es doch eher auf die Qualifikation an, statt auf die Religion", sagte die Saarbrücker Regierungschefin weiter. Auch die Forderung nach einem "Einwanderungsbegrenzungsgesetz", die Seehofer an diesem Samstag in seiner Partei beschließen lassen will, lehnt die CDU ab: "Wer behauptet, mit einem isolierten Einwanderungsgesetz käme kein einziger Flüchtling mehr, belügt die Leute", sagte Kramp-Karrenbauer. "Dafür müssten wir zum Beispiel die Genfer Flüchtlingskonvention kündigen und das Asylrecht im Grundgesetz abschaffen." Allerdings sieht die Ministerpräsidentin durchaus Diskussionsbedarf: "Wir müssen schon eine Debatte führen, welche Zuwanderung wir bei uns haben wollen und in welchem Rahmen wir gleichzeitig unseren humanitären Verpflichtungen nachkommen können."

Die erneute Forderung der CSU, der Bundestag möge eine Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr gesetzlich beschließen, verwirft die Schwesterpartei hingegen kategorisch. "Der Streit um die Obergrenze ist angesichts der aktuellen Situation, in der deutlich weniger Flüchtlinge neu ankommen, eine ziemliche Phantomdiskussion." Kramp-Karrenbauer wirbt außerdem für einen "argumentativen Häuserkampf" in der Auseinandersetzung mit der AfD. "Populisten wie die der AfD zu ignorieren oder zu dämonisieren, war und ist wenig erfolgreich", sagte die CDU-Politikerin. "Wir müssen die Denkweise, Grundhaltungen und die falschen Behauptungen dieser Partei entlarven. Unter dieser Maxime werde ich in meinem Wahlkampf im Saarland keiner Diskussion aus dem Weg gehen." Die Ministerpräsidentin gestand hier durchaus Fehler ein: "Auch wir in der CDU - mich eingeschlossen - haben Fehler im Umgang mit der AfD gemacht. Auch wir haben uns zum Beispiel an der einen oder anderen Stelle an demonstrativen Aufrufen gegen die AfD beteiligt. Das war gut gemeint, hat aber nichts gebracht. Denn diese Partei lebt davon, sich als Opfer zu gerieren. Jedes Verhalten, das sie darin bestätigt, ist kontraproduktiv." +++


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1 Kommentar

  1. Kramp-Karrenbauer verwechselt wohl Gabriel mit Seehofer!
    Zügellos, zahnlos, machtlos, respektlos: Genau -Seehofer und seine CSU-Kombattanten!
    Hat Seehofer nicht erst kürzlich bei seiner groß angekündigten (angedrohten?) Verfassungsklage gegen die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin seinen Schwanz eingezogen?
    Die Kanzlerin nimmt Seehofer offensichtlich schon lange nicht mehr ernst!
    Hat sie doch ihr von Seehofer und seinem CSU-Gefolge aufs Heftigste bekämpfte "Wir schaffen das"-Mantra vom letzten Sommer nach einem Jahr unverändert wiederholt, ohne die zahllosen Flüchtlings-(Schein?-)Initiativen der Bayerischen Staatsregierung zu würdigen. Und jetzt hat sie auch noch eines drauf gesetzt und die kritische Kommentierung ihrer Flüchtlingspolitik als "Überbietungswettbewerb sprachlicher Enthemmung" ("Jahrhundertfehler" und "Herrschaft des Unrechts" waren noch "harmlose" Auswürfe) kritisiert und eine sprachliche Abrüstung gefordert: wen anders als insbesondere Seehofer und seine CSU-Kombattanten kann sie damit gemeint haben? Und was erklärte kürzlich Lorenz Caffier, CDU-Vorsitzender Meck-Pom: "Herr Seehofer spielt mit seinen Äußerungen den Gegnern von Demokratie und Rechtsstaat in die Hände".
    Der Scheinriese Seehofer schrumpft zum Gartenzwerg. Da hilft es auch nicht, dass er jetzt - erneut hilflos? - einen CSU-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2017 ins Gespräch bringt bzw. - von CSU-Veteran Stoiber - ins Gespräch bringen lässt. Vielleicht sollte man ihm - kein Königreich, kein Fürstentum, keine Grafschaft, aber wenigstens - eine Zwergenkolonie schmackhaft machen?
    Aber die Medien schreiben ihn hoch!

    "I bin nix, i kann nix, i hab nix,
    i denk nix, i schreib nix, i sag nix,
    i ess nix, i drink nix, i mag nix,
    i schau nix, i hör nix, i wag nix,
    i find nix, i brauch nix, i frag nix,
    i fühl nix, i spür nix, i klag nix."

    https://youtu.be/KzwJeMGG0ec

    Viel Spaß beim Anhören!
    PS: Und Söder antwortet auf Merkels "sprachliche Abrüstungsinitiative" in seiner bekannt stillosen Art: "mit Stilfragen gewinnt man keine Wähler zurück"! Aha, aber wohl mit Stillosigkeit!? Jetzt habe ich den Politikstil der CSU verstanden.

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