Koch rechnet mit Kramp-Karrenbauer als Kanzlerkandidatin

In den anstehenden Wahlkämpfen auf Zuspitzung setzen

Roland Koch (CDU)

Der ehemalige hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sieht die Kanzlerkandidaten-Frage der Union mit der Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer als Parteichefin als geklärt an. „Die CDU hat eine Parteivorsitzende gewählt in dem Wissen, was eine solche Wahl bedeutet“, sagte Koch dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ auf die Frage nach der Kanzlerkandidatur. „Und die CDU ist eine Partei, die auch in Zukunft auf Geschlossenheit wert legt und froh ist, dass die Personen in der Führung vernünftig miteinander umgehen.“

Annegret Kramp-Karrenbauer ist am Sonntag 100 Tage CDU-Chefin. Roland Koch, der im Parteivorsitzenden-Wettbewerb Friedrich Merz unterstützt hatte, stellte Kramp-Karrenbauer ein positives Zeugnis aus. Die CDU müsse sich genau an den Schnittpunkten der Kandidaten Kramp-Karrenbauer und Merz ausrichten, da beide je etwa die Hälfte der Delegiertenstimmen auf dem Parteitag erhalten hatten, sagte Koch. „Das macht Annegret Kramp -Karrenbauer sehr klug, umsichtig und sehr richtig.“ Sie wolle die unterschiedlichen Enden so zusammenzuführen, dass ohne eine zu lange Debatte über die Vergangenheit eine deutliche Perspektive für die Zukunft entwickelt wird. „Nicht nach hinten gucken, sondern nach vorne führen – das ist genau der richtige Weg“, sagte Koch. Den Konservativen in der Union gab Koch Mitschuld an ihrer zuletzt untergeordneten Rolle in der Partei. „Die Konservativen waren nicht destruktiv, aber gehemmt und passiv“, sagte er. „Sie haben sich nicht klar genug dargestellt als Kraft, die die Zukunft gestalten will. Der Selbstfindungsprozess ist schwergefallen.“

Den CDU-Kreis „Werteunion“, der sich als konservativer Flügel der CDU beschreibt, bewertete Koch als überflüssig: „Ich halte von solchen Gruppierungen gar nichts“, sagte er. „Wer sich einbringen will, muss das in der Sache tun. Sich hinter der Behauptung zu verstecken, man stehe für Werte und diese damit anderen abzusprechen, hilft niemandem. Es führ t nur zu wechselseitiger Diskreditierung.“ Koch empfahl der CDU, in den anstehenden Wahlkämpfen auf Zuspitzung zu setzen. „Wahlen verlangen den Bürgern eine große Leistung ab: Sie müssen auf sehr komplexe Lebensverhältnisse mit einem einzigen Kreuz antworten“, sagte er. „Wenn man das den Wählern ermöglichen will, ist ein gewisses Maß an Polarisierung nötig, sonst sind Erkennbarkeit und Unterscheidbarkeit weg. Die Wähler verzichten dann aber nicht auf Polarisierung, sie suchen sie nur an anderer Stelle.“ Befremdet zeigte sich Koch von der SPD-Ankündigung, bei einem Kanzlertausch aus der großen Koalition auszutreten. Es sei „ulkig, dass die SPD an das Thema mit so spitzen Fingern herangeht“, sagte Koch. „Schließlich hat sie selbst schon ziemlich oft ihre Parteichefs getauscht und auch mal den Vizekanzler.“ +++