Berlin. Die große Koalition kann wie geplant gegen Tricks der Spielautomaten-Industrie vorgehen und damit den Schutz vor Spielsucht deutlich stärken. Laut eines Berichts der „Berliner Zeitung“ hat die Europäische Kommission die dreimonatige Widerspruchsfrist zur Neufassung der sogenannten Spielverordnung verstreichen lassen, ohne Bedenken gegen die Neuregelung anzumelden. Die Verordnung soll nun noch im Oktober formal vom Bundeskabinett zur Kenntnis genommen werden. Sie kann dann im November in Kraft treten, schreibt die Zeitung.
Mit der neuen Verordnung werde unter anderem das sogenannte Punktespiel verboten, das in praktisch allen Geldspielautomaten in Deutschland praktiziert wird. Dabei wird der eingeworfene Geldbetrag sofort in Punkte umgewandelt, womit alle gesetzlichen Regelungen zu Spieldauer, Höchsteinsatz oder Maximalverlust ausgehebelt werden. Das Spiel um Punkte ist nach Ansicht von Suchtforschern besonders gefährlich, weil die Spieler jeden Bezug zum Geld verlieren. Geldspielautomaten haben nach Erkenntnissen der Forscher unter allen Glücksspielen das höchste Suchtpotenzial. Die neue Spielverordnung sieht der BZ zufolge noch weitere Regelungen zum Schutz der Spieler vor. So sollen künftig in Kneipen und Gaststätten nur noch zwei statt drei Spielautomaten erlaubt sein. Der maximale Verlust pro Stunde werde von 80 auf 60 Euro herabgesetzt, der maximale Gewinn pro Stunde von 500 auf 400 Euro reduziert.
Außerdem soll die derzeit zulässige Automatiktaste verboten werden, mit der Spieler Beträge automatisch einsetzen können. Nach jüngsten Schätzungen leiden in Deutschland 250.000 Menschen unter Spielsucht, weitere 250.000 Menschen weisen problematisches Spielverhalten auf, was als Vorstufe zum unkontrollierten, zwanghaften Spielen gilt. Der Spielautomatenbranche geht es dagegen gut. Die Zahl aufgestellter Automaten stieg zwischen 2005 und 2012 um 45 Prozent auf 265.000. Der Neufassung der Spielverordnung war eine lange politische Auseinandersetzung vorausgegangen. Die ursprünglich von Ex-Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) 2012 vorgelegte Novelle war im Bundesrat erheblich verschärft worden. Diese Fassung wurde jedoch von Rösler nie angenommen. Erst der neue Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) übernahm die Änderungen und legte sie schließlich der EU-Kommission vor. +++ fuldainfo
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