Klöckner rechnet mit abermaliger Kanzlerkandidatur Merkels

Politikerinnen in Führungspositionen sind nicht der Maßstab

Angela Merkel (CDU)
Angela Merkel (CDU)

Berlin. Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner rechnet damit, dass Angela Merkel nach einer Bestätigung als Parteichefin im Dezember auch wieder zur Bundestagswahl 2017 als Kanzlerkandidatin der Union antritt: Sie könne es sich gut vorstellen, da sie davon ausgehe, dass Angela Merkel in zwei Monaten beim Bundesparteitag wieder als Vorsitzende antrete, sagte Klöckner der Online-Ausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Ein Dreivierteljahr später sei die Bundestagswahl. „Welchen Sinn würde es ergeben, als gerade wiedergewählte Bundesvorsitzende dann nicht auch als Kanzlerkandidatin anzutreten?

Es ist nicht Angela Merkels Art, abzuspringen, wenn es schwierig wird.“ Sie sei keine, die mit dem Kopf durch die Wand gehe. „Sie sucht mit den Augen erst einmal die Tür, durch die man gehen kann.“ Klöckner widersprach der in Umfragen festgestellten Meinung einer Mehrheit der Deutschen, dass Merkel ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik nicht ändern werde: „Um welchen Kurswechsel geht es denn? Die Asylpakete mit strengen Regelungen zurückdrehen? Die neuen Integrationspflichten zurücknehmen? Oder die Abschiebung in sichere Herkunftsländer? Wer behauptet, dass im August und September 2016 noch dieselbe Politik gemacht wurde wie im Herbst 2015, der hat Teile der Realität nicht mitbekommen.“ Gleichzeitig gestand sie ein, dass die Politik diesen Kurswechsel nicht ausreichend der Bevölkerung vermittelt habe: „Wir Politiker sind da nicht ganz unschuldig daran. Die Kommunikation ist hinter dem, was getan wurde, zurückgeblieben. Das muss aufgeholt werden.“ Im Streit mit der CSU um eine Obergrenze für die jährliche Aufnahme von Flüchtlingen rechnet die rheinland-pfälzische Fraktions- und Landesvorsitzende fest mit einem baldigen Kompromiss zwischen Angela Merkel und dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer. „Nur gemeinsam sind wir stark und können gewinnen. Wir haben keine andere Wahl, es muss eine Einigung geben. Wenn es die nicht gibt, können wir uns das Geld für den Bundestagswahlkampf sparen.“

Die Festlegung auf den Begriff „Obergrenze“ hält die CDU-Politikerin für nebensächlich: „Ob am Ende das Wort `Obergrenze` oder `Richtgröße` oder `Kontingent` steht, ist unerheblich.“ Es ergebe auch wenig Sinn, „jetzt eine Zahl zu nennen“. Die Debatte um die Obergrenze habe sich genauso verselbstständigt hat wie die um Merkels Satz „Wir schaffen das“. In der Debatte um Sexismus-Vorwürfe gegen Berliner CDU-Politiker, die eine junge Kommunalpolitikerin öffentlich gemacht hatte, äußerte sich Klöckner zurückhaltend: „Was den Fall in Berlin betrifft: Erstens kann ich den nicht abschließend beurteilen, weil ich nicht dabei war. Wenn diese Worte gefallen sind, dann ist das wirklich daneben.“ Sexismus gebe es in allen Parteien, auch an anderen Arbeitsplätzen und Branchen: „Der Übergang vom witzig gemeinten Spruch zur Verletzung kann fließend sein.“ Man müsse aber auch definieren, ab wann es sich um Sexismus handele. „Es gibt auch umgekehrt Sexismus gegenüber Männern, die dumme Sprüche ertragen müssen.“ Wo Grenzen überschritten würden, müsse das zum Thema gemacht werden. „Das ist für jemand, der auf Augenhöhe ist, leichter, als für eine junge Mitarbeiterin oder einen jungen Mitarbeiter, der noch in der Probezeit und unsicher ist. Wenn mir selbst jemand mit einem blöden Spruch kommt, weiß ich mich zu wehren. Aber wir Politikerinnen in Führungspositionen sind nicht der Maßstab.“ +++