Kanzleramt kann keinen Ausstiegspunkt definieren

Göring-Eckardt kritisiert Debatte um Kontakverbot-Ende als verfrüht

Kanzleramt

Das Bundeskanzleramt kann weiterhin keinen Ausstiegspunkt aus den Anti-Corona-Maßnahmen definieren. Die Reduktion der Infektionszahlen seien zwar der Maßstab, aber selbst wenn die Verdoppelungszeit von derzeit sechs auf bis zu 14 Tage ansteige, würden die Beschränkungen nicht vollständig aufgehoben werden, sagte Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) am Sonntagabend in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“.

Dann sei man erst soweit, dass man sichergehen könne, dass das Gesundheitswesen nicht überfordert werde. „Das ist das, was über allem steht“, sagte Braun. „Der essentiellste Maßstab ist wirklich, dass jeder, der bei uns so krank wird, dass er eine stationäre Behandlung braucht, die auch gut bekommt“, sagte der Kanzleramtsminister. Bilder wie aus Italien, Spanien oder neuerdings aus New York seien „wirklich herzzerreißend“, das wolle man in Deutschland „auf keinen Fall“. Auf die Frage, ob Risikogruppen wie Ältere oder Schwererkrankte sich auf eine längere Kontaktsperre als Jüngere einstellen müssen, wollte sich Braun nicht festlegen. „Wenn wir irgendwann über Lockerungen dieser Maßnahmen reden, dann müssen wir natürlich das nicht ersatzlos tun, sondern wir müssen uns überlegen: was haben wir dann noch an zusätzlichen Möglichkeiten, um im öffentlichen Raum auch Infektionen zu verhindern“, sagte der Kanzleramtsminister. Laut Abfrage bei den Landesministerien, Städten und Landkreisen waren bis Sonntagabend 61.182 Personen in Deutschland positiv auf das Coronavirus getestet. Das entspricht 74 Infizierten je 100.000 Einwohner. Über 1.100 Menschen liegen in Deutschland wegen Covid-19 auf einer Intensivstation. Mindestens 487 Menschen starben hierzulande an der Infektion.

Göring-Eckardt kritisiert Debatte um Kontakverbot-Ende als verfrüht

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat die Debatte um ein Ende der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus kritisiert. „Statt zu früh über eine Lockerung der Maßnahmen zu spekulieren und damit falsche Hoffnung zu wecken, würde ich mir von Teilen der Regierung eine verlässlichere Kommunikation wünschen“, sagte Göring-Eckardt der „Rheinischen Post“. Das sei unabdingbar für das nötige Vertrauen. „Wir brauchen Klarheit, Verlässlichkeit und eine Strategie für die Zeit danach, um die Bevölkerung auf dem schwierigen Weg durch die Krise mitzunehmen“, sagte sie. Die Bundeskanzlerin habe zu Recht zur Geduld aufgerufen, daran sollten sich auch alle Regierungsmitglieder halten. „Je konsequenter wir alle die nötigen Einschränkungen beherzigen, umso größer ist die Chance, dass die Zahl der Neuinfektionen abnimmt, was die Voraussetzung dafür ist, die Maßnahmen lockern zu können“, sagte Göring-Eckardt weiter. Das sei für alle auch eine Geduldsprobe. „Aber es geht eben darum, dass wir genügend Kapazitäten in den Krankenhäusern haben. Für die Lockerung der Maßnahmen brauchen wir dann zusätzlich ausreichend Tests, eine Stärkung der Gesundheitsämter und ausreichend Schutzkleidung.“ Die Grünen-Fraktionschefin sagte: „Wir müssen sowohl die Gesundheit der Menschen schützen als auch unsere Wirtschaft unterstützen und dann dort wieder in Gang bringen, wo jetzt vieles brachliegt.“ Das klappe nur, wenn man das Virus so schnell wie möglich unter Kontrolle bekomme, wenn man möglichst viel Wissen sammle. „Drei Punkte sind jetzt also vordringlich: Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass die Testkapazitäten massiv erhöht werden, dass die Schutzausrüstungen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen ankommen und dass die Gesundheitsämter überall personell verstärkt werden.“ +++