Justizminister Poseck besucht Beratungsstelle pro familia Fulda

Zur Übergabe eines Förderbescheids in Höhe von 20.000 Euro stattete Hessens Justizminister Professor Dr. Roman Poseck (CDU) der Beratungsstelle pro familia Fulda heute einen Besuch ab. Neben dem Mitarbeiterstab von pro familia war auch der hiesige Landtagsabgeordnete von Bündnis 90/DIE GRÜNEN, Markus Hofmann (Fulda West/Rhön), bei dem Termin vertreten. Anlass für die Förderung war insbesondere die im Jahr 2009 bei pro familia in Fulda eingerichtete Fachberatungsstelle für die Täterarbeit im Rahmen häuslicher Gewalt.

Poseck dankt dem Koalitionspartner und Abgeordneten Markus Hofmann (Bündnis 90/DIE GRÜNEN)

„Es ist schön, die Räumlichkeiten zu sehen, in denen auch die Beratungen stattfinden und man spürt die angenehme Atmosphäre“, so Hessens Justizminister Roman Poseck bei seinem Besuch der Beratungsstelle pro familia in Fulda. Der Minister, der vor seinem Amtsantritt im Hessischen Justizministerium Präsident am Oberlandesgericht in Frankfurt am Main war, hatte an die Mitarbeitenden der Fuldaer Beratungsstelle, viele fachliche Fragen. Nach einem fachkundigen Austausch überreichte der Justizminister an die Geschäftsführerin der pro familia Beratungsstelle Fulda, Eike Brähler, den Zuwendungsbescheid. Poseck wollte den Bescheid aber nicht überreichen, ohne auch dem heimischen Abgeordneten des Hessischen Landtags von Bündnis 90/DIE GRÜNEN, Markus Hofmann, seinen Dank auszusprechen, den er direkt und persönlich an Hofmann richtete. Hofmann befand das erbrachte Engagement als richtig und wichtig, im Wissen, dass „die Unterstützung an diesem Ort richtig angenommen werde“.

Geworben auf der Justizministerkonferenz: Die Fußfessel bei schweren Fällen häuslicher Gewalt

Justizminister Professor Dr. Roman Poseck (CDU) zu Besuch bei pro familia Beratungsstelle Fulda. Fotos: R. Brimberry

Vor seiner Abreise wollte Justizminister Poseck aber dann doch noch auf ein Thema, welches ihm besonders am Herzen liege, aufmerksam machen. Kürzlich plädierte Justizminister Poseck auf der Justizministerkonferenz für die Fußfessel bei besonders schwerer Form der häuslichen Gewalt. Nach dem Justizminister sei unter bestimmten Umständen erforderlich, zu kontrollieren, ob sich jemand an das angeordnete Annäherungsverbot auch hält. Eine angeordnete Fußfessel soll aber nicht in der Regel angeordnet werden, sondern besonders in den Fällen, bei denen die Gefahr besteht, dass sich Täterinnen oder Täter nicht an die Anordnung halten und weitere Gewalt zu befürchten ist. Dies stellt ein schwerwiegender Grundrechtseingriff dar, weiß auch der Justizminister. „Man muss natürlich schauen, dass dabei immer die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt“, so Poseck. Die Ankündigung vor wenigen Wochen hatte bereits für Wirbel in den Medien gesorgt. Doch Poseck geht es auf keinen Fall darum, willkürlich in den Grundrechten der Täterinnen und Täter einzugreifen, sondern diese vor sich selbst und die Opfer vor weiteren Gewalttaten zu schützen.

Reflektion und Hilfsangebote, um Gewalttaten nicht zu wiederholen

Zum Themenkomplex Reflektion und Hilfsangebote, um Gewalttaten nicht zu wiederholen, besuchte Justizminister Poseck kürzlich die Justizvollzugsanstalt Dieburg und erfuhr, dass sich dort Täter von häuslicher Gewalt in einer Art Selbsthilfegruppe zusammensetzen. Aus diesem Grund schätze er auch die Arbeit der pro famila Fulda in der Täterarbeit, da es auch ganz wichtig sei, dass die Täterinnen und Täter ihre eigenen Taten reflektieren und Hilfe bekommen, um zu lernen, die Grenzen von anderen Menschen zu achten. „Wir haben beispielsweise auch einige teilhabebedürftige Personen in der Beratung, die nie gelernt haben, wo Grenzen anderer Menschen sind oder dass es diese gibt, weil dies in der Erziehung tabuisiert wurde“, sagt Beraterin Ann-Kathrin Bohl. Poseck wollte wissen, wie die Beratungssituation in der Statistik aussieht – also ob mehr Frauen oder Männer zu Gewalttäterinnen oder -tätern werden oder ob die eher nur durch eine gerichtliche Auflage kommen oder sich auch selbst melden. Eike Brähler, die Geschäftsführerin von pro famila Fulda, sagte dazu, dass im letzten Jahr von circa 90 Beratungsfällen etwa zwei Frauen Täterinnen waren, davon wurde eine durch das Jugendamt geschickt und die andere nahm von allein Kontakt zur Beratungsstelle auf. Dies sei bei den 88 männlichen Tätern ähnlich. Doch der Kontakt zur Beratungsstelle komme nicht nur allein durch eine bewusste Kontaktaufnahme wegen einer Tat zustande, sondern auch bei der Inanspruchnahme anderer Beratungsangebote, wie beispielsweise in der Beziehungs- oder Sexualberatung, wo dann nebenbei herauskomme, dass Gewalt in der Beziehung eine Rolle spiele. Von der Reichweite der pro familia Fulda gäbe es Anfragen aus dem Grenzgebiet in Bayern, bis hoch nach Bad Hersfeld oder in den Vogelsberg hinein. Der Bedarf ist groß, weshalb man für jede finanzielle Unterstützung dankbar ist, so Brähler. Justizminister Poseck fragte, ob auch von Geldauflagen aus den Strafverfahren bei pro familia etwas ankomme. Es komme ein geringer Teil an, der aber auf keinen Fall ausreiche, um die Finanzierung zu decken.

Insgesamt stehen derzeit 350.000 Euro im Landesetat für die Förderung der Täterarbeit zur Verfügung

„Bei Gewalt im häuslichen Bereich handelt es sich um keine Privatangelegenheit, sondern um ernst zu nehmende Straftaten. Dennoch ist sie leider weiterhin verbreitet. Die Opfer zu schützen, Täter in Verantwortung zu nehmen und ihnen zugleich Wege aus der Gewaltspirale aufzuzeigen, ist daher vordringliche Aufgabe von Staat und Gesellschaft. Noch immer sind die Zahlen der Opfer von häuslicher Gewalt mit über 143.000 erschreckend hoch. Die Zahl der erfassten Fälle von partnerschaftlicher Gewalt ist in den vergangenen fünf Jahren um 3,4 Prozent gestiegen. Daher ist es unsere Aufgabe, hier zu handeln“, sagte der Justizminister heute in Fulda.

Strukturen zum Schutz der Opfer

Die hessische Landesregierung hat mit dem 3. Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt im häuslichen Bereich wichtige Strukturen zum Schutz der Opfer, zu denen weit überwiegend Frauen und Mädchen sowie die immer auch mit betroffenen Kinder zählen, zur ebenso wichtigen Arbeit mit den Tätern und zum vernetzten Vorgehen aller Beteiligten ausgebaut. Auch das hessische Justizministerium hat die projektbezogene Förderung der Täterarbeit in den letzten Jahren kontinuierlich erweitert. Nachdem im Doppelhaushalt 2013/2014 erstmals ein Mehrbedarf für die Förderung der Täterarbeit umgesetzt wurde, konnte dieser Trend mit einer weiteren Erhöhung der Zuwendungsmittel im Doppelhaushalt 2017/2018 fortgesetzt werden. Nunmehr wird dem Ausbau der Täterarbeit mit einer erneuten Erhöhung der Fördermittel um 100.000 Euro im Doppelhaushalt 2023/2024 wiederrum Rechnung getragen. Damit belaufen sich die in diesem Bereich zugewendeten Mittel auf jährlich 350.000 Euro. Die Beratungsstelle pro familia Fulda erhält für die Durchführung des Projekts ‚Beratungsangebot für Täter im Bereich häuslicher, partnerschaftlicher und familiärer Gewalt im Bezirk Fulda‘ eine Zuwendung in Höhe von 20.000 Euro“, führte Justizminister Roman Poseck während seines Besuches bei der Beratungsstelle pro familia Fulda aus. +++ rb/ja


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