Jubel und Trubel in der Tanner Stadtkirche

Tanns Kantor Thomas Nüdling führte Kirchenchor und Rathgeberensemble

Tanns Kantor Thomas Nüdling

„Jubel und Trubel“, das reimt sich nicht nur, sondern gibt auch das wieder, was beim Pfingstkonzert des Kirchenchores Tann Inhalt und Rahmen bildete: Unter dem Titel „Klage und Jubel“ wartete ein vielfältiges Programm aus Klassik, Romantik und Moderne auf die unzähligen Zuhörer, die am Sonntagabend in die Stadtkirche geströmt kamen. Unterstützt wurde der Kirchenchor vom Rathgebersensemble Fulda (unter der Leitung von Regionalkantor Ulrich Moormann) und Anna Ziert (Sopran).

Das Programm war entsprechend dem Konzerttitel sehr vielfältig. Franz Schuberts „Ouvertüre in c-Moll“ ließ diese Ambivalenz und Mannigfaltigkeit bereits von Anfang an erkennen: Moormann arbeitete aus dem Werk sentimentale Tiefe und aufkeimende Freude in formalen und melodisch-harmonischen Zusammenhängen bestens heraus. In Mozarts „Maurerischer Trauermusik“ KV 477 bestach das Rathgeberensemble durch Transparenz im kontrapunktischen Geflecht, aus dem sich die melodische Struktur des Cantus firmus‘ plastisch herausschälte.

Tanns Kantor Thomas Nüdling führte Kirchenchor und Rathgeberensemble zu einer beeindruckenden Symbiose zusammen. In Felix Mendelssohns Hymne „Hör mein Bitten“ für Sopran, Chor und Orchester brachte der über feinsinnige und vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten verfügende Klangkörper in zahllosen Details der Ton- und Farbgebung sowie durch intensiv gesetzte Agogik und Dynamik das groß angelegte Werk hervorragend zu Gehör. Sopranistin Anna Ziert glänzte mit ihrer natürlich-graziösen Stimme in der Solopartie. Makellose Höhe und gefühlvolle Melodieführung waren besondere Kennzeichen ihrer Interpretation.

Auch in diesem Jahr stand die Wiederaufführung einer Kantate Johann Michael Bachs (1745-1820), dem „Tanner Bach“, auf dem Programm: „Ich habe dich ein klein Augenblick verlassen“ wurde nach über 220 Jahren aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt. Der eröffnende Chorsatz beruht auf dem Reichtum der Begrifflichkeiten zwischen Angst und Zuversicht, basierend aus Versen aus dem Buch des Propheten Jesaja (Kapitel 54, Verse 7, 8 und 10). Der Kirchenchor legte sein besonderes Augenmerk auf differenziert herausgearbeitete Textgestaltung und dramatische Akzentschärfung, um den faszinierenden Nuancenreichtum der Affektsprache überzeugend herauszuarbeiten. In geradezu seligem Tempo und sanftmütigem Duktus floss der Frieden durch die Arie „Friede, holder Seelenfriede“. Die perlenden Koloraturen und virtuosen Kadenzen lagen bei Anna Ziert in bewährten Händen und in glücklicher Stimme.

Ziel- und Höhepunkt des Abends war das „Jubilate Deo“ (Psalm 100) von Thomas Nüdling. Der Komponist stand der Uraufführung seines Werkes selbst voran. Optimal nutzte er dabei die Qualitäten seiner Ausführenden: Schmetternde Fanfaren wechselten sich mit lyrischen sowie rhythmisch-perkussiven Teilen stets ab. Das damit ohnehin schon lebendig angelegte Werk fand durch seine intensive und zugleich feinsinnige Interpretation sofort seinen Platz in den Herzen der Zuhörer. So folgten auf das „Jubilate Deo“ nicht nur frenetische Jubelrufe und Applaus, sondern auch minutenlange Standing Ovations. Das forderte die Ausführenden zu zwei Zugaben heraus. Im Anschluss lud die Kirchengemeinde zu einem Sektempfang vor die Stadtkirche ein, wo der Abend bei schönem Wetter noch lange nachhallte. +++ pm